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Bankgeheimnis endet 2016
Was Steuersünder tun sollten

Ab Januar 2016 tritt weltweit der automatische Informationsaustausch für Steuerdaten in Kraft. Mit diesem Abkommen sei es bald nicht mehr möglich, sich hinter der anonymen Abgeltungssteuer zu verstecken, sagte Reinhard Kilmer, pensionierter Steuerfahnder und aktiver Steuerberater, im DLF. "Es kommen insbesondere die Länder dazu, die bisher immer ein sicherer Hort für Steuerhinterzieher waren."

Reinhard Kilmer im Gespräch mit Jule Reimer |
    Dienstmarke eines Steuerfahnders auf einer Akte des Finanzamts
    Reinhard Kilmer: "Mittlerweile haben über 100 Länder diesen neuen Standard unterzeichnet und damit kann man sagen, dass mehr oder weniger das Bankgeheimnis für Auslandskunden weggefallen ist." (dpa / picture-alliance / Uli Deck)
    Jule Reimer: Die eigene Steuerpflicht möglichst niedrig zu halten, ist manchem eine sportliche Herausforderung. Steuern zu hinterziehen wiederum ist eindeutig illegal. Bis zur weltweiten Finanzkrise 2008 wurde Steuerhinterziehung nicht nur in Deutschland als Kavaliersdelikt betrachtet. Doch der Wind hat sich gedreht und das schlägt sich in Gesetzen und internationalen Abkommen nieder. Ab Januar 2016 tritt weltweit der automatische Informationsaustausch für Steuerdaten in Kraft.Reinhard Kilmer war bis zu seiner Pensionierung Steuerfahnder, arbeitet jetzt als Steuerberater und er engagiert sich prominent bei der Gewerkschaft Verdi für Steuergerechtigkeit. Vor dieser Sendung fragte ich ihn, was sich künftig ändert.
    Reinhard Kilmer: Wir erleben zurzeit eine Umbruchphase von der EU-Zinsrichtlinie hin zur OECD-Transparenzrichtlinie. Bei der EU-Zinsrichtlinie konnten einige Länder immer wählen, ob sie die anonyme Abgeltungssteuer ziehen, oder aber die Informationen austauschen. Vorher war es zumindest für einen kleinen Personenkreis noch möglich, sich hinter der anonymen Abgeltungssteuer zu verstecken. Das wird nicht mehr möglich sein. Und zum anderen werden jetzt auch Personen erfasst, die von der alten Richtlinie nicht erfasst wurden, nämlich Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften. Die Abgeltungssteuer wurde stufenweise erhöht bis auf 35 Prozent. Das war der letzte Stand. Der hatte schon ein bisschen einen Strafcharakter, weil ja zum Beispiel in Deutschland die Zinsabschlagsteuer nur 25 Prozent beträgt. Aber wie gesagt, diese Möglichkeit des anonymen Steuerzahlens, das gibt es nicht mehr, sondern wenn die OECD-Zinsrichtlinie in Kraft tritt, dann werden alle Informationen ausgetauscht. Das ist ein weltweiter Informationsaustausch und es haben sich auch viel mehr Länder an diesem Abkommen beteiligt als bei der EU-Zinsrichtlinie. Mittlerweile haben über 100 Länder diesen neuen Standard unterzeichnet und damit kann man sagen, dass mehr oder weniger das Bankgeheimnis für Auslandskunden weggefallen ist.
    Auch bekannte Steueroasen beteiligen sich am Abkommen
    Reimer: Das heißt, neu hinzu kommen ab 2016 ausdrücklich auch Luxemburg und Österreich?
    Kilmer: Es kommen insbesondere die Länder dazu, die bisher immer ein sicherer Hort für Steuerhinterzieher waren, nicht nur die Schweiz und Liechtenstein, Österreich, sondern auch Singapur, Cayman Islands, British Virgin Islands. Diese ganzen bekannten Steueroasen haben dieses Abkommen mit unterzeichnet und dadurch bekommt es natürlich eine völlig neue Qualität.
    Reimer: Muss ich denn dann 2016 schon damit rechnen, falls ich dort Geld angelegt habe, Erträge erwirtschaftet habe, dass mein Heimatfinanzamt dann 2016 schon Informationen über meine Erträge bekommt, die ich vielleicht nicht angegeben habe?
    Kilmer: Im Kalenderjahr 2016 gilt zwar das neue Abkommen schon, aber es werden noch keine Informationen ausgetauscht. Das Kalenderjahr 2016 steht praktisch im Zeichen des Daten Sammelns. Da werden erst die Daten erhoben, die dann ab 2017 ausgetauscht werden. Das heißt, für 2016 gilt im Prinzip noch die alte EU-Zinsrichtlinie.
    Reimer: Wenn ich jetzt tatsächlich dort Erträge erwirtschaftet habe, die maximal von der Abgeltungssteuer erfasst worden sind, für die ich aber vielleicht eigentlich höhere Steuern hätte zahlen müssen, wenn man meine Gesamterträge betrachtet hätte, wie sieht dann der Weg in die Steuerehrlichkeit aus?
    Kilmer: Der Weg in die Steuerehrlichkeit führt nur über die Selbstanzeige, die strafbefreiende Selbstanzeige, die ja nach wie vor noch Gültigkeit hat. Die Regularien für diese strafbefreiende Selbstanzeige haben sich zwar etwas verschärft. Es ist im Ergebnis etwas teurer geworden. Aber sie ist immer noch möglich. Das heißt, wer zurückfinden möchte in die Steuerehrlichkeit, dem bleibt nur dieser Weg, zum Finanzamt zu gehen und seine steuerlichen Dinge dann in Ordnung zu bringen.
    Reimer: Und wenn ich jetzt das Gefühl habe, na ja, ich habe dort Erträge gehabt, aber wahrscheinlich wäre das gar nicht steuerlich relevant gewesen, aber ich möchte jetzt reinen Tisch machen, sollte ich dann zügig die Steuererklärung, die ich 2016 mache, mit den Auslandserträgen aus 2015 versehen?
    Kilmer: Zunächst einmal: Wenn man sich unsicher ist, sollte man sich beraten lassen. Da gibt es ja genug Möglichkeiten. Und wenn man dann Gewissheit hat über seine Steuererklärungspflicht, dann sollte man das natürlich tunlichst schnell nachholen. Denn nach wie vor ermittelt die Steuerfahndung in diesem Bereich. Das heißt, es werden immer noch gekaufte Daten ausgewertet von ausländischen Institutionen, Banken, Versicherungen, sodass man auch hier immer mit einer Tatentdeckung rechnen muss. Insofern bleibt nur der Weg, möglichst schnell und zügig eine Selbstanzeige abzugeben, und dabei muss man sich dann mit dem Thema beschäftigen: Welche nicht erklärten Erträge wurden in den letzten zehn Jahren erzielt? Denn das ist der Zeitraum, der im Rahmen der Verjährung zu prüfen ist.
    Reimer: Aber sowie ich Erträge habe, muss ich sie angegeben haben?
    Kilmer: So ist das. Wenn es Erträge sind, die unter eine der sieben Einkunftsarten fallen, die das Einkommenssteuergesetz kennt, dann bin ich gesetzesmäßig verpflichtet, diese Erträge anzugeben.
    Reimer: Es gibt ja den einen oder anderen, der vielleicht von seinen Eltern was erbt, wovon er gar nichts wusste, Auslandsvermögen, unversteuertes Auslandsvermögen, vielleicht auch eine Immobilie, die möglicherweise auch Erträge abgeworfen hat in der einen oder anderen Form. Was machen denn solche Betroffene?
    Kilmer: Wenn im Erbfall festgestellt wird, dass sich im Ausland Vermögen befindet und die Erträge aus diesem Vermögen nicht versteuert worden sind vom Erblasser, dann hat der Erbe diese Pflicht nachzuholen. Tut er das nicht, dann begeht er eine eigene Steuerhinterziehung. Das gleiche gilt für die Erbschaftssteuer. Wenn es sich um Vermögen oder Vermögensgegenstände handelt, die der Erbschaftssteuer unterliegen, ist auch das erklärungspflichtig und auch dann, wenn das Vermögen oder das Grundstück im Ausland liegt.
    Reimer: Wenn ich aber die Erbschaftssteuer im Ausland brav bezahlt habe, was passiert dann?
    Kilmer: Das ist im Zweifelsfall zu prüfen. Es gibt nur sechs Doppelbesteuerungsabkommen, die sich mit dem Thema Erbschaftssteuer beschäftigen. Ansonsten gilt die alte Regel: Die Erbschaft ist auch in Deutschland steuerpflichtig, kann aber möglicherweise unter der Prämisse gesehen werden, dass die im Ausland schon gezahlte Steuer angerechnet wird, damit es nicht zu einer Doppelbesteuerung kommt.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.