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Bargeldlos in Südschweden

In der südschwedischen Stadt Landskrona trachtet man Münzen und Papierscheinen nach dem Leben. Mehr als 100 Ladenbesitzer haben sich einem Projekt angeschlossen, das für das bargeldlose Leben wirbt. Gezahlt wird jedoch nicht mit Glasperlen, sondern mit Kreditkarte.

Von Agnes Bührig | 05.07.2012
    Julia Holmberg wartet an der Haltestelle der Nummer vier auf den Bus. Versiert tippt die Schülerin auf ihrem Mobiltelefon einen Code aus Zahlen und Buchstaben ein, wenig später erhält sie ihren digitalen Fahrschein per SMS.

    "Ich habe nie Geld dabei, vielleicht gerade mal einen 20-Kronenschein, umgerechnet zwei Euro oder ein paar Münzen, damit ich in der Schule Kaffee kaufen kann."

    Im Bus erwartet den Fahrgast beim Einstieg eine ganze Reihe von technischen Maschinen, sollte er gerade kein Handy dabei haben. Sie reichen vom Lesegerät für aufladbare Fahrkarten bis zur Kreditkartenmaschine, erzählt Busfahrer Adis Svarotitsch.

    "Wir testen gerade die Benutzung der Kreditkarte im Bus. Für uns Fahrer ist das sehr gut, es ist sicherer, wenn wir kein Geld im Bus haben. Und wir können mehr Leute in kürzerer Zeit abfertigen."

    Umgerechnet etwa gut eine Milliarde Euro kostet es in Schweden pro Jahr, den Kreislauf des Bargelds in Gang zu halten. Gerade einmal noch drei Prozent des Umsatzes werden mit Metallgeld und Scheinen bezahlt. Im Eurodurchschnitt sind es dreimal so viel. Das beeinflusst auch die Statistik für Raubüberfälle positiv, sagt Anders Enqvist von der Polizei in Landskrona:

    "Die Raubüberfälle auf Läden haben kräftig abgenommen, seit wir das Projekt vor gut zwei Jahren ins Leben gerufen haben. Es ist einfach nicht mehr so attraktiv, ein Geschäft zu überfallen, wenn du weißt, dass du nicht an ein paar Tausend Kronen kommst."
    Wer ein bis zwei Monate nur mit Kreditkarte bezahlt, kann im Herbst an einer Tombola teilnehmen. Damit wirbt das Projekt "Bargeldloses Landskrona" für einen anderen Umgang mit dem Zahlungsmittel. Denn es geht auch um eine Verhaltensänderung, sagt Annika Wågsäter, die bei der Stadtverwaltung im Bereich öffentliche Sicherheit arbeitet:

    "Einen Raubüberfall zu erleben, prägt dich stark. Das sitzt dir lange in den Knochen. Das bargeldlose Bezahlen ist eine Art, die Sicherheit in der Stadt zu erhöhen."

    Doch nicht alle sehen der bargeldlosen Zukunft mit Freude entgegen. Göran Hallengren, der am Bahnhof Würstchen verkauft, will nicht auf Hartgeld und Scheine verzichten:

    "Mit Bargeld geht es schneller als mit der Karte. Außerdem nimmt die Bank für jede Transaktion bis 20 Eurocent und mehr. Das ist bei Beträgen für ein Würstchen für zwei Euro ein recht großer Kostenfaktor."

    Und überhaupt, wer sagt denn, dass mit dem Bargeld die Schurken weniger werden? Man könne auch Kreditkartenbesitzer erpressen, den Code für den Bankomaten rauszurücken, sagt Hallengren und kramt das Wechselgeld für einen Kunden aus einer Schublade hervor, die gut verborgen unter dem Tresen angebracht ist.