Stimmung wie auf einem Klassentreffen. Schulleiter, Ministerialräte und Lehrer aus allen bayerischen regierungsbezirken trafen sich heute Vormittag im Münchner Kultusministerium, um ein wenig sich zu feiern, aber auch die neuen Möglichkeiten bei der Hochbegabtenförderung durch den "Karg Campus Schule Bayern". Endlich bekomme die Arbeit, die auf diesem Gebiet von acht Gymnasien in Bayern geleistet wird, die Anerkennung und Förderung, wie sich das die Schulen vorstellen, meint Elisabeth Götz, die Schulleiterin des Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasiums von Bayreuth:
"Wir kommen mit ganz großen Erwartungen her und hoffen jetzt eine Unterstützung für all das zu bekommen, was wir seit vier Jahren aus eigener Kraft und Neugierde unternommen haben. Wir haben Reisen unternommen, haben Schulen angeschaut, haben uns selbst weitergebildet. Und jetzt bekommen wir viel Rückenwind und Unterstützung für das Unternehmen - und da freuen wir uns wahnsinnig drauf."
Hochbegabung bedeutet mehr als bloß einen hohen IQ
Vor zwölf Jahren wurde die erste Klasse speziell für Hochbegabte südlich von München eingerichtet. Ein Novum nicht nur für Bayern. Learning by doing hieß die Weiterbildung damals. Auf Eigeninitiative hin wurden Kooperationen mit der Technischen Universität geknüpft. Doch Eltern bemängelten, dass auch bei den Hochbegabtenklassen nur die Zensuren zählten und nicht die oftmals schwierigen Persönlichkeiten der begabten Schüler. Hochbegabung fördern heiße ja nicht nur diagnostisch festzustellen, dass ein besonders hoher IQ vorliege, sondern sei viel komplexer so Ingmar Ahl, Vorstand der Karg-Stiftung, die den "Karg Campus Schule Bayern" initiiert hat:
"Qualifizierung - das heißt im Umgang mit Hochbegabung nicht einfach nur: Da kommt jemand und hält einen Vortrag und dann erwächst daraus eine inspirierende Situation und alles wird gut an dieser Schule. Sondern Weiterbildung beim Thema Hochbegabung ist ein komplexes Vorhaben, bei dem es passgenaue Curricula braucht für die individuelle Förderung hochbegabter Kinder, für die pädagogische Diagnostik hochbegabter Kinder einerseits. Andererseits müssen sie diese Schulen auch begleiten über einen längeren Prozess."
Das Projekt besteht grundsätzlich aus fünf Modulen, so Ahl, die die Schulen in der Diagnostik und der Förderung hochbegabter Schulen weiterbilden. Diese Module zielen zuallererst einmal auf ein Kompetenzteam, darüber hinaus gibt es weitere Bildungsmöglichkeiten, die die gesamte Schule fit machen will für mehr Sensibilität beim Entdecken der besonderen Talente.
Sylke Wischnevsky hat als Leiterin des Taube-Gymnasiums Gauting die längsten Erfahrungen bei der Hochbegabtenförderung, trotzdem erhofft sie sich mithilfe des zweijährigen Projekts noch andere Schulen aus ihrer Region für das Thema zu begeistern:
"Jeder, der meint, er sei jetzt soweit, bewegt sich rückwärts. Wir haben jetzt ein Kompetenzteam gebildet für den Karg Campus, die drei Kollegen, zwei Kolleginnen und ein Kollege, kriegen jetzt eigene Fortbildungen in unserer Lehrerfortbildungsakademie in Dillingen und kriegen dann für diese Arbeit in der Schule aber natürlich auch als Multiplikatoren in der Region zum Beispiel Anrechnungsstunden. Das heißt sie brauchen nicht mehr so viel Unterricht geben und dafür dann außerhalb der Schule tätig sein und das natürlich auch wieder in die Schule einspeisen. Je mehr Zeit man für so etwas hat, umso besser."
Über die Grenzen der Schularten hinaus blicken
Anders als in Nordrhein-Westfalen, wo sogenannte Talentescouts an den Schulen auf der Suche nach talentierten Schülern unterwegs sind und personell aufgestockt werden, soll in Bayern der Schwerpunkt auf den Lehrern selbst liegen, betont Bildungsstaatssekretär Georg Eisenreich heute vor den Schulvertretern:
"Die Lehrkräfte sollen nochmals besonders weitergebildet werden. Sie sollen Materialien erarbeiten, damit dieses Know-how dann auch anderen Schulen zur Verfügung steht. Und wir freuen uns, dass wir hier zusammen mit der Karg-Stiftung dieses Projekt angehen."
Ob sie an anderen Schulen ihre Kollegen weiterbilden oder ihre Lehrerkollegen aus Grundschulen und Realschulen einladen, in den Hochbegabtenklassen zu hospitieren, das entscheidet jede der jetzt benannten Kompetenzschulen eigenständig. Der Blick über die Schularten hinaus sei wichtig, sagt Norbert Bauer, Leiter des Deutschhaus-Gymnasiums in Würzburg. Denn neben den acht beteiligten Gymnasien gibt es noch zwei Realschulen mit je einer Hochbegabtenklasse in Bayern.
"Gerade der Blick über die Grenzen von Schularten hinweg ist hilfreich, ganz besonders natürlich an der Schnittstelle von Grundschule und Gymnasium."
So ganz uneigennützig ist der Karg Campus Schule Bayern nicht. Bayern steckt auch deshalb jetzt so viel Gelder in die Hochbegabtenförderung, weil das Bundesbildungsministerium ab dem kommenden Jahr 2016 ein Programm für die Förderung potenzieller Hochleister auflegt und darin auch die Bundesländer mit einbeziehen will.