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Bauchladen Google

IT-Wirtschaft.- Googles Entwicklerkonferenz I/O war dieses Jahr besonders ergiebig. Der Internet-Gigant hat in San Francisco gleich mehrere neue Geräte und Dienste vorgestellt. IT-Journalist Marcus Schuler erläutert im Gespräch mit Manfred Kloiber, womit genau Google Amazon, Microsoft und Apple Konkurrenz machen will.

    Manfred Kloiber: Ungewöhnlich viele Neuerungen hat Google diese Woche auf seiner Entwicklerkonferenz I/O in San Francisco vorgestellt: vom eigenen Tablet-PC bis hin zum neuen Cloud-Dienst, der sich an Firmenkunden richtet. Das Spektrum der Veranstaltung mit knapp 6000 Programmieren und Internet-Experten aus aller Welt war ziemlich breit. Marcus Schuler, Sie haben für uns die Google I/O mitverfolgt, was waren denn die herausragenden Neuigkeiten?

    Marcus Schuler: Dazu muss man vor weg sagen: Google ist nicht Apple und betreibt keine so große Geheimniskrämerei. All das, was vor der Konferenz, die am Mittwoch begann, gerüchteweise durchgesickert war, kam denn auch so. Große Überraschungen blieben aus, eher konsequente Fortentwicklungen. Herausragend war sicherlich der Auftritt von Google-Gründer Sergei Brin. Im Gegensatz zu Mitgründer Larry Page, der als CEO in der Verantwortung steht, darf Brin kreativ sein und ein wenig rumspinnen. Bei seinem Auftritt zeigte er eine Weiterentwicklung von "Glass”, das ist ein Brille mit eingebauter Videokamera. Und diese Brille ist wiederum mit dem Smartphone verbunden. Und diese Datenbrille will das Unternehmen als Prototyp ab dem nächsten Jahr verkaufen. Allerdings zu einem happigen Preis: 1500 Dollar. Gedacht ist sie zunächst nur für Programmierer, die für das Gerät Anwendungen entwickeln sollen. Der Endkundenpreis dürfte später sicherlich deutlich günstiger liegen, wenn diese Brille in Serie gebaut wird.

    Kloiber: In punkto Hardware will ja Google jetzt auch den Tablet-Markt aufmischen. Wahrscheinlich, um Microsoft Konkurrenz zu machen.

    Schuler: Und nicht nur Microsoft. Amazon ist hier auch ein ganz wichtiger Gegner – und natürlich Apple. Nexus 7 - sieben - heißt das Gerät mit Sieben-Zoll Bildschirm und einer Tegra-3-CPU, die über vier Rechenkerne verfügt. Der sehr leichte Tablet-Rechner wiegt mit 340 Gramm nur halb so viel wie das iPad von Apple. Es ist mit der neuesten Betriebssystem-Version Android 4.1 ausgestattet. Das Gerät wird von Asus in Asien gebaut und soll 199 Dollar kosten – also ein sehr attraktiver Preis. Das Suchmaschinenunternehmen zielt hier vor allem – wir haben es gesagt – auf Amazon ab, das mit dem Tablet "Kindle Fire” in den USA erfolgreich ist. In Europa wird das Nexus 7 voraussichtlich gar nicht zu bekommen sein. Das würde auch keine große Freude machen, weil im deutschen Play Store von Google nur Apps, Programme, zu bekommen sind und eben keine Musik und Filme, so wie das in den USA der Fall ist.

    Kloiber: Android 4.1 Jelly Bean, so der Codename, Sie haben es erwähnt, ist in einer neuen Version erschienen, was ändert sich?

    Schuler: Die Spracherkennung funktioniert jetzt auch ohne bestehende Internetverbindungen. Das ist gut. Die Darstellung ist nochmals etwas flüssiger geworden, wenn man beispielsweise mit dem Finger Fotos auf dem Bildschirm hin- und herschiebt. Neu ist auch ein virtueller Assistent, er heißt Now - Jetzt. Dieser Assistent auf dem Smartphone antizipiert aus Kalendereinträgen oder dem momentanen Aufenthaltsort, so man ihn denn freigegeben hat, welche Informationen man als Nutzer gerade benötigen könnte. Aber auch die Browser-Historie, also der Verlauf der Seiten, die man im Internet besucht hat, möchte das Unternehmen offenbar auswerten. Da ist sicherlich Ärger mit Datenschützern vorprogrammiert.

    Kloiber: Bleiben wir noch ein bisschen bei der Software: Was tut sich beim Chrome-Browser?

    Schuler: Den gibt es ab sofort auch für alle Apple Geräte, wie das iPhone oder das iPad. Wer will, kann so seine Lesezeichen ständig auch auf diesen Geräten synchronisiert halten. Schade ist allerdings, dass der Browser auf der Enginge von Safari aufsetzt. Das ist der Browser von Apple und dadurch ist nur wenig Geschwindigkeitsvorteil drin. Es fehlt aber die JavaScript Engine V8, die Chrome zu solch einem flotten Browser macht, der, so sagen übrigens die Google-Leute, von 310 Millionen Menschen weltweit mittlerweile genutzt wird.

    Kloiber: Microsoft, VMware, Amazon: etliche andere Firmen vermieten ja ihre Server und die Rechenleistung an andere – Cloudcomputing. Google plant jetzt auch, in dieses Geschäft einzusteigen, hört man.

    Schuler: Google Urgestein Urs Hölzle stellte das Programm unter dem Namen "Compute Engine” vor. Auf virtuellen Linux-Maschinen können Unternehmen Berechnungen auf den Google-Servern durchführen lassen. Für komplexe Rechenaufgaben, so sagt das Unternehmen, sollen sich mehrere 10.000 Kerne zusammenschalten lassen. Abgerechnet wird nach Dauer. Die kleinste virtuelle Maschine kostet pro Stunde knapp 15 US-Cent. Eine übrigens längst überfällige Öffnung. Denn Unternehmen wie Amazon oder Microsoft sind auf diesen Märkten schon längst aktiv.

    Kloiber: Marcus Schuler über die Google I/O in San Francisco, vielen Dank.