Der Einsatz von Pestiziden gehört zu den wichtigsten Ursachen dafür, dass der Bestand vieler Insektenarten gesunken ist. Die Bereitschaft für einen besseren Insektenschutz sei bei seinen Kolleginnen und Kollegen da, sagte Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands im Dlf. Er sei sehr inspiriert von dem Modell der niederländischen Landwirte. Dort würden Agrarumweltmaßnahmen über sogenannte Landwirte-Kooperativen umgesetzt. "Das heißt, ein Zusammenschluss von Landwirten vereinbart sich mit Behörden und mit der Naturschutzseite über Schutzziele", so Krüsken.
Georg Ehring: Wie stellen Sie sich den Schutz von Insekten vor?
Bernhard Krüsken: Natürlich sehen die Landwirte das auch, dass sich die Biodiversität in der Agrarlandschaft verändert und auch nicht zum Guten verändert hat. Und ich denke auch, dass die Landwirte sehr stehen zu ihrem Teil an der Verantwortung. Immerhin: Landwirtschaft macht ja 50 Prozent der Fläche dieser Republik. Und ich glaube auch, dass viele Landwirte eine Bereitschaft haben, dort etwas zu tun, wenn man denn zu entsprechenden Vereinbarungen kommt und das auch honoriert bekommt.
Von Insektenwällen und Beetlebänken
Ehring: Wie kann denn der Schutz von Insekten ganz konkret aus Sicht der Landwirtschaft laufen?
Krüsken: Wenn wir die Entomologen fragen, dann sagen die immer wieder, Insektenschutz heißt Bereitstellung von Habitaten und von Nahrungsgrundlagen. Dann bin ich bei dem Punkt, dass wir Insektenschutz in der Agrarlandschaft organisieren müssen, aber das wesentlich gezielter machen müssen als mit pauschalen Verboten von Pflanzenschutzmitteln. Da gibt es eine ganze Reihe von Maßnahmen, die man machen kann, die wir auch jetzt schon im Instrumentarium haben, die wir aber noch weiterentwickeln müssen. Das ist alles, was mit Landschaftselementen zu tun hat, mit Randstreifen.
Es gibt auch in der Fläche applizierbare Maßnahmen, Extensivgetreide, Untersaaten, aber man kommt immer wieder zurück auf die Saumstrukturen. Das sind Feldrandstrukturen, Insektenwälle, Beetlebanks und was es da alles so gibt. Wir haben Projekte, in denen wir das getestet haben. Das sind natürlich keine Projekte, die in der Fläche umgesetzt werden, aber in denen wir relativ gut zeigen können, wie so etwas funktioniert.
Der Punkt bei allen diesen Einzelmaßnahmen ist erstens: Wir sagen, das muss man mit den Landwirten gemeinsam organisieren. Die Bereitschaft ist da. Und zweitens: Man muss auch zu neuen Formen kommen, wie man das organisiert. Was ich damit sagen will ist: Wenn man einen Landschaftstyp hat, dann müssen ja solche Maßnahmen einigermaßen konzertiert über die Fläche verteilt werden. Da sind wir sehr inspiriert von dem Modell unserer niederländischen Kollegen. Dort werden Agrarumweltmaßnahmen über sogenannte Landwirte-Kooperativen umgesetzt. Das heißt, ein Zusammenschluss von Landwirten vereinbart sich mit Behörden und mit der Naturschutzseite über Schutzziele und setzt die dann in Absprache mit den Landwirten um, sucht dann auch die Flächen raus, ist dann auch in der Lage, Saumstrukturen über relativ große Regionen einheitlicher Agrarlandschaften zu organisieren. Wir hören von der Naturschutzseite, dass dort auch große Sympathie für dieses Modell da ist. Das erfordert ein bisschen organisatorisches Umdenken in unserer Prämienverwaltung, insbesondere in der zweiten Säule, aber das ist alles lösbar und das ist eine große Chance.
Ehring: Insekten leiden ja unter Verlust von Lebensräumen gerade auch auf den Äckern. Können da kleine Demonstrationsflächen helfen?
Krüsken: Nein. Das ist ja auch nicht die Idee von solchen Demonstrationsflächen. Diese Projekte, die wir ja auch mitmachen mit der Naturschutzseite zusammen, sind ja Testlaboratorien. Man kann sich hier die Maßnahmen anschauen, man kann sie evaluieren. Man muss sie auch quantitativ evaluieren und dann sich die Grundlage dafür erarbeiten, solche Maßnahmen in der Fläche auch auszurollen. Wir reden jetzt gerade über unsere neue Agrarpolitik. Wir reden über das Instrument der Eco-Scemes, und natürlich reden wir über die Agrar-Umweltmaßnahmen, die klassischerweise immer schon am Start sind. Diese beiden Instrumente können wir ja auf der Grundlage solcher Erkenntnisse, die wir in Demonstrations- oder Pilotprojekten gewonnen haben, gestalten, und das, denken wir, ist ein sehr chancenreicher Weg, vor allen Dingen, weil er ein kooperativer Weg ist und nicht mit dem ordnungspolitischen Rasenmäher irgendwelche politischen Symbolerfolge einfährt, die den Insekten nichts nützen.
Ehring: Müsste man dafür die zweite Säule stärken? Bei den Agrarzahlungen geht ja derzeit noch sehr viel als Flächenprämien und wenig als gezielte Agrar-Umweltmaßnahme.
Krüsken: Was wir in der zweiten Säule brauchen ist auf jeden Fall eine stärkere Anreizkomponente, und wir sind ja gerade in der Diskussion darüber, wie die Umschichtung von der ersten in die zweite Säule stattfindet in Deutschland. Ich glaube, da werden wir auch zu einem Resultat kommen. Ich will nur sagen, auch das Instrument der Eco-Scemes, das ja im Moment noch nicht abschließend beschrieben und ausbuchstabiert ist, ist eine Chance dafür, einfach administrierbare und einfach umsetzbare Maßnahmen für Biodiversität zu machen. Ich glaube, das hätte in der Fläche auch mindestens so eine Reichweite wie die klassischen Agrar-Umweltmaßnahmen.
Abwägung zwischen Schutz und Bekämpfung
Ehring: Nun gibt es ja eine Reihe von Pestiziden, die sehr umstritten sind, beispielsweise Neonicotinoide, die die Orientierung von Fluginsekten stören. Die sind weitgehend verboten. Ist das für Sie in Ordnung?
Krüsken: Insektizideinsatz ist natürlich immer eine Abwägung zwischen dem Schutz von Nützlingen und der Bekämpfung von Schädlingen, und da ist es fast schon wichtiger, wie man solche Produkte und solche Wirkstoffe einsetzt, als die Frage, ob man sie denn überhaupt einsetzt, weil maßgeblich für negative Nebenwirkungen in Richtung Insektenschutz sind ja Anwendungszeiten, Anwendungsmengen, die Art und Weise der Anwendung, wenn Sie gerade die Neonics nehmen. Sie wissen, dass vor allen Dingen die Beizung das klassische Instrument ist. Da können Sie mit Bruchteilen der Wirkstoffmenge einen maximalen Schutz erzielen.
Und es gibt auch gerade für diese Stoffgruppe unterschiedliche Anwendungsgebiete und hier muss man gucken, haben wir blühende Pflanzen, haben wir nicht blühende Kulturpflanzen, wo wir sie einsetzen. Wir glauben schon, wenn man mit den richtigen Spielregeln und den richtigen Beschränkungen mit diesen Produkten arbeitet, dass ein Einsatz in gewissem Umfang noch möglich und zulässig ist in der Abwägung zwischen der Schutzwirkung, dem Schutz der Ernten und den möglichen Nebenwirkungen in Sachen Biodiversität.
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