Das heutige Treffen im Kanzleramt mit dem Lebensmittel-Handel sei der "Start eines Prozesses" gewesen, so Bundeslandwirtschafts- und Ernährungsministerin Julia Klöckner.
"Es hat auch keiner erwartet, dass wir heute neue Gesetzgebung hier präsentieren."
Vertreterinnen und Vertreter des Lebensmittelhandels und der vier größten Supermarktketten Edeka, Rewe, Aldi und der Schwarz-Gruppe - zu der Lidl und Kaufland gehören - waren zu Gast bei Angela Merkel.
Julia Klöckner betonte, dass die bereits beschlossene EU-Richtlinie, die Richtlinie über unlautere Handelspraktiken, kurz "UTP", möglichst schnell umgesetzt werde.
"Wir sind uns einig, dass wir die nicht erst dann umsetzt, bis wir sie umsetzen müssen - 2021. Ich will die sehr schnell umsetzen, und das haben wir heute auch klar beschlossen."
Bäuerinnen und Bauern sollen unfaires Verhalten melden können
Darüber hinaus soll eine Beschwerdestelle für Erzeugerinnen und Erzeuger eingerichtet werden, bei der "unfaire Handelspraktiken" gemeldet werden können. Klöckner dringt auf mehr Wertschätzung für Lebensmittel und deren Erzeugerinnen und Erzeuger. Zudem wirft sie dem Handel vor, aggressiv mit Niedrigpreisen zu werben.
"Wir haben natürlich über Dumpingpreise, über Preisaggressivität gesprochen. Wir haben darüber geredet: Wie können denn zwei Kilo Äpfel 1,11 Euro kosten, wie soll das funktionieren? Wir haben auch über das Verbot des Verkaufs unter Einstandspreisen gesprochen. Wir haben auch Prospekte dabeigehabt. Also, das war ein sehr intensives Thema."
Es sei ethisch und moralisch auch in der Verantwortung des Handels, nicht immer mehr den Preis nach unten zu drücken und Wertschätzung für Lebensmittel dadurch kaputtzumachen, dass Lebensmittel "verramscht" würden, weil die vier großen Supermarktketten im Wettbewerb stünden und am Ende derjenige gewinne, der den Tiefstpreis habe, so Klöckner.
Ob es bei Lebensmittelwerbung auch Verhaltensregeln geben wird, wurde nicht gesagt. Einen Mindestpreis für Lebensmittel hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Auftakt bereits ausgeschlossen. An den Handel gerichtet sagte sie:
"Sie sind im Wirtschaftsraum tätig, sie müssen natürlich genauso wie die Landwirte ihr Geld verdienen. Sie müssen ihre Kundenbeziehungen pflegen, und insofern geht es nicht darum, ihnen irgendwelche staatlich verordneten Mindestpreise aufzuoktroyieren, wie ich manchmal gelesen habe. Sondern es geht eigentlich um faire Beziehungen zwischen den verschiedenen Akteuren."
Handel wehrt sich gegen Vorwürfe
Merkel verwies aber auch auf die Marktkonzentration im Lebensmittelhandel. Gemeinsam haben Edeka, Aldi, Rewe und Lidl einen Marktanteil von 85 Prozent. Das Bundeskartellamt sieht das kritisch, CDU-Politikerin Klöckner ebenfalls: Wenn Bauern mit dem Handel verhandelten, sei das wie David gegen Goliath, sagte sie dem Deutschlandfunk.
"Der Handel in Deutschland ist sicherlich nicht der Goliath im Verhältnis zur Landwirtschaft, wenngleich wir die strukturellen Probleme in der Landwirtschaft sehr gut nachvollziehen können. Man muss andererseits aber sehen, dass nur ein geringer Teil der Produkte, die von der Landwirtschaft in Deutschland erzeugt werden, überhaupt in die Regale der Supermärkte wandert und die Landwirtschaft eigentlich von Weltmarktpreisen abhängig ist."
Vor dem Kanzleramt protestierten heute einige wenige Bauern sowie Aktivistinnen und Aktivisten. Unter ihnen auch Dirk Zimmermann von Greenpeace, der eine sogenannte "Tierwohl-Abgabe" von 50 Cent pro Kilogramm Fleisch für angemessen hält:
"Fleisch muss ein wenig teurer werden, und wir müssen auch weg von dem hohen Konsum von Fleisch. Wir müssen weg von viel zu viel gehaltenen Tieren in Deutschland, auf einer zu kleinen Fläche in Deutschland letztendlich, was uns die ganzen Probleme verursacht. Und die Einführung einer Tierwohlabgabe würde jetzt nicht bedeuten, dass Fleisch unbezahlbar würde."
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, sieht den Handel in der Pflicht: "Lebensmittel dürfen nicht zu Schnäppchenpreisen verramscht werden." Der Handel müsse seinen Teil dazu beitragen, dem Verbraucher zu verdeutlichen, "dass höhere Standards im Stall oder auf dem Feld einen höheren Preis erfordern", sagte Rukwied.