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Bauerndemos
Konventionelle Landwirte und der Grundwasserschutz

Landwirte und Agrarwissenschaftler trafen sich in Würzburg, um über besseren Grundwasserschutz und eine Senkung der Nitratbelastung zu beraten. Wegen strengerer Düngeregeln und Umweltvorgaben fürchten die Bauern um ihre Existenz. Der Verfall der Preise auf dem Biosektor kommt verschärfend hinzu.

Von Anke Petermann |
Landwirte stehen mit ihren Treckern nach einer Sternfahrt in der Hamburger Innenstadt auf dem Holstenwall.
Landwirte demonstrieren mit Traktoren in Hamburg. (dpa/Christian Charisius)
Unterfranken ist die bayerische Trockenzone. Kaum Regen in den vergangenen Jahren, die Bodenschichten sind dünn und filtern kaum, der Untergrund ist durchlässig. Stickstoff, als Dünger für Getreide oder Kartoffeln gedacht, wird leicht ausgewaschen und gelangt als Nitrat ins Grundwasser. Die Landwirte hier im Nordwesten Bayerns sind problembewusst, aber trotzdem wütend. Vor allem die konventionell wirtschaftenden. Vor mehr als zehn Jahren habe die Regierung von Unterfranken die Aktion Grundwasserschutz durch Öko-Landbau aufgelegt, erzählt Rainer Lesch. Auf Basis eines wissenschaftlich fundierten Berichts, erkennt der Landwirt aus dem Landkreis Würzburg an.
"Und da hat man klar festgestellt, dass eine Umstellung auf ökologische Landwirtschaft absolute Vorteil bringt. In dem Bericht steht auch drin, eine intensive Beratung, wenn man die draußen im konventionellen Anbau macht, würde ähnliche Effekte bringen. Dafür brauche ich aber Personal und Geld. Und der bayerische Staat war damals nicht in der Lage und nicht fähig, das zu tun. Er wollte es nicht. Man hat damals die Beratung runtergefahren, sehr radikal, und hat dieses Projekt damit eigentlich abgeschossen. Wenn wir die Beratung damals gemacht hätten... - wir haben zehn Jahre eigentlich verloren. Und das ist etwas, was uns als Konventionelle einfach ärgert. Wir kriegen ständig eine auf dem Deckel. Aber man hat auch Teile verpasst. Wir haben es auch nicht eingefordert. Wir waren der Meinung, na ja, es wird schon gut gehen. Jetzt geht gar nix mehr gut. Jetzt kriegen wir die Einschränkungen, ohne dass wir hohe Nitrat-Austräge haben. Wir haben keine hohen Nitrat-Austräge bei uns."
Bäcker bieten "Wasserschutzbrot" an
Christoph Hartmann, Wasserkundler an der Uni Bayreuth und bei der Gesellschaft für umweltgerechte Land- und Wasserwirtschaft "Geo Team", bestätigt:
"In Unterfranken ist vor allem das Problem mit der geringen Grundwasserneubildung, und dadurch entstehen die hohen Nitratgehalte im Grundwasser. Man muss sagen, dass auf vielen Standorten in Unterfranken auch ein optimaler Ackerbau im Grundwasser immer noch zu viel Nitrat erzeugt. Und dafür können die Landwirte absolut nichts. Und deshalb kann ich den Unmut über die neue Düngeverordnung auch gut verstehen, also beispielsweise die pauschale, zwanzigprozentige Reduzierung der Stickstoffdüngung halte ich so nicht für fachlich gerechtfertigt."
Immerhin aber verzichten mittlerweile mehr als 30 unterfränkische Getreidebauern auf die letzte Düngung des Backweizens vor der Ernte. Regionale Mühlen verarbeiten diesen Weizen mit geringerem Eiweißgehalt, Wasserversorger zahlen den Bauern einen finanziellen Ausgleich. Die Bäcker vermarkten das regionale Produkt als "Wasserschutzbrot". Auch die Umstellungsberatung auf Ökolandbau war in Unterfranken prinzipiell erfolgreich, bei Druschfrüchten, unter anderem Getreide und Futterpflanzen, hat sich die Ökofläche mehr als verdoppelt. Aber jetzt fehlen die Abnehmer zum Beispiel fürs biologisch erzeugte Futter, und die Preise auf dem Biosektor verfallen, bedauert Bernhard Schwab, Koordinator der Initiative Grundwasserschutz durch Ökolandbau.
Umstellung auf Bio muss sich lohnen
"Eine Tierhaltung, die im Öko-Bereich sehr viel mehr Auflagen zu erfüllen hat, auch persönliche Anforderungen an den Betriebsleiter stellt, die findet bei den Direktzahlungen keine Berücksichtigung. Hier wirken diese Direktzahlungen einseitig fördernd für einen Druschfruchtanbau - und dieses Übermaß an Erzeugung schlägt mittlerweile zurück."
Bauern vom Grundwasserschutz durch Ökolandbau zu überzeugen, das ist der Job des Koordinators bei der Bezirksregierung. Doch guten Gewissens kann er den nur machen, wenn der Bio-Verarbeitungs-Sektor genauso gezielt aufgebaut wird:
"Ich vermisse ein Locken und eine Besserstellung durch Bio im Bereich der übrigen Lebensmittelkette. Also ab, nach dem Landwirt ist Schluss. Ich denke, dass die Verarbeitung mit Investitionszuschüssen gefördert werden sollte und zwar mit Investitionszuschüssen, die auch verlässlich sind, und dass auch Personen dort bei diesen Unternehmen Klinken putzen."