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Bayern klagt gegen VW
Im Interesse der Beschäftigten handeln

Der Freistaat Bayern will VW wegen der Folgen des Abgasskandals auf Schadensersatz verklagen. Das sagte Finanzminister Markus Söder am Rande eines Termins in Nürnberg. Man müsse jetzt im Interesse der Beschäftigten handeln. Der bayerische Pensionsfonds hatte durch den enormen Kursverlust der VW-Aktie einen Schaden von etwa 700.000 Euro erlitten.

Von Susanne Lettenbauer |
    Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) spricht am 09.12.2015 während einer Plenarsitzung im bayerischen Landtag in München (Bayern)
    Ein Versuch, den Pensionsfond aus den Schlagzeilen zu holen? Markus Söder kündigt an, dass der Freistaat Bayern VW verklagen will. (dpa / picture-alliance / Matthias Balk)
    Finanzminister Markus Söder klingt, als sei ihm die Angelegenheit lästig. Der Freistaat als Besitzer des bayerischen Pensionsfonds müsse gegen VW klagen, es gehe um die Beamten in Bayern und ihre Pensionsansprüche, da stehe er in der Pflicht:
    "Im Interesse der Beschäftigten muss der bayerische Pensionsfond, also der Freistaat Bayern VW verklagen auf Schadensersatz von maximal 700.000 Euro."
    Man sei noch ganz am Anfang, betont der Minister am Rande eines Termins in Nürnberg. Man bereite jetzt die zivilrechtliche Klage vor, ehe sie im September beim Landgericht Braunschweig eingereicht werde. Bayern wende sich mit der Klage gegen die Verletzung der Mitteilungsverpflichtung laut Wertpapierhandelsgesetz. Aktiengesellschaften müssen demnach ihre Anleger sofort über Kursschwankungen oder Unregelmäßigkeiten informieren. Das sei nicht geschehen, so Söder. Man habe jahrelang auf eine stabile Kursentwicklung bei VW gesetzt und sei von dem Einbruch der Aktie um bis zu 40 Prozent überrascht worden:
    "Ganz klar, es geht um die entsprechenden Aktienkurse aufgrund der Manipulationen während der Abgasaffäre, uns wurde auch geraten, eine solche Klage einzureichen im Interesse der Beschäftigten und das tun wir jetzt."
    Weitere Bundesländer könnten klagen
    Doch allein die Schadenssumme, auf die Bayern VW verklagen will, zeigt, es geht hier um mehr als nur um die maximal 700.000 Euro Schadensersatz, Peanuts im Vergleich zu den Summen, die VW in den USA zahlen musste. Bayern ist das erste Bundesland, das gegen den deutschen Konzern vorgeht. Andere Bundesländer könnten sich daran ein Beispiel nehmen, zu Lasten des Aktienkurses – und das weiß der Finanzminister. Die Versorgung seiner Beamten sei ihm aber wichtiger:
    "Ja da gibt es ja sogar Mustervorgaben, die vom Landgericht Braunschweig gemacht werden, das heißt, es ist sozusagen sogar eine Empfehlung der zuständigen Stellen und der kommen wir jetzt nach. Es geht hier um die bayerischen Beamten und ich sehe jetzt nicht ein, dass am Ende niedersächsische Konzernmanager zu Lasten bayerischer Beamten arbeiten. Da müssen wir uns auf die bayerischen Hinterfüße stellen."
    Pensionsfond aus den Schlagzeilen holen
    Die Klage kann aber auch als Versuch verstanden werden, den Pensionsfond aus den Schlagzeilen zu holen. Die über 2 Milliarden Euro Rücklagen würden in klimaschädliche Unternehmen fließen, die mit Öl, Gas oder Kohle ihr Geld verdienen. Ebenso in Tabak- und Rüstungskonzerne, wurde kürzlich bekannt. Derzeit zahlt der Freistaat die Pensionen noch aus dem laufenden Etat, ab 2023 sollte dafür der Fond angezapft werden.
    "Ja der bayerische Pensionsfond zum Schutz und zum Abgleich der Zukunft für die bayerischen Beamten würde dadurch fast 700.000 Euro verlieren und das ist einfach zu viel. Das wollen wir von VW zurückhaben, denn durch diese Manipulationen und schlechten Informationen an den Börsen entsteht so ein Schaden, den wir jetzt geltend machen."
    Die angekündigte Klage lässt auch innerhalb der CSU tief blicken. Der verantwortliche Verkehrsminister Alexander Dobrindt, CSU, hatte sich lange Zeit gelassen mit einer gründlichen Aufklärung des Abgasskandals, zudem tritt der Verkehrsminister dafür ein, dass die Manipulationen der europäischen - und vor allem der deutschen - Autoindustrie an der Abgasreinigung ihrer Fahrzeuge legalisiert wird - und zwar nicht nur bei den auf der Straße befindlichen Modellen, sondern auch bei zukünftigen Fahrzeuggenerationen. Ob das den Kursdifferenzschaden, den der bayerische Pensionsfond jetzt einfordert, rückgängig macht, sei dahingestellt. Finanzminister Söder zeigt aber seinem Parteikollegen Dobrindt, der auch schon mal als Kronprinz gehandelt wurde, wer in Bayern die Richtung bestimmt.