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Bayer-Tochter Monsanto
Krebsrisiko durch Glyphosat?

Nächster Rückschlag für Bayer: Eine US-Jury gibt dem Unkrautvernichter Glyphosat aus dem Hause Monsanto eine Mitschuld an der Krebserkrankung eines Klägers. Für den deutschen Chemie-Riesen droht die Übernahme des US-Agrarkonzerns Monsanto damit zum unkalkulierbaren Risiko zu werden.

Von Jule Reimer |
Der Unkrautvernichter Roundup von Monsanto steht im Regal eines Geschäfts in San Rafael (Kalifornien).
Der Unkrautvernichter Roundup von Monsanto steht im Regal eines Geschäfts. (AFP/EDELSON)
Das glyphosathaltige Mittel Roundup sei ein "erheblicher Faktor" bei der Entstehung der Krebserkrankung eines 70-jährigen Kaliforniers gewesen, verkündete gestern die Geschworenenjury eines US-Bundesgerichts im Fall Edwin Hardeman. Dieser hatte seit den Achtziger Jahren auf seinem mehr als 20 Fußballfelder großen Grundstück das Unkrautvernichtungsmittel Roundup eingesetzt und leidet jetzt an einem Non-Hodgkin-Lymphom.
US-Prozess geht in Phase Zwei
Der Prozess in San Francisco rund um das Pflanzengift Glyphosat ist damit nicht zu Ende, sondern wird in Phase Zwei eintreten. Im ersten Teil ging es bis gestern nur rein wissenschaftlich um die Frage, ob ein Zusammenhang zwischen Glyphosat und einer bestimmten Form von Lymphdrüsenkrebs bestehen könnte. Ob ein Fehlverhalten des Monsanto-Konzerns oder gar Täuschung der Öffentlichkeit nachzuweisen ist, wird nun die kommende zweite Phase des Prozesses behandeln.
Grundsätzlich galt diese Zweiteilung als gute Ausgangsposition für den Bayer-Konzern, der sich davon eine kühle Prozessatmosphäre erhoffte. Bayer hatte Monsanto im Herbst 2018 übernommen und kämpft gleichzeitig gegen ein Urteil an, dass im vergangenen Jahr die Jury eines regionalen Gerichts in Kalifornien gefällt hatte.
Der Kläger sitzt im Gerichtssaal
Der krebskranken Kläger Dewayne Johnson bekam im Sommer 2018 in einem Prozess gegen Monsanto recht. (AFP/Josh Edelson)
Auf der Anklagebank saß damals noch Monsanto als Prozessführer und Hersteller von Glyphosat bzw. Roundup, und die Geschworenenjury erkannte dem an Krebs erkrankten Schulhausmeister Dewayne Johnson Schadenersatz in Höhe von fast 80 Millionen Dollar zu. Bei dieser Verurteilung spielten interne Monsanto-Emails eine wichtige Rolle, die ein ungutes Licht auf Moral und Manipulationswillen des Unternehmens warfen.
Der Bayer-Konzern hielt damals entgegen, die Mails seien aus dem Zusammenhang gerissen worden. Auch heute weist der Dax-Konzern die Vorwürfe eines Krebsrisikos von glyphosatbasierten Herbiziden entschieden zurück. Das Unternehmen sei zuversichtlich - so eine Stellungnahme - im zweiten Teil des Prozesses beweisen zu können, dass Monsanto nicht für Hardemans Krebserkrankung haftbar gemacht werden solle.
Prozess mit Signalwirkung
Insgesamt ist die Zahl der Schadenersatzklagen mittlerweile auf über 11.000 angewachsen - die meisten und vor allem in den USA getragen von dem Tenor: Monsanto habe nicht richtig über Gefahren informiert, ja sogar die Öffentlichkeit getäuscht. Der derzeitige Prozess vor dem Bundesgericht in San Francisco ist für Bayer deutlich brisanter als der Johnson-Fall in 2018, weil in ihm indirekt über 700 ähnliche Fälle gebündelt wurden.
Das Werk am Rhein in der Nacht mit dem beleuchteten großen Bayer-Kreuz. Das Bild wurde von der anderen Rhein-Seite aus fotografiert. Auf dem Fluss fahren zwei Schiffe.
Das Werk der Bayer AG im Chemiepark in Leverkusen (dpa)
Er gilt als sogenannter "Bellwether-Fall", dessen Ausgang eine wichtige Signalwirkung für andere Prozesse zugeschrieben wird, auch wenn das endgültige Urteil die verwandten Klagen rechtlich nicht bindet.
An der Frankfurter Börse brach die Bayer-Aktie am Tag nach dem Urteil zweistellig ein. Der Konzern hat parallel zur Übernahme von Monsanto höhere Rückstellungen für die Verteidigung in Glyphosat-Prozessen gebildet, allerdings dafür bisher keine Entschädigungszahlungen einkalkuliert.
Europäische Lebensmittelbehörde will Studien im Detail veröffentlichen
Im Vergleich zu den USA und zu Lateinamerika sind Monsanto respektive Bayer in Europa mit wenigen Gerichtsverfahren konfrontiert. In Frankreich klagt eine Reitplatzbesitzerin, die Roundup eingesetzt hatte und deren Sohn mit einer schweren Fehlbildung zur Welt kam.
Der Europäische Gerichtshof hat Anfang März 2019 die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA verpflichtet, alle Studien der Industrie, die für die Zulassung des Wirkstoffes Glyphosat von Bedeutung waren, im Detail zu veröffentlichen. Außerdem will die französische Verbraucherschutzbehörde Anses jetzt eine ausdrücklich "unabhängige Studie" zur Gefährlichkeit von Glyphosat erstellen.