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Bauen auf dem Lande

Heute (17.6.)ist im Rahmen des schleswig-holsteinischen Bauernblattes eine Sonderveröffentlichung unter dem Titel: Bauen auf dem Lande erschienen. Worum es dabei geht, darüber berichtet Annette Eversberg:

von Annette Eversberg |
    Wer über Land fährt, wird es feststellen. Immer mehr Höfe fallen dadurch auf, daß die Wohnhäuser mit modernen Gebäuden verbunden sind. Manchen mag das stören, weil er mit einem Bauernhof ein ganz bestimmtes Bild verbindet. Doch ökonomische und ökologische Anforderungen, die an die Landwirtschaft gestellt werden, erfordern neue Anlagen. Das gilt vor allem für die Ställe. Je mehr Tiere in einem Stall gehalten werden können, desto leichter und wirtschaftlicher für den Landwirt. Die Größe des Stalls darf für die Tiere jedoch keinerlei Nachteil bedeuten. Deshalb sind intelligente Lösungen gefragt. Je nach dem, um welche Tierart es sich handelt. Dr. Werner Lüpping, Leiter der Abteilung Tierhaltung der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein ,weiß, wie wichtig z.B. die Qualität der Luft in einem Milchkuhstall ist.

    Dr. Werner Lüpping: "Die Kühe haben völlig andere Ansprüche an die Temperatur, als wir Menschen. Hochleistungskühe mit 30-35 Liter Milch fühlen sich am wohlsten bei Temperaturen um Null Grad oder unter Null Grad, weil sie eine hohe Wärmeproduktion haben. Deshalb können wir die Kühe heute nicht in Warmställe einsperren, sondern, daß wir ihnen Laufställe bieten, Offenställe bieten. Wir gehen dazu über, die Seitenwände aufzumachen, so daß möglich viel Luft und Licht in den Stall hineinkommt. Luft und Licht sind zwei essentielle Bestandteile, auf die die Kühe nicht verzichten können."

    Die Hauptarbeit ist das Melken. Die schweißtreibende Tätigkeit von früher wurde schon durch automatische Melkmaschinen und durch einen Melkroboter erleichtert. Dort gehen die Tiere selbst in einen Unterstand, wo alles computergesteuert geregelt wird. Das ist nicht nur eine Erleichterung. Nach der Milchhygieneverordnung der Europäischen Union dienen entsprechende Melkanlagen auch der Senkung der Keimzahl in der Milch:

    Dr. Werner Lüpping: "Wir haben heute bei den modernen Ställen einen extra Melkraum für die Kühe. Und wichtig ist, in diesem Bereich, daß die Euter vor dem Melken gesäubert werden. Wichtig sind trockene Liegeflächen, damit auch wirklich kein Dreck an den Eutern anhaftet. Nach dem Abnehmen der Melkbecher muß dann das Euter, oder die Zitzen mit einem Pflegemittel versehen werden, so daß die Glattheit der Zitzen weiterhin gewährleistet ist."

    Wie der Stall insgesamt gebaut wird, das entscheidet über die Kosten. Gewöhnlich rechnet man bei einem Milchkuhstall zwischen 7000 und 9000 DM pro Platz. Und das bei einem Milchpreis von knapp 59 Pfennigen pro Liter. Bei dieser Berechnung ist es wichtig, daß die Bauweise dem angepaßt wird.

    Dr. Werner Lüpping: "Der Stallbau nimmt eine überragende Stellung ein. Wenn wir heute einen Neubau für Milchviehhaltung planen, kann es im Bereich kleinerer Haltung, so bei 50/60 Kühen zu Stallkosten von 10.000 DM kommen, wenn der Stall von einem Unternehmer erstellt wird. Und das bedeutet, daß ein Liter Milch schon mit 12-13 Pfennigen nur durch die Stallbaukosten belastet ist."

    Eine offene Bauweise beispielsweise kann den Stallbauanteil auf 7-8 Pfennige senken. Anbauten an andere Gebäude oder die Wohnhäuser, die man auch aus früheren Zeiten kennt, sind ebenfalls billiger, weil man damit eine Wandfläche spart. Auch die Jungtiere sollten getrennt untergebracht werden, weil der Milchkuhstall zu teuer wäre. Plätze für Jungkühe kosten weniger. Auch hier empfiehlt man inzwischen die offene Bauweise. Doch im Stall selber müssen sie - so Hans-Jürgen Kunz, landwirtschaftlicher Berater für die Kälberaufzucht - in Gruppen untergebracht werden.

    Hans-Jürgen Kunz: "Das ist einmal durch die Kälberhaltungsverordnung vorgeschrieben. Dort heißt es, wenn mehr als 5 gleichzeitig gehaltene Kälber im Betrieb aufgestallt sind, dann müssen sie ab der 9. Woche in einer Gruppenbucht liegen. Die wird dann auch zwangsweise mit Stroh eingestreut, weil das die beste Isolationswirkung hat. Und Kälber brauchen auch gerade im Winter wo sie geschützt liegen können und ein Mikroklima entwickeln können, das die entsprechende Temperatur bietet, um gesund aufwachsen zu können."

    Neben dem Melken spielt die automatische, bedarfsgerechte Fütterung eine immer größere Rolle. Kälber werden schon längst nicht mehr aus Eimern getränkt. Sondern es gibt Automaten, wo sie ihren Hunger stillen können. Auf einer Waage wird gleichzeitig festgestellt, wie groß der Bedarf des Tieres ist. Mit solchen Anlagen ist auch der Platzbedarf größer geworden. Damit sich die Kühe wohlfühlen, müssen sie sich jederzeit bewegen können. Unterschiedliche Zonen sind auch wichtig, weil beim Bewegen oder Fressen unterschiedliche Mengen an Ausscheidungen anfallen. Liegeplätze sind nicht nur bei den Kälbern generell mit Matten oder Stroh ausgestattet. Die Zeit, in der Tiere auf harten Böden lagerten, ist im modernen Stallbau endgültig vorbei. Am Anfang steht jedoch die richtige Planung. Sie ist wichtig vor allem für die Schweineställe. Denn gerade hier kommt aus emissionsrechtlichen Gründen alles auf die geeignete Standortwahl an, erläutert Gerd Lentföhr, Geschäftsführer der Schweinespezialberatung Schleswig-Holstein.

    Gerd Lentföhr: "Der richtige Standort für einen Schweinestall auf dem Land hängt sehr stark von den Windrichtungen ab, aber auch von der Dorflage und den örtlichen Gegebenheiten. Es gibt dort eine ganze Reihe von Regelungen, die festlegen, wo der Stall zu stehen hat. Und zwar gibt es da die TA Luft, die festschreibt, in welchem Abstand der Stall von der Wohnbebauung stehen muß. Je ungünstiger der Stall gebaut wird, je ungünstiger die Lüftung ist und je ungünstiger die Haltungsbedingungen sind, desto weiter muß er wegbleiben. D.h. ich muß die neueste Technik einbauen, um möglichst nahe am Dorf bleiben zu können."

    Schlechter Geruch ist jedoch nicht nur eine Last für den Menschen. Denn auch die Schweine selber leiden unter den schädlichen Gasen.

    Gerd Lentföhr: "Es gibt dort Grenzwerte für Ammoniak, CO2 und Schwefelwasserstoffgase. Wenn diese Grenzwerte überschritten werden, dann führt das ganz eindeutig zu Leistungsdepression, so daß der Landwirt automatisch ein Eigeninteresse daran hat, daß die Schadgaskonzentrationen in den Ställen sehr sehr niedrig gehalten werden, daß wir praktisch Frischluft in den Ställen haben."

    Der Bau eines Schweinestalls unterscheidet sich noch in anderer Weise von einem Kuhstall. Während die Kühe Kälte mögen, ist die Wärmedämmung bei Schweinen von großer Bedeutung. Wildschweine haben noch ein dichtes Borstenkleid. Bei den in der Schweinehaltung üblichen Rassen, wurden die Borsten weg gezüchtet. Deshalb gelten - so Gerd Lentföhr - genaue Temperaturangaben, die weitgehend durch die Dämmung erreicht werden müssen.

    Gerd Lentföhr: "Die Temperaturansprüche der Schweine sind nach Alter sehr unterschiedlich. Ein Ferkel mit einem Alter von vier Wochen muß eine Temperatur im Liegebereich haben von etwa 30 Grad. Und diese Tempertur sinkt ab in den Ansprüchen beim Ferkel von 25 bis 30 Kilogramm auf 20 Grad ab. Und bei den Mastschweinen gehen wir davon aus, daß wir dort mit Temperaturen im Liegebereich von 18 bis 20 Grad gut zurecht kommen."

    Bei einem Schweinestall kommt es darauf an, daß keine Gülle austreten kann. Dazu muß der Beton geeignet sein. Um den anfallenden Stallmist leicht zu entsorgen, braucht man in einem Schweinestall ein regelrechtes System von Kanälen. Auf unterschiedlichen Wegen kann die Gülle dann abgeleitet werden. Ein hochmodernes Verfahren, das inzwischen auch für die Lagerung der Gülle verlangt wird. Denn Gülle im Überschuß ist schädlich für die Umwelt. Allein in Schleswig-Holstein stehen 20.000 Güllebehälter mit einem Volumen von durchschnittlich 700 Kubikmetern. Der Güllebehälter sei für die Schweinehaltung wie für die Rinderhaltung so wichtig, betont Gerd Lentföhr, daß er in die Stallkosten einzurechnen ist. Bei Schweinemastställen liegen sie bei 800 bis 1000 DM pro Schwein .

    Gerd Lentföhr: "Da gibt es unterschiedliche Materialien. Es gibt die Stahlbehälter, überwiegend aber gibt es die Betonbehälter. Wichtig ist aber auch, und das ist ein Beitrag zum Umweltschutz, daß die Güllebehälter heute doch in fast allen Fällen abgedeckt werden, um den Güllegeruch zu vermeiden."

    Entscheidend ist zudem die Lagerfähigkeit. Eine umweltgerechte Düngung heißt, daß die Gülle dann ausgebracht wird, wenn die Pflanzen den Nährstoff wirklich verbrauchen können. Daher müssen die Behälter heute genügend Kapazität haben, um die Gülle solange lagern zu können. Düngepläne sind insofern die Grundlage für den Bau. Trotzdem, moderne Behälter und Ställe kosten erst einmal Geld. Und der Landwirt kann - so Berater Gerd Lentföhr, heute immer weniger mit Fördermitteln rechnen:

    Gerd Lentföhr: "So muß er sich das meiste auf dem freien Kapitalmarkt holen. Und hier ist es immer entscheidend, wie der Betrieb selbst beurteilt wird, ob dieser Stall die Leistung bringt, d.h. daß das auch wirklich wirtschaftlich betrieben wird. Und wenn die Wirtschaftlichkeit stimmt, dann ist es möglich, solche Ställe zu bauen."