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Barclays Bank
Tausende Stellen fallen weg

Die Ära dreister Boni, wilder Spekulationen und aggressiven Investments scheint endgültig vorbei: Die britische Großbank Barclays will in den kommenden drei Jahren 19.000 Stellen einsparen. Betroffen ist vor allem die angeschlagene Investmentsparte.

Von Jochen Spengler |
    Ein Fußgänger geht im Regen an einer Filiale der Barclays Bank in London vorbei.
    Die britische Barclays Bank baut vor allem bei Investmentbankern Stellen ab (picture alliance / dpa / Andy Rain)
    Der berühmt-berüchtigte Bob Diamond hat zwar schon vor zwei Jahren, nachdem der Libor-Zinsmanipulationsskandal aufgeflogen war, Großbritanniens drittgrößte Bank verlassen müssen; doch erst jetzt scheint Diamonds Ära endgültig vorbei zu sein: die Ära des aggressiven Investment- und Casinobankings, die der dreisten Selbstbedienung mit immer höheren Boni.
    Antony Jenkins, Diamonds Nachfolger als Chef der weltweit 140.000 Angestellten von Barclays, hatte schon vor einem Jahr angekündigt:
    "Es geht darum, Barclays grundsätzlich zu ändern. Und wir werden aufgrund unserer Taten und nicht unserer Worte beurteilt. Es wird Jahre dauern, bis die Leute tatsächlich einen anderen Eindruck von uns haben, aber das entmutigt mich überhaupt nicht; ich fühle mich unserm Weg verpflichtet, ein besseres Barclays aufzubauen."
    Jenkins versprach damals eine Art Kulturrevolution, strich 3.700 Stellen im umstrittenen Investmentbanking, senkte die Boni, die vor allem dort gezahlt werden, um 17 Prozent und löste die Abteilung "Structured Capital Markets" auf, die große Konzerne dabei beriet, Gewinne in Steueroasen zu verlagern.
    Radikale Restrukturierung
    Heute verkündete der Barclays Boss eine weitere radikale Restrukturierung, die fast eine Milliarde Euro kosten wird. Man will in den kommenden drei Jahren 19.000 Arbeitsplätze streichen, 14.000 schon in diesem Jahr. Die meisten davon in Großbritannien und 7.000 allein im Investmentbanking. Damit schrumpft der früher so selbstbewusste Geschäftszweig um ein weiteres Drittel.
    "Wir operieren in schwierigen Zeiten. Der wirtschaftliche Druck, der insbesondere das Geschäft mit festverzinslichen Wertpapieren, Rohstoffen und Währungen verschlechtert hat, und das Regulierungs-Umfeld, das uns zwingt, sehr viel mehr Deckungs-Kapital bereit zu halten, bedeuten, dass wir Barclays fokussierter und einfacher führen müssen, um unseren Aktionären den Gewinn zu bieten, den sie suchen."
    Tatsächlich spürt nicht nur Barclays den Druck; die verstaatliche Royal Bank of Scotland musste vor allem im Investmentbereich Jobs abbauen. Auch die HSBC dürfte folgen, nachdem Europas größte Bank erst gestern mitteilte, dass der Vorsteuergewinn im ersten Quartal um ein Fünftel gesunken ist aufgrund eines ähnlich hohen Gewinneinbruchs beim Investmentgeschäft.
    Angeschlagene Investmentsparte
    Barclays Gewinn vor Steuern ist wegen des angeschlagenen Investmentbankings sogar um fast die Hälfte geschwunden; nun sollen Risikoposten im Wert von mehr als 100 Milliarden Euro in eine eigene Bad Bank ausgelagert werden. Die Barclays-Niederlassungen in Italien, Spanien, Portugal und Frankreich werden aufgegeben. Konzentrieren will man sich dagegen auf das florierende, traditionelle Bankgeschäft im britischen Heimatmarkt:
    "Indem wir unseren Privatkundenzweig mit dem Geschäftskundenzweig und der Vermögensberatung zusammenführen, glauben wir, Synergien für unsere Kunden zu schaffen, sodass wir Menschen mit etwas Geld, mit mehr Geld und mit sehr viel Geld, wie auch kleine, mittlere und große Unternehmen optimal bedienen können. Den Kunden beim Vermögenswachstum zu helfen, ist sehr wichtig."
    Das klingt verdächtig nach dem Konzept, das Banken in den Jahrzehnten vor dem Hype und der Finanzblase verfolgt haben.