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Baumaterial mit Zukunft

Bautechnik. - Holzbauweise ist im heutigen Deutschland eher ungebräuchlich. Das war früher anders, und so ist das Ziel der 9. Fachtagung Holzbau an der Fachhochschule Potsdam die Wiederentdeckung alter Holzbauweisen. Brandenburg mit seiner alten Tradition im Holzbau ist dafür der richtige Ort.

Von Wolfgang Noelke | 25.11.2005
    Brandenburg und dessen Holzbauten sind bei den Bau- Fachleuten so bekannt, dass die Brandenburger Kiefer sogar zum begehrten Exportartikel wurde, zum Beispiel in die USA, eines der Länder, in denen überwiegend mit Holz gebaut wird. So ein typisches Holzhaus, wie wir es aus amerikanischen Vorstädten kennen, bauen drei kräftige Handwerker innerhalb einer Woche auf und wenn nicht ein Wirbelsturm die ganze Konstruktion hinwegfegt, übersteht ein Holzhaus durchaus mehrere Menschen- Generationen. So beschäftigt man sich auf der Tagung in der Fachhochschule Potsdam zunächst mit historischen Holzbauten, die selbst in unserem Klima überlebt haben. Und die stehen hier fast vor der Tür: das bekannteste dürfte das Sommerhaus von Albert Einstein sein in dem Dorf Caputh. Im brandenburgischen Cottbus existiert noch eine alte holländische Turmwindmühle, die mit modernen Holzbauten zu einem Gesamtkomplex verbunden ist und im brandenburgischen Peitz eine acht Meter hohe Hochofenhalle mit einer sogenannten Bohlenbinderkonstruktion. Französische Handwerker bauten diese gewölbten Dachkonstruktionen im 18. Jahrhundert in Brandenburg - und man findet diese Bauweise hier noch in einigen Scheunen und Kirchen. Im Versuchslabor der Fachhochschule Potsdam unterzog Tagungsleiter Professor Bernd Steigerwald heute Nachmittag eine Bohlenbinder-Konstruktion dem Belastungstest:

    "Dieser Versuch wird uns zeigen, dass solche, ich will mal sagen, Minimalkonstruktionen durchaus sensibel behandelt werden müssen, sehr gut durchkonstruiert sein müssen, dass gerade Knick- und Kippgefahr für diese Träger durch andere Aussteifungssysteme in den Griff zu bekommen ist und dieses wollen wir mit diesem Versuch zeigen. Wir wollen ihn natürlich auch so weit bringen, dass wir es auch krachen hören, denn daraus kann man die meisten Lehren ziehen."

    Die vier Meter lange Holzkonstruktion, die einer doppelten bogenförmigen Tragkonstruktion für Brücken ähnelt, steht unter einer riesigen Presse. Von oben senkt sich ein stählerner Stempel auf die beiden Rundbögen. Und das war es auch schon nach 10 Minuten: bei 45 Kilonewton, dem doppelten der zugelassenen Belastung bricht die Bohlenbinderkonstruktion zur Seite. Solche Belastungstests sind notwendig, um die Sicherheitsanforderungen restaurierter, aber auch neuer Holzbauten zu gewährleisten. Das zweite - inzwischen entschärfte Problem, das man mit Holzbauten hatte, ist die Feuersicherheit. Die Brandschutzverordnung schrieb vor, dass Bauten grundsätzlich aus nicht brennbarem Material bestehen sollten. Das war mit ein Grund, warum in Deutschland die Holzbauweise vernachlässigt wurde. Jetzt schreibt die Brandschutzverordnung nur noch vor, dass Baustoffe eine gewisse Zeit feuerbeständig zu sein haben. Professor Steigerwald:

    "Im einfachsten Fall für 30 Minuten Feuerwiderstandsdauer ist es einfach eine Verdickung des Querschnittes um vielleicht zwei bei drei Zentimeter. Die verkohlende Holzschicht bildet eine Schutzschicht. Für weitere Verkleidung muss man natürlich dann auf echte Brandschutzverkleidung zurückgreifen, also Gipsfaser- Platten oder entsprechende Brandschutzplatten auf Perlite- Basis oder ähnlichen Werkstoffen."

    So darf man jetzt auch hier drei bis fünfgeschossige Holzhäuser errichten. Handwerker und Architekten müssen jedoch ein wenig anders planen, als bei einem Massivbau, denn so ein Holzhaus "lebt" und es setzt sich im Lauf der Jahre und Installationsrohre oder Kabel sollen diesen Bewegungen zerstörungsfrei folgen. Obwohl sich derzeit nur wenige Fachleute mit Holzbau beschäftigen, glaubt Professor Steigerwald an eine Holzbau- Zukunft:

    "Die ganze Diskussion der Nachhaltigkeit, die Umweltproblematik wird dazu führen, dass man die Bauteile und auch die Baustoffe beurteilt nach ihren Primärenergieinhalten, nach dem Nachwachsen der Rohstoffe, nach ihrer Wiederverwendbarkeit und da hat in die Zukunft gesehen gerade das Bauen mit Holz eine sehr große Chance. Für mich ist es der Baustoff des 21. Jahrhunderts."