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Barock-Ausstellung
Rom als Stadt einer ganzen Epoche

Die berühmte Barockskulptur "Verzückung der heiligen Theresa" von Giovanni Lorenzo Bernini gehört zu den Schlüsselwerken der Epoche. Jetzt ist es als Skizze im Museum zu betrachten: Die "Fondazione Roma Museo" im Palazzo Cipolla präsentiert ein ambitioniertes Kultur-Event. Das soll beweisen: Die Barockkunst wurde in Rom erfunden.

Von Thomas Migge |
    Der Trevi-Brunnen (Fontana del Trevi) in Rom bei Nacht. Der monumentale Barockbrunnen vor dem Palazzo Poli wurde in Anlehnung an Entwürfe Berninis von Nicola Salvi von 1732 bis 1762 im Stil des Spätbarocks im Übergang zum Klassizismus erbaut.
    Der Trevi-Brunnen (Fontana del Trevi) in Rom bei Nacht. Der monumentale Barockbrunnen vor dem Palazzo Poli wurde in Anlehnung an Entwürfe Berninis von Nicola Salvi von 1732 bis 1762 im Stil des Spätbarocks im Übergang zum Klassizismus erbaut. (picture alliance / ZB / Waltraud Grubitzsch)
    Die Frauen sind allesamt in erregter Bewegung. Man scheint das Rascheln ihrer samtenen Roben zu hören. Sie sind auf ein Neugeborenes in einem Körbchen fixiert. Linkerhand des rechteckigen Gemäldes von Giacinto Gimignani mit dem Titel "Die Auffindung von Moses" aus dem Jahr 1634 ist das Baby im Korb zu sehen, vor dem einige Frauen knien und sich herunterbücken. Die rechterhand folgenden Frauen stehen aufrecht. Eine ungemein dynamische Bildkonzeption: figuren- und farbenreich. Das Gemälde stammt aus einer Privatsammlung. Es hat Marco Bussagli einiges an Überzeugungsarbeit gekostet, dieses Meisterwerk barocker Malerei in seine Ausstellung zu bekommen. Bussagli ist Kunsthistoriker an der römischen Kunstakademie und einer der beiden Kuratoren der Barockschau im Palazzo Cipolla:
    "Hier steht die visuelle Rhetorik im Vordergrund. Ein typisches Sujet des römischen Barock, dem es vor allem um drei Dinge geht: die Seele anrühren, belehren und vergnügen. Der Barock hatte immer auch einen Lustfaktor, der dann im 18. Jahrhundert im Rokoko aufging."
    200 Gemälde des römischen Barocks
    Die große Ausstellung mit 200 Gemälden thematisiert den römischen Barock. Darunter finden sich Werke von den wichtigsten Meistern jener Epoche, von Giovanni Lanfranco, Pietro da Cortona, Simon Vouet, Antoon Van Dyck, Rubens und viele andere. Zeichnungen sind dabei, Kupferstiche, Büsten, Skulpturen, Architekturmodelle und Büchern. Die private Stiftung Fondazione Roma Museo, hervorgegangen aus einer Bankenstiftung, nimmt sich erneut der römischen Kunst an. Nach einer Kunstschau zur Renaissance ist nun der Barock an der Reihe. Da man über genügend Finanzmittel verfügt – im Gegensatz zur städtischen Kunsthalle, deren eh schon mageres Budget erst vor wenigen Tagen erneut zusammengestrichen wurde – konnte man aus Europa und den USA eine Reihe wirklich beachtlicher Hauptwerke des römischen Barock zusammenleihen.
    Tenor der Ausstellung: Der Barock entstand in Rom und nicht woanders. Marco Bussagli:
    "Es wird immer wieder diskutiert, wo der Barock entstanden ist. Vor allem die Franzosen beanspruchen diesen neuen Stil für sich. Doch der Barock entstand in enger Beziehung zwischen Papst Paul V., seinem kunstsinnigen Neffen Scipione Borghese und dem Baumeister Gian Lorenzo Bernini. Von Rom aus breitet sich dieser neue Geschmack in ganz Europa aus."
    Propaganda mithilfe der Architektur
    Paul V. nutzte zur Propagierung der Ideen der katholischen Gegenreformation die Mittel der Kunst, aller Künste: Malerei, Bildhauer und Architektur wurden zu Mitteln religiöser und machtpolitischer Propaganda.
    Der Barocke in der Architektur, das macht die Ausstellung deutlich, wird am besten durch die römische Kirche Il Gesù repräsentiert, ein Entwurf von Giacomo Barozzi da Vignola aus dem späten 16. Jahrhundert. Eine großflächige Fassade, elegant mit Scheinfenstern und Giebeldreiecken verziert: mächtig, klassisch und eindrucksvoll. Die Fassade und das tonnengewölbte immense Langhaus werden zum Haupttypus der Barockkirche in ganz Europa. Das von da Vignola konzipierte Raumprinzip – mit der Verschmelzung von Langbau und zentraler Kuppelvierung – wird zu einem der wichtigsten Merkmale barocker Architektur.
    Ausstellungskurator Marco Bussagli zufolge ist es der weltweiten Präsenz der katholischen Kirche zu verdanken, dass sich dieser neue Stil in den verschiedensten Disziplinen in nur wenigen Jahrzehnten ausbreiten konnte:
    "Von Europa aus in die neue Welt, nach Südamerika, nach Indien, China, denn die Kirche exportierte ja nicht nur ihren Glauben, sondern auch einen künstlerisch-propagandistischen Kunststil, der die Menschen faszinieren sollte. Bernini und Borromini und die anderen großen Künstler wollten an die Pracht des antiken Rom anknüpfen."
    Aber eben nicht mehr im nüchternen Stil der Renaissance, sondern mit aufwendigen Architektur- und Bildelementen. Üppiges war angesagt. Der neue Stil, das zeigt die römische Ausstellung mit all ihren Exponaten, wollte protzig und elegant daher kommen – und bot somit geistigen wie weltlichen Herrschern eine prächtige Bühne für ihre Auftritte.