Archiv


Bananen mit Siegel

Seit gut einem Jahr schmückt ein Zertifikat der Rainforest Alliance die Chiquita-Bananen in Europa. Es soll symbolisieren, dass Chiquita sich einem umweltschonenden und sozialverträglichen Anbau verpflichtet sieht. Doch vor Ort auf den Plantagen ist die Lage trotz einiger Fortschritte immer noch verbesserungswürdig.

Von Jörn Breiholz |
    Die Bananen-Finca Modelo auf der Karibikseite Costa Ricas: 150 Chiquita-Mitarbeiter bauen hier auf 280 Hektar Bananen an, in Monokultur. Bananenarbeiter Fredo Gonzales Cruz, 29 Jahre alt, trägt trotz der tropischen Hitze lange Kleidung, Handschuhe und Atemmaske - als Schutz vor den Agrochemikalien, mit denen er hantieren muss, wie er sagt. Das war nicht immer so.

    "Bei der letzten Firma, einer kleinen Finca, auf der ich gearbeitet habe, hat man mir keine Maske gegeben. Da habe ich ohne Schutzkleidung gearbeitet, sechs Monate lang."

    Das feuchte Klima, die Hitze sind ideale Bedingungen für Schädlinge, sagt der Biologe Friedhelm Gaul, der die Schädlingsbekämpfung bei Chiquita in Lateinamerika leitet.

    "Wenn Sie sich vorstellen, dass hier 27 Grad Jahresmitteltemperatur sind und dass hier bis zu 5500 Millimeter Regen fallen, dann können Sie sich vorstellen, dass es unter feucht-warmen Bedingungen sehr günstig ist für Pilze und Insektenentwicklung. Und dementsprechend treten solche Schädlinge auf."


    Bananenanbau in den Tropen, zumal wie hier in Monokulturen, ist fast nie Ökoanbau: Fungizide, Insektizide, Nematizide und Herbizide werden aufgetragen. Deswegen und wegen schlechter Arbeitsbedingungen wie beispielsweise fehlender Schutzkleidung steht der Bananenanbau seit Jahrzehnten in der Kritik von Umweltschützern und NGOs. In den 90ern hatten tausende Bananenarbeiter gegen Chemie- und Bananenfirmen geklagt, weil das Pestizid Nemagon Knochenkrebs, Atembeschwerden und Herzkrankheiten ausgelöst hatte. Chiquita, der größte Bananenimporteur in Europa, versucht nun mit der US-amerikanischen Nichtregierungsorganisation Rainforest Alliance einen neuen Weg zu gehen. Die Rainforest Alliance hat ökologische und soziale Standards aufgestellt, die sie dann auf den Chiquita-Framen selbst überprüft. Für Umweltschutzorganisationen in Deutschland wie Greenpeace oder das Pestizid Aktionsnetzwerk ist diese Doppelfunktion aus Definition und gleichzeitiger Kontrolle der Standards problematisch. Auch gebe es eine zu große Nähe zwischen Chiquita und der Rainforest Alliance. Manuel Rodriguez, in der Unternehmensspitze des Bananenmultis in Cincinnati zuständig für verantwortungsbewusstes und nachhaltiges Handeln im Unternehmen, sieht hingegen erhebliche Fortschritte.

    "Wir haben den Einsatz von Plastik und Pestiziden auf unseren Farmen reduziert. Das ist ein Ergebnis des Programms. Und wir sind ständig auf der Suche nach Verbesserungen. Ja, es gibt einen Weg Bananen auf eine nachhaltige Art zu produzieren."

    Seit gut einem Jahr schmückt ein Frosch auf dem Zertifikat der Rainforest Alliance die Chiquita-Bananen in Europa. Er soll symbolisieren, dass Chiquita den Wandel hinter sich habe: vom Regenwaldvernichter zum nachhaltigen, ressourcenschonenden Bananenunternehmen. Über eine Million Bäume habe man auf den Farmen in den vergangenen Jahren neu gepflanzt, sagt die Unternehmensspitze. Man reduziere den Pestizideinsatz, trainiere Management und Arbeitnehmer und lasse sich von der Rainforest Alliance regelmäßig kontrollieren. Trotzdem klagen auch jetzt noch Arbeiter über Lebens- und Arbeitsbedingungen, wie der junge Familienvater und Bananenarbeiter Julio Ramos Martin im Ort Roble über die Pestizideinsätze per Flugzeug aus der Luft.

    "Heute um 6.20 Uhr sind ein Flugzeug und ein Hubschrauber vorbeigeflogen. Alle Bewohner des Dorfes haben sich in ihren Häusern verschanzt. Es wehte ein starker Wind von der Bananenplantage direkt auf das Dorf zu, so dass die Besprühungen direkt über unseren Häusern niedergegangen sind."

    Was die heute verwendeten Pestizide bewirken, ist schwer einzuschätzen. Toxikologen in Costa Rica verweisen auf mögliche Langzeitwirkungen wie Krebs und erhebliche Schwächungen des Immunsystems. Neben den Pestizideinsätzen beschweren sich Gewerkschaftsmitglieder, sie würden auch wegen ihrer Mitgliedschaft in der Bananengewerkschaft Cosiba drangsaliert. Das sind Vorwürfe, die gegen die Regeln der Rainforest Alliance verstoßen. Nicht alles sei immer perfekt, sagt George Jaksch, in Europa zuständig für Nachhaltigkeit bei Chiquita

    ""Ich muss zunächst einmal sagen, dass wir auch innerhalb des Unternehmens uns sehr bewusst sind, dass wir keineswegs irgendeine glorreiche Idealsituation erreicht haben. Aber ich denke, eine sorgfältige Untersuchung von dem, was wir tun und nicht tun, kann nur ein Ergebnis haben, dass wir uns sehr engagiert haben, weitaus mehr als viele andere Unternehmen."

    Den Vorwürfen, Teile des Dorfes Roble seien trotz des Einsatzes moderner GPS-Systeme mit Pestiziden besprüht worden, will Chiquita jetzt nachgehen.