Natürlich kann man auch aus Bambus Häuser konstruieren, ziemlich schöne Häuser sogar. Der Architekt John Hardy hat in Indonesien eine "Green School" in den Palmenwald gebaut, die aussieht wie ein großer Pilz, sozusagen die organische, die alternative Form von Norman Fosters Reichstags-Kuppel. Die grüne Schule hat offene, luftige Stockwerke, sie zeigt das einheimische Material Bambus stolz vor. In Ecuador setzte die Architektengruppe "Al Borde" eine Schule in die Stranddünen, die einer Fischerhütte ähnelt - ebenfalls aus Bambus. Anna Heringer baut in Bangladesch und Marokko Schulen aus Lehm, sogenannte Erdarchitektur. Und der italienische Baumeister Emilio Caravatti nutzt in Mali "nubische Gewölbe" aus der lokalen Tradition, einfache, tragende Rundungen, die ohne Verschalungen errichtet werden. Und natürlich arbeitet er mit vor Ort hergestellten, luftgetrockneten Lehmziegeln, die seine Gemeinschaftsschule nördlich von Bamako ebenso ockerfarben aussehen lassen wie die Savanne, in der sie steht.
Es ist die andere, die (sagen wir es ruhig) moralisch bessere Architektur, die in der Frankfurter Schau vorgestellt wird, eine Architektur von unten. Die handelnden Personen warten nicht auf finanzstarke Bauherren, für die sie dann skulpturale Signets irgendwo in den Stadtraum setzen dürfen. Die Architekten dieser Ausstellung kommen mit wenig Geld aus, weil fast keines da ist; sie gehen meist in die Dritte Welt und entwickeln ihre Pläne gemeinsam mit der einheimischen Bevölkerung, sagt Kurator Andres Lepik:
"Die haben mit einer lokalen Gemeinschaft Kontakt aufgenommen, stellen fest, da fehlt was - in der Regel sind das Schulen, Krankenhäuser, Gemeindehäuser. Die sind natürlich immer schnell konsensfähig, da kann man sehr schnell die Gemeinschaft aktivieren, weil das allen einen Vorteil bringt. Und wenn sie sehen, da ist ein Bedürfnis da, auch mit der Gemeinschaft was zu arbeiten, dann gehen die Architekten los und fangen einfach an, Fundraising zu betreiben, irgendwelche Sponsoren zu finden oder eigene Stiftungen zu gründen."
Man muss aber auch die lokalen und nationalen Regierungen einbinden, und dieser Balance-Akt ist oft schwieriger als das Bauen selber. Und natürlich wird das Arbeiten in der Dritten Welt oft finanziert über gewinnbringende Projekte, die man gleichzeitig in der Ersten Welt realisiert.
Die ungeheuer vielfältige Frankfurter Ausstellung gibt einen Überblick, was man mit wenigen Mitteln alles machen kann. Es geht oft einfach darum, eine Grundversorgung mit Wohnraum und Logistik zu gewährleisten, zum Beispiel öffentliche Sanitäranlagen zu schaffen - die Bewohner von Kibera, einer Township in Kenia, haben zehn Minuten Fußweg zum Klo und zum Duschen, aber sie gehen da hin. Es geht um Krankenhäuser, um die Basisversorgung. Andererseits will man gemeinschaftsstiftende Bauten errichten, die den Bewohnern von armen Regionen oder Slums Selbstbewusstsein geben - also Schulen, Kulturzentren, Büchereien.
Und man dockt an die lokalen Gegebenheiten an. Der Südafrikaner Peter Rich baut hügelartige Gebäude mit Ziegelsteingewölben; auf Sumatra nutzte eine Architektengruppe für ein Schulungs-Zentrum eine riesige, frei stehende, "aufgeständerte" Dachkonstruktion, die an Wellblechhütten erinnert, aber optimale Luftzirkulation ermöglicht. Der berühmte Francis Kéré aus Burkina Faso nutzt Tontöpfe als Oberlichter für eine Schule in seinem Heimatdorf. Die Gruppe "Urban Think Tank" baut mit staatlicher Hilfe Kultur- und Sportzentren in die Elendsgebiete von Caracas oder São Paulo, die auf dem Prinzip der vertikalen Schichtung beruhen - übereinanderstapeln, weil kein Platz da ist und weil die Häuser der Nachbarschaft auch so kastenartig gebaut sind. Und mit Kultur und Sport nimmt die Kriminalitätsrate ab.
Die Ausstellung bietet Beispiele des aus der Not geborenen "ungeplanten Bauens", wenn im mexikanischen Grenzgebiet zu den USA immer mehr quadratische Häuser an bestehende Komplexe anwachsen. Vor allem aber wird in Frankfurt gezeigt, wie europäische Studenten in der Dritten Welt etwas Sinnvolles tun und dabei Erfahrung sammeln können: Münchner Architekturstudenten bauen eine Schule in Südafrika und erfinden eine - zwecks Klimatisierung - perforierte Mauer. Die Kunstuniversität Wien baut Lehrer-Wohnungen in Indien. Alle haben etwas davon: Die einheimische Bevölkerung findet Arbeit und lernt Bautechniken, die Studenten lernen praxisnahes Entwerfen.
Man kann die Methoden dieses "armen" Bauens aber auch auf Europa anwenden: Im sogenannten "Hamburg Wohnregal" stellen Architekten den künftigen Bewohnern nur ein Stahlbetonskelett mit tragenden Wänden zu Verfügung; die Wohneinheiten müssen von den Familien dann individuell ausgestaltet werden. Die französischen Architekten Druot, Lacaton und Vassal erweitern hässliche HLM-Komplexe des sozialen Massen-Wohnungsbaus, indem sie an die gesamte Fassade der Hochhäuser vorgelagerte Wintergärten und Balkone anbauen. Und das "Atelier d’Architecture Autogérée" bespielt Brachflächen in Paris mit urbaner Landwirtschaft. Etwas Ähnliches gibt es mit dem selbst organisierten "Prinzessinnengarten" ja auch am Berliner Moritzplatz.
So strahlen die Methoden der Dritten Welt zurück auf die Erste - ein Transfer, der für mehr Gleichberechtigung zumindest im Denken sorgen könnte.
Es ist die andere, die (sagen wir es ruhig) moralisch bessere Architektur, die in der Frankfurter Schau vorgestellt wird, eine Architektur von unten. Die handelnden Personen warten nicht auf finanzstarke Bauherren, für die sie dann skulpturale Signets irgendwo in den Stadtraum setzen dürfen. Die Architekten dieser Ausstellung kommen mit wenig Geld aus, weil fast keines da ist; sie gehen meist in die Dritte Welt und entwickeln ihre Pläne gemeinsam mit der einheimischen Bevölkerung, sagt Kurator Andres Lepik:
"Die haben mit einer lokalen Gemeinschaft Kontakt aufgenommen, stellen fest, da fehlt was - in der Regel sind das Schulen, Krankenhäuser, Gemeindehäuser. Die sind natürlich immer schnell konsensfähig, da kann man sehr schnell die Gemeinschaft aktivieren, weil das allen einen Vorteil bringt. Und wenn sie sehen, da ist ein Bedürfnis da, auch mit der Gemeinschaft was zu arbeiten, dann gehen die Architekten los und fangen einfach an, Fundraising zu betreiben, irgendwelche Sponsoren zu finden oder eigene Stiftungen zu gründen."
Man muss aber auch die lokalen und nationalen Regierungen einbinden, und dieser Balance-Akt ist oft schwieriger als das Bauen selber. Und natürlich wird das Arbeiten in der Dritten Welt oft finanziert über gewinnbringende Projekte, die man gleichzeitig in der Ersten Welt realisiert.
Die ungeheuer vielfältige Frankfurter Ausstellung gibt einen Überblick, was man mit wenigen Mitteln alles machen kann. Es geht oft einfach darum, eine Grundversorgung mit Wohnraum und Logistik zu gewährleisten, zum Beispiel öffentliche Sanitäranlagen zu schaffen - die Bewohner von Kibera, einer Township in Kenia, haben zehn Minuten Fußweg zum Klo und zum Duschen, aber sie gehen da hin. Es geht um Krankenhäuser, um die Basisversorgung. Andererseits will man gemeinschaftsstiftende Bauten errichten, die den Bewohnern von armen Regionen oder Slums Selbstbewusstsein geben - also Schulen, Kulturzentren, Büchereien.
Und man dockt an die lokalen Gegebenheiten an. Der Südafrikaner Peter Rich baut hügelartige Gebäude mit Ziegelsteingewölben; auf Sumatra nutzte eine Architektengruppe für ein Schulungs-Zentrum eine riesige, frei stehende, "aufgeständerte" Dachkonstruktion, die an Wellblechhütten erinnert, aber optimale Luftzirkulation ermöglicht. Der berühmte Francis Kéré aus Burkina Faso nutzt Tontöpfe als Oberlichter für eine Schule in seinem Heimatdorf. Die Gruppe "Urban Think Tank" baut mit staatlicher Hilfe Kultur- und Sportzentren in die Elendsgebiete von Caracas oder São Paulo, die auf dem Prinzip der vertikalen Schichtung beruhen - übereinanderstapeln, weil kein Platz da ist und weil die Häuser der Nachbarschaft auch so kastenartig gebaut sind. Und mit Kultur und Sport nimmt die Kriminalitätsrate ab.
Die Ausstellung bietet Beispiele des aus der Not geborenen "ungeplanten Bauens", wenn im mexikanischen Grenzgebiet zu den USA immer mehr quadratische Häuser an bestehende Komplexe anwachsen. Vor allem aber wird in Frankfurt gezeigt, wie europäische Studenten in der Dritten Welt etwas Sinnvolles tun und dabei Erfahrung sammeln können: Münchner Architekturstudenten bauen eine Schule in Südafrika und erfinden eine - zwecks Klimatisierung - perforierte Mauer. Die Kunstuniversität Wien baut Lehrer-Wohnungen in Indien. Alle haben etwas davon: Die einheimische Bevölkerung findet Arbeit und lernt Bautechniken, die Studenten lernen praxisnahes Entwerfen.
Man kann die Methoden dieses "armen" Bauens aber auch auf Europa anwenden: Im sogenannten "Hamburg Wohnregal" stellen Architekten den künftigen Bewohnern nur ein Stahlbetonskelett mit tragenden Wänden zu Verfügung; die Wohneinheiten müssen von den Familien dann individuell ausgestaltet werden. Die französischen Architekten Druot, Lacaton und Vassal erweitern hässliche HLM-Komplexe des sozialen Massen-Wohnungsbaus, indem sie an die gesamte Fassade der Hochhäuser vorgelagerte Wintergärten und Balkone anbauen. Und das "Atelier d’Architecture Autogérée" bespielt Brachflächen in Paris mit urbaner Landwirtschaft. Etwas Ähnliches gibt es mit dem selbst organisierten "Prinzessinnengarten" ja auch am Berliner Moritzplatz.
So strahlen die Methoden der Dritten Welt zurück auf die Erste - ein Transfer, der für mehr Gleichberechtigung zumindest im Denken sorgen könnte.