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Bald mehr im Portemonaie?

Ende gut, alles gut? Nach monatelangem Hin und Her hat der Bundesrat die BAföG-Erhöhung und die Anhebung der Elternfreibeträge beschlossen. Doch schon jetzt gibt es Streit um die Finanzierung.

Von Anja Günther |
    Für viele Studenten ist es sicher eine gute Nachricht. Zwei Prozent mehr BAföG gibt es rückwirkend zum 1. Oktober, der maximale Satz erhöht sich damit auf 670 Euro monatlich. Dazu steigen die Elternfreibeträge um drei Prozent auf gut 1600 Euro. Und: BAföG können künftig auch 35fährige noch bekommen; die Altersgrenze wird entsprechend angehoben.

    Bundesbildungsministerin Annette Schavan sprach im Bundesrat von einem wichtigen Signal für die Studierenden:

    "Bund und Länder – trotz schwieriger Lage der öffentlichen Haushalte – sind verlässliche Partner für die Studierenden und für die Hochschulen."

    Die Länder ein verlässlicher Partner? Ja – aber sicher kein zufriedener.

    Schließlich müssen die Länder-Finanzminister für die Ausbildungsförderung von Schülern und Studenten pro Jahr etwa 170 Millionen Euro auf den Tisch legen. Dass nach monatelangem Hin und Her die BAföG-Erhöhung jetzt aber doch noch kommt und vermutlich weitere 60.000 junge Menschen davon profitieren, findet Rolf Dobischat, Präsident des Deutschen Studentenwerkes, natürlich gut:

    "Ich freue mich über jeden neuen BAföG-Empfänger, der aus einkommensschwachen Schichten kommt, und das ist auch ein Weg in die richtige Richtung."

    Man kann den Länder-Ministern nicht vorwerfen, dass sie die BAföG-Erhöhung nicht wollten. Sie wollten aber, dass der Bund deutlich mehr als 65 Prozent der Kosten übernimmt. Weil sich Schavan dagegen sperrte, musste der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat eine Lösung finden. Ein unwürdiges Gezerre sei das gewesen, meinte Thüringens Wissenschaftsminister Christoph Matschie, SPD:

    "Eins muss uns nachdenklich machen: dass wir immer wieder Auseinandersetzung zwischen den Bundesländern und dem Bund um die Finanzierungsfragen haben. Und deshalb muss es einen neuen Bildungsgipfel geben, dann muss es eine Verständigung zwischen Bund und Ländern über die Bildungsfinanzierung geben."

    Schavan reagierte im Bundesrat auf diese Forderung nicht. Vermutlich, weil sie den Ländern aus ihrer Sicht schon sehr weit entgegen gekommen ist. Zwar bleibt es dabei, dass der Bund 65 Prozent der BAföG-Kosten trägt und die Länder 35 Prozent. Zusätzlich fördert das Bundesbildungsministerium vom kommenden Jahr an aber verstärkt Forschungsprojekte an den Hochschulen – zunächst mit weiteren 60 Millionen pro Jahr, später mit 130 Millionen Euro. Begeisterung aber klingt anders – Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft:

    "Naja, für die Studierenden ist es gut, dass es eine BAföG-Erhöhung geben wird. Aber es wird Sie nicht wundern, dass wir mit der Kompensation, dieser Scheinkompensation, die Frau Schavan angeboten hat, nicht zufrieden sind."

    Schließlich will Deutschland Bildungsrepublik sein. Und bis 2015 zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung und Forschung ausgeben. Die Länder aber klagen, dass sie überhaupt nicht wissen, wie dieses Zehn-Prozent-Ziel erreicht werden soll, wenn sie der Bund bei der Bildungsfinanzierung nicht stärker unterstützt. Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen:

    "Ich persönlich meine auch, dass wir weiter daran arbeiten sollten, auch dem Bund Möglichkeiten zu verschaffen, in Bildungsfragen hilfreich zu sein."
    Bund und Länder hatten sich 2006 im Zuge der Föderalismusreform selbst ein Ei ins Nest gelegt und ein Kooperationsverbot im Bildungsbereich beschlossen. Der Bund darf sich nur in Sonderfällen wie beispielsweise dem Hochschulpakt oder dem Ganztagsschulprogramm in Länder-Angelegenheiten einmischen. Längst ist das Kooperationsverbot umstritten. Um es aufzuheben, müsste allerdings Artikel 91b im Grundgesetz geändert werden. Erst im Juni aber war ein entsprechender Antrag der Opposition im Bundestag abgelehnt worden – mit der Stimmen-Mehrheit von Union und FDP.