"Genau der richtige Zeitpunkt! Zurück an den Strand. Mit uns wird es immer noch heiß". So begrüßt die Band Jungle auf ihrem Debüt ihre Hörer. Entstanden sind diese Worte aber nicht an irgendeiner sonnigen Küste, sondern im Herzen von London: Der pulsierende Stadtteil Shepherd´s Bush ist die Heimat von Josh Lloyd-Watson, kurz "J", und Tom McFarland, kurz "T" genannt.
"Ich bin damals neben T eingezogen. Er hat in Shepherd´s Bush am anderen Ende der Straße gelebt. Wie es ein neugieriger Zehnjähriger eben so macht, kletterte ich instinktiv über die Mauer. Dann bin ich runter gesprungen. Er hat zusammen mit ein paar Freunden Pokémon gespielt. Ich fragte ihn: "Na, was geht?" Er war ganz cool und hat mir eine ins Gesicht gehauen [lacht]. Daraufhin bin ich dann nach Hause gegangen und am nächsten Tag wieder gekommen. Und so fing dann Jungle an."
Musik entsteht aus purer Freundschaft
Die Geschichte klingt fast schon ein wenig zu perfekt, um wahr zu sein: Zwei Jungs lernen sich etwas ruppig kennen, eine Freundschaft entsteht, das gemeinsame Interesse für die Musik verbindet sie und am Ende wird aus ihnen eine erfolgreiche Band. Doch bei Jungle ist dies tatsächlich passiert, und diese Freundschaft ist essenziell für die Stücke der Mitte 20Jährigen. Zusammen mit anderen Musikern, Fotografen, Grafikern und Tänzern bilden die beiden Londoner ein zehnköpfiges Kollektiv, das T sehr schätzt.
"Wir sind alle sehr soziale Menschen. Das funktioniert, weil wir so gute Freunde sind. Die Musik entsteht aus einer puren Freundschaft heraus. Dieses Gefühl breitet sich in der Musik, der Kunst und den Videos aus. Und wenn uns das dann mit einer größeren Szene verbindet, ist das doch großartig, oder? Man schreibt ja auch Musik, um mit jemandem ein Gespräch zu führen."
Die Geborgenheit innerhalb der Band überträgt sich schnell auf die Hörer. Es ist erstaunlich, mit welcher Lässigkeit die Stücke durch das Album schwirren. Dadurch entsteht das Gefühl, durch eine warme und lebendige Sommernacht zu flanieren. In ihren Videos zeigt Jungle aber eine andere Ästhetik: Menschen unterschieldichen Alters tanzen in Choreografien zu ihrer Musik, in einem Video sogar auf Rollerskates. Um es in ihrer Sprache zu sagen: Das ist äußerst cool und erinnert stark an die Hip-Hop-Kultur der späten 70er, frühen 80er Jahre in der New Yorker Bronx. Auch musikalisch sind Jungle in der Zeit beheimatet.
"Wir haben uns zum Beispiel "Boogie Nights" angeschaut und dann gesagt: "Ich will so gerne den Song schreiben, zu dem alle in dieser Szene im Club tanzen." Das bringt einen dazu, das Instrument anders zu spielen und den Gesang anders aufzunehmen. Es ist aber nicht unbedingt so, dass wir Filmmusik schreiben wollen. Unsere Musik soll bei den Leuten ein inneres Bild erzeugen."
Musik mit besonderer Wärme
Und das gelingt außerordentlich gut. Die Band transportiert die Discomusik ins Hier und Jetzt, ohne dabei ein Abklatsch zu sein. Das heißt: Die Songs übernehmen Stilelemente aus der damaligen Zeit und vermischen sie mit modernen elektronischen Instrumenten. Auch wichtig dabei: Der Soul, den die drei Background-Sängerinnen versprühen. Er verleiht den Stücken eine besondere Wärme.
"Soul ist für uns keine spezielle Art von Musik. Bei der Beschreibung Soul geht es um Musik, die vom Herzen kommt. Daft Punk haben Soul, weil man das heraushören kann. Es geht um dieses Gefühl. Soul bedeutet Emotionen in der Musik. Das ist unglaublich wichtig. Gute Musik hat Soul, ob das nun Heavy Metal oder auch Hip Hop ist."
Jungle sind mit ihrer Musik derzeit in guter Gesellschaft. Der Erfolg von Pharell Williams' "Happy" oder Daft Punks "Get Lucky" zeigt: Die Hörer sehnen sich nach Songs, die sie mit groovenden Beats aus dem Alltag katapultieren.
"Jeder kennt doch das Gefühl, an einem Tag nicht wirklich viel zu tun zu haben. Dann geht man vielleicht in einen Park, atmet tief durch und macht sich keine Sorgen über das Bezahlen der Rechnungen oder wie die Kinder zur Schule kommen. Man sorgt sich nur, diesen Moment voll genießen zu können. Das ist doch das Wichtigste, und dann macht man den Song "The Heat" an. Plötzlich denkt man: "Ich könnte jetzt in Miami sein, aber wo genau ist das überhaupt?" Es ist nicht unbedingt Miami, sondern irgendwo anders."
Dieser Ort nennt sich "Jungle". Dort wird getanzt und geschwitzt. Und es ist verdammt heiß ...
"Es geht darum, Emotionen in dieser eskapistischen Umgebung von der realen Welt zu trennen. Deshalb bekommt man bei uns diese Mischung aus London und Rio de Janeiro. Diese beiden Orte wollen wir vermischen. Dorthin flüchten wir."