Stolz präsentieren die rund 1.000 Einwohner im fränkischen Vorra in diesen Tagen noch immer ihren Osterbrunnen. Nach uralter Tradition bunt geschmückt, über und über mit bemalten Eiern behängt. Der Brunnen steht direkt vor dem Rathaus von Bürgermeister Volker Herzog, er ist seit fast 20 Jahren im Amt, SPD. Auf der anderen Straßenseite hofft der örtliche Italiener auf Kundschaft "Bei Toni". Im Dezember brannte einige Straßen weiter das alte Gasthaus "Zur goldenen Krone", das zum Flüchtlingsheim umgebaut worden war. Eine solidarische Menschenkette zog sich einen Tag später durchs Dorf. Tröglitz ist überall? Nein, heißt es aus Vorra:
"Ja, die Situation ist Gott sei Dank einigermaßen ruhig, trotz der Vorfälle in Tröglitz. Die Bevölkerung macht sich jetzt seine Gedanken dazu, das wäre ja schlimm, wenn es nicht so wäre."
Bis Januar untersuchte die Polizei den Anschlag, sicherte das Gebäude und zog dann aus Vorra ab, die Ermittlungen verliefen bislang ergebnislos, warum und wer den alten Gasthof angezündet hat? Er wisse nur über mehrere Ecken, so der Bürgermeister, dass im Sommer oder Herbst das Gebäude mit 60 oder 70 Flüchtlingen wie geplant belegt werden soll.
"Die Zuteilung kommt von oben, das ist halt so geregelt. Also mit dem Wünsche äußern, da bin ich sehr vorsichtig. Da wünscht sich der eine vielleicht Familien, der andere wünscht sich Frauen für seine Unterkunft. Ich weiß nicht, ob so eine Klassifizierung so günstig ist. Und wo kommen die hin, die keiner will?"
Drohungen wie sein Kollege in Tröglitz habe er nie bekommen, betont Herzog. Der Eigentümer des Gebäudes, ein Nürnberger Immobilienhändler, hat nicht aufgegeben und saniert derzeit die beim Brand zerstörte zukünftige Flüchtlingsunterkunft. Mindestens 20 Euro pro Tag und Person bekämen die Vermieter im Schnitt, heißt es. Ein einträgliches Geschäft. Irgendwann werden die Menschen dann mit Bussen kommen, soviel ist klar, sagt der Bürgermeister. Aber wer dort kommt? Nach dem Brandanschlag seien einen Ort weiter, in Alfalter, 25 Flüchtlinge im dortigen Gasthaus untergebracht worden. Die wussten von Vorra. Keine einfache Sache. Die verweigerten die Essenspakete. Daraufhin fuhr sie Bürgermeister Herzog eigenhändig zum Supermarkt. Eine Erstattung der Kosten? Herzog winkt ab.
"Es soll hier in Vorra so bleiben"
Wieder auf der Straße. Ein 19-Jähriger trägt seinem Vater einen Sack Erde zum Auto. Daneben lärmt die Baustelle des künftigen Flüchtlingsheims:
"Also ich kann da nicht so viel dazu sagen. Bin gespannt wie das alles abläuft, aber sonst... Mal schauen, wie es wird mit denen, man hat auch oft ein wenig Bedenken, ob sie sich gut einfügen oder nicht, aber mal schauen. Ich gehe jetzt mal vom Guten aus."
Ob er denn eine Vorstellung hat, wer denn dort wohnen sollte? Familien, Frauen, Männer?
"Das ist mir eigentlich egal. Es soll hier in Vorra nur so bleiben und dass die sich gut einfügen und kein Chaos machen."
Dass der Anschlag bis heute nicht aufgeklärt ist, beunruhige ihn, sagt ein anderer Nachbar vor seinem Haus fast gleich neben dem eingerüsteten zukünftigen Flüchtlingsheim. Das verlaufe einfach im Sand - wenn man wenigstens wüsste, aus welcher Ecke dieser Hass käme:
"Na ich hoffe, dass da mal Ruhe ist, dem muss man einfach Einhalt gebieten, da muss was passieren. Die Fußballstadien sind abgedeckt mit immens vieler Polizei und für Menschen, die in Not sind, tun wir nichts. Also da stimmt's doch nicht ganz. Das in Tröglitz, ich glaub da wird es immer schlimmer, das sind bestimmt irgendwelche Gruppen, die das ausnutzen."
Die nächsten Anschläge werden kommen, ist er überzeugt. Der Anschlag in Vorra kam nicht aus dem Ort, sondern von genau diesen Gruppen, meint er vier Monate danach immer noch. Die würden sich Ziele in Deutschland aussuchen und dann dahin fahren. Diese Meinung hört man in Vorra immer wieder. Es scheint einfacher, wenn man die Täter nicht im eigenen Dorf vermuten muss.
"Schwierigkeiten, die Menschen ordentlich unterzubringen"
Im Pfarramt nebenan.
"Das geht natürlich nicht spurlos an einem vorüber. Auch wenn man jetzt dort sieht, was da passiert ist, dann kommen die Bilder von damals bei uns wieder hoch und man stellt sich immer wieder neu die Frage: wie und wo das überall noch passieren kann oder soll."
Noch vor dem Brandanschlag auf das Haus nebenan, Mitte Dezember, hatte Pfarrer Björn Schukat den Freundeskreis gegründet, man hatte sich vorbereitet, das neue Flüchtlingsheim begutachtet.
"Wir haben schon auch ein Stück weit das Gefühl gehabt, dass die Flüchtlinge uns geschickt werden und wir das Gefühl hatten: Die werden das schon machen, die kommen da schon klar, die Leute, gibt ja da die Kirche und die Ehrenamtlichen und den Bürgermeister, das läuft dann schon. Nein, das läuft eben nicht immer ganz so und da ein bisschen mehr Kommunikation zusammenzufinden, das wäre nicht schlecht, ja."
Nein, er habe noch keine Drohungen bekommen wie sein Kollege im Burgenlandkreis, betont Armin Kroder, der zuständige Landrat Nürnberger Land in Lauf an der Pegnitz. Er lacht nervös, wenn es um die Verteilung der Flüchtlinge geht. Das sei einigermaßen kompliziert, sagt er:
"Also die große Handlungsfreiheit haben wir ehrlich gesagt nicht, wir haben Schwierigkeiten, die Anzahl der Menschen, die zu uns kommen, ja, rechtzeitig und ordentlich unterzubringen, also eine große Wahlentscheidung, wer jetzt wann wohin kommt, die gibt es faktisch eigentlich nicht."
In Vorra werden die 70 Flüchtlinge untergebracht - wie, wann und wer auch immer. Dann gut ein Jahr nach dem Brandanschlag und keiner weiß, wie es weitergehen soll.