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Fußball-Bundesliga
FC Bayern München: Meister aus Routine

Der FC Bayern München bezwingt Borussia Dortmund mit 3:1 und wird drei Spieltage vor Schluss deutscher Fußballmeister - schon wieder. Es ist der 32. Titel insgesamt und der zehnte in Folge. Kein Team aus Europas Topligen hat je derart dominant gespielt. Für die Bundesliga kann das auch zum Problem werden.

Von Christian von Stülpnagel | 24.04.2022
Bayern-Trainer Julian Nagelsmann feiert die Deutsche Meisterschaft mit einem Schluck Weizenbier.
Bayern-Trainer Julian Nagelsmann feiert die Deutsche Meisterschaft mit einem Schluck Weizenbier. (IMAGO/ULMER Pressebildagentur)
Der FC Bayern München hat es also wieder einmal gemacht und die deutsche Fußball Meisterschaft gewonnen. Zum 32. Mal in der Vereinsgeschichte, und bereits zum zehnten Mal hintereinander. Kein Wunder, dass auf dem Rasen nicht mehr ganz so groß gefeiert wurde.
Die Party des alten und neuen Meisters hatte etwas Routiniertes: Kurz nach dem Abpfiff lief „Stern des Südens“, dazu die obligatorische Bierdusche mit überdimensionierten Weißbiergläsern. Auch über Julian Nagelsmann, für den es als Trainer der erste große Titel ist: "Ich habe mal gelesen, dass eine Bierkur für die Haare ganz gut sein soll."
Das hat der Bayern-Trainer schon vor dem Spiel gegen die Dortmunder über die bevorstehende Bierdusche gesagt. Denn dass die Bayern auch in dieser Saison wieder Meister werden, war schon da so gut wie klar. Die Bayern hätten sonst eigentlich alle letzten Saisonspiele verlieren müssen, was bei dem bisherigen Saisonverlauf nicht zu erwarten war.

Meisterfeier nach "Deutschem Clásico"

Einzige Besonderheit: Diesmal konnten die Bayern im sogenannten "Deutschen Clásico" gegen Dortmund im eigenen Stadion die Meisterschaft perfekt machen. Was für Bayern-Spieler Leon Goretzka eine extra-Motivation war, wie er nach dem Spiel sagte: "Ich glaube, dass es für uns noch einmal die Chance war, diese Saison ein Highlight zu erleben. Geile Stimmung, geiler Gegner, geiles Spiel. Das war dann am Ende eine glückliche Fügung, dass die Konstellation so war."
Denn auch das ist richtig, die Meisterschaft ist nur ein Trostpreis für die erfolgsverwöhnten Münchner. In der Champions-League im Viertelfinale überraschend gegen Villarreal ausgeschieden, im DFB-Pokal war bereits in der zweiten Runde gegen Gladbach Schluss. So blieb „nur“ die nächste Meisterschaft. Selbst Ehrenpräsident Uli Hoeneß beklagte sich in der Süddeutschen Zeitung über zu viel Titelroutine. Er ärgere sich über die geringer werdende Außenwirkung und darüber, dass sich kein Mensch mehr freue.

Lahm: "Es muss enger sein"

"Ja, das ist nicht gut natürlich. Und für die Bayern ist es auch nicht gut, dass sie so früh Meister sind", sagte auch Philipp Lahm, selbst als Spieler achtmal Meister mit den Bayern, im ZDF-Sportstudio. "Es kann passieren, dass sie nacheinander Meister werden, aber es muss enger sein! Also dass die Bundesliga bis zum Schluss auch wirklich spannend ist, und nicht immer schon vier Spieltage vor Schluss entschieden ist."
In den vergangenen zehn Jahren hat Bayern die Meisterschaft nur einmal mit weniger als 10 Punkten Vorsprung geholt. Das liegt nicht nur an der eigenen Stärke, sondern auch an Herausforderern, die zu inkonsistent spielen, wie BVB-Trainer Marco Rose zugibt: "Dafür haben wir einfach zu viel liegen lassen und zu viele Gegentore kassiert, zu viele individuelle Fehler."
So war es auch im gestrigen Spiel. Es war keine Show der Bayern, die die Dortmunder nach Belieben dominiert haben. Nach den Führungstreffern von Serge Gnabry und Robert Lewandowski in der ersten Hälfte hatte Dortmund zu Beginn der zweiten Halbzeit Chancen, mehr als nur den Anschlusstreffer zu erzielen. Am Ende hatten die Bayern bei einer Elfmeterentscheidung Glück – und Jamal Musiala, der mit seinem 3:1 kurz vor Schluss die Meisterschaft perfekt machte.

Rose: "Zu viele Verletzte, zu viele Gegentore"

BVB-Trainer Rose gibt die Schwächen seiner Mannschaft unumwunden zu: "Wir haben zu viele Verletzte, wir haben zu viele Gegentore. Wir haben überall Potenzial, wir haben schwer enttäuscht in Cup-Wettbewerben. Wir hatten gefühlt für mich, der neu hier ist, nur ein Highlight Spiel, das war letzte Woche gegen Wolfsburg. Volles Stadion, tolles Wetter, überragende Kulisse. Wir waren alle eine Einheit. Und davon brauchen wir nächstes Jahr mehr, daran müssen wir arbeiten und da müssen wir eine Menge Energie reintun."
Dass Topstürmer Erling Haaland vermutlich vor seinem Abschied steht, macht die Lage in Dortmund nicht gerade leichter, wenngleich hinter den Kulissen wohl auch etliche Neuzugänge geplant werden. Fix ist unter anderem Nationalmannschaftsverteidiger Niklas Süle, der ablösefrei aus München kommt. Auch beim Rekordmeister deutet sich ein Umbruch an, wenngleich Sportdirektor Hasan Salihamidzic bei Sky einen vorzeitigen Abgang von Superstar Lewandowski ausschloss: "Wir haben noch nicht verhandelt. Jetzt warten wir ab, wie die Gespräche laufen. Aber dass er einen Vertrag hat bis 2023 ist klar."
Lewandowski selbst, der auch in diesem Jahr wieder, dann zum fünften Mal in Folge Torschützenkönig wird mit aktuell 33 Treffern in 31 Spielen, hatte Spekulationen in den letzten Tagen genährt. Das Personalkarussell könnte wieder etwas Spannung bringen, meint auch Ex-Bayern-Spieler Stefan Effenberg bei Sport1: "Ein größerer Umbruch bei Dortmund, ein kleinerer bei Bayern und keiner in Leipzig. Das kann vielleicht das I-Tüpfelchen werden, das Leipzig wirklich in den Meisterschaftskampf eingreift."
Aber auch für BVB-Trainer Rose steht fest, dass er die Meisterschaft weiter fest im Blick behält: "Wir werden schon weitermachen!"