Im Ausstellungsraum in der Universität der Künste Berlin hängen mit Indigo gefärbte T-Shirts aus wiederverwerteten Stoffresten von der Decke. In einer anderen Ecke sind Kinderkleider ausgestellt, die in Bangladesch nach traditionellen Handwerksmethoden hergestellt wurden. Die handwerkliche Vielfalt dort hat auch Natascha von Hirschhausen inspiriert. Sie hat an der Weißensee Kunsthochschule Berlin studiert. Gemeinsam mit fünf anderen Berliner Modedesignern konnte sie zwei Wochen lang ein Land der Extreme erleben. Von der Indigofärberei bei einem Fair Trade Label bis hin zu traditionellen Web- und Färbetechniken auf dem Land.
"Und da haben wir ganz schlimme Sachen gesehen, von Kinderarbeit zu ungefiltertem Dreckwasser. Der Färber hatte ganz ausgebleichte Hände und einen ausgebleichten Mund, weil er mit den Händen isst. Für uns war das sehr schlimm, das zu sehen, und die Menschen waren gleichzeitig stolz darauf, uns das zeigen zu können. Das war eine schwierige Situation. Wir haben dann versucht, das mit anzumerken, während wir gleichzeitig gesagt haben, wie toll die Handarbeit da ist, die ist ja wirklich außergewöhnlich."
Gerade die vielen Gegensätze von außerordentlicher Handwerkskunst und Massenproduktion für den Weltmarkt, von besonderer Gastfreundschaft und bitterer Armut haben die 24-jährige beeindruckt. Ihre Kollektion besteht aus hauchdünnen blau- und apricotfarbenen Gewändern, hergestellt mit einer besonderen Schnitttechnik. So fallen bei der Produktion von Natascha Hirschhausens Modellen kaum Schnittabfälle an. Zero Waste, Null Abfall heißt das Gebot der Stunde.
"Ich habe ja in Bangladesch gesehen wie viel Textilabfälle in der Produktion anfallen und da habe ich gedacht, es wäre toll, wenn man die gleich in der Produktion vermeidet und Schnitte so anlegt, dass gar kein Müll entsteht. Dem habe ich mich dann auch gewidmet, habe eine Kollektion entwickelt, die westliche Bekleidungsformen zulässt, so wie T-Shirts oder Blazer, aber gleichzeitig Zero Waste ist."
Textilienexport im Wert von 14 Milliarden Euro pro Jahr
Bangladesch gilt als der weltweit zweitgrößte Exporteur von Kleidung. Sozial- und Umweltstandards in der Industrie, nachhaltige Produktion und Öko-Labels sind noch lange nicht Durchschnitt. Dabei exportiert die Bekleidungsindustrie jährlich Textilien im Wert von mindestens 14 Milliarden Euro und ist eine der größten Einnahmequellen des Landes. In fast 6000 Textilfabriken arbeiten über vier Millionen Menschen. Nicht in den Großbetrieben mit tausenden Mitarbeitern, sondern in den kleinen Nähstuben entsprächen die Arbeitsbedingungen oft dem gängigen Klischee, erklärt Judith Mirschberger vom Goethe Institut Dhaka. Sie hat das Projekt "Local- International" mit initiiert.
"Wenn man in Alt-Dhaka unterwegs ist, dann sieht man viele Hinterhofstuben wo dann Regenschirme gefertigt werden, wo dann Flip-Flops hergestellt werden und dergleichen. Da glaube ich, hat niemand wirkliche Zahlen, die sitzen am Ende einer Kette. Wenn eine große Vorzeigefabrik unter besonderem Druck steht, dann lagern die das aus und dieses Auslagern an Subunternehmer, das ist das Fatale."
Fairtrade Kindermode
Modedesigner aus Berlin und Dhaka haben sich im jeweils anderen Land umgesehen und Anregungen gesammelt. In der Hauptstadt hat sich hat sich die Modedesignerin Nawshin Khair aus Dhaka vor allem für die Öko-Labels der Berliner Design-Szene interessiert. Sie arbeitet in Bangladesch für einen Fairtrade Betrieb, der Kindermode herstellt.
"Ich muss verstehen, was Nachhaltigkeit eigentlich bedeutet, wie man daran arbeiten kann, um die Möglichkeiten der Firma voll auszuschöpfen."
Langfristig sollen Netzwerke ausgebaut werden. Ende des Jahres wird das Projekt mit Studierenden weitergeführt. Seit ihrem Besuch in Bangladesch weiß die junge Modedesignerin Natascha von Hirschhausen genau, was sie will.
"Also ich bin da mit einer ganz neuen Kraft rausgekommen und habe gesagt, dass man an nachhaltiger Mode eben wirklich arbeiten muss und an ethischer Mode."
Außerdem will sie ein eigenes Label gründen.