US-Baseball
Späte Gerechtigkeit: Statistiken der "Negro League" werden anerkannt

Afroamerikanern war es bis 1947 strikt verboten, in der Major League Baseball mitzuwirken. Nun werden mehr als 2.300 afroamerikanische Baseballspieler in den MLB-Rekordbüchern berücksichtigt. Eine Entscheidung, die die Geschichte des Sports verändert.

Von Heiko Öldorp | 03.06.2024
Dieses vom Carnegie Museum of Art zur Verfügung gestellte Foto aus dem Jahr 1942 zeigt den Baseball-Fänger der Homestead Grays, Josh Gibson, in der Hocke auf dem Forbes Field in Pittsburgh.
Josh Gibson hat nie in der MLB gespielt, sondern in der "Negro League Baseball". (picture alliance / AP Photo / Charles "teenie" Harris)
Die Bestmarke von Ty Cobb galt als unantastbar. Wie in Stein gemeißelt. In seiner Karriere, von der er mehr als 20 Jahre bei den Detroit Tigers spielte, hatte Cobb den Baseball im Schnitt bei 36,6 Prozent der Würfe getroffen - und somit so zuverlässig wie kein anderer in der Geschichte der Major League Baseball.
Aber jetzt ist Cobb seinen Rekord los. Er hat ihn verloren an Josh Gibson. Der hat nie in der MLB gespielt, sondern in den 30ern und 40ern in der Negro League Baseball. Denn Afroamerikanern wie ihm ist es zu jener Zeit strikt verboten, in der MLB mitzuwirken. 

MBL berücksichtigt Statistiken

Gibson kommt in seiner Karriere auf einen Schlag-Durchschnitt von 37,2 Prozent. Dass er jetzt als Spieler mit dem besten “batting average” geführt wird, liegt daran, dass die MLB Ende Mai bekannt gegeben hat, die Statistiken der Negro League Baseball aufzunehmen und zu berücksichtigen. Diese Entscheidung wird bei diversen US-Fernsehsendern als ein Schritt angesehen, der die Geschichte dieses Sports für immer verändern werde.
“Baseball history changed forever today.”
“The MLB will officially incorporate Negro League statistics into the record books.”
“It’s a historic change to our national pastime.” 

Gibson-Enkel: "Das ist eingroßartiger Augenblick"

Josh Gibsons Urenkel Sean ist hocherfreut über Entschluss der MLB. Er sagt gegenüber PBS: "Das ist ein großartiger Augenblick, nicht nur für unsere Familien, sondern für alle Mitglieder von Negro League-Familien. Denn hier geht es nicht nur um Josh Gibson. Mehr als 2.300 afroamerikanische Baseballspieler werden nun in den Rekordbüchern der MLB berücksichtigt werden. Es wurde endlich Zeit."
Ende 2020 gab MLB-Commissioner Rob Manfred bekannt, die Negro Leagues aus Major Leagues anzuerkennen - und erklärte zugleich, die Statistiken von sieben Negro Leagues untersuchen lassen zu wollen. Dazu hat er eine Expertenkommission aus Historikern, Journalisten und Statistikern zusammengestellt. Sie standen vor einer durchaus komplizierten Aufgabe. Die Negro Leagues hatten zwar im Frühjahr ihre Saison-Spielpläne erstellt, diese jedoch mitunter im Sommer improvisiert. 

Jackie Robinson war erster Schwarzer in der MLB

Bob Kendrick ist Präsident des Negro-League-Baseball-Museums in Kansas City. Er hebt hervor, dass die Statistiken alleine nicht wiederspiegeln würden, welche Bedeutung die Ligen damals hatten: "Sie haben geholfen, unser Spiel in Teilen des Landes zu promoten, die ansonsten nie Profi-Baseball zu sehen bekommen hätten. Die MLB war, im Grunde genommen, nur östlich des Mississippi zu Hause. Aber durch die Negro League konnten viele Menschen Profi-Baseball gucken."
Am 15. April 1947 spielt dann Jackie Robinson als erster Schwarzer in der MLB - und durchbricht somit die "color barrier" (z. Dt.: Farbbarriere, Farblinie). Josh Gibson erlebt diesen historischen Augenblick nicht mehr. Er stirbt knapp drei Monate vorher im Alter von 35 Jahren an einem Schlaganfall.