Markus Söder ist im bayerischen Landtagswahlkampf nicht nur Spitzenkandidat der CSU, sondern auch einer von rund neuneinhalb Millionen Wahlberechtigten. Dass Söder Söder wählt, steht wohl außer Frage. Dennoch klagt der Ministerpräsident am Morgen im ZDF-Morgenmagazin die Demoskopen an:
"Es gibt ja jeden Tag eine andere Umfrage, ja. Und ich wurde noch nie im Leben angerufen- Wär auch mal interessant, wenn das Politbarometer meine Meinung mal hört."
Die Wählermeinung jedenfalls ergibt seit Wochen das gleiche Bild in den Umfragen: Im jüngsten ZDF-Politbarometers liegen die Christsozialen bei 34 Prozent, und damit weit unter der magischen 40-Prozent-Grenze. Markus Söder sagt zwar: "Ich bin überhaupt nicht nervös."
Absturz sei Folge der Bundespolitik
Doch bei der Landtagswahl 2013 hatte die CSU noch die absolute Mehrheit errungen. Der steile Absturz jetzt, den die Demoskopen vorhersagen, sei Folge der Bundespolitik:
"Der eine, der sagt, Berlin spielt eine große Rolle, der andere möchte einen Denkzettel geben. Die Kanzlerin selber hat ja letzte Woche beim Deutschlandtag der Jungen Union gesagt, hm, ein bisschen sind wir schon verantwortlich für die Schwierigkeiten – ob Maaßen, ob Diesel, und Ähnliches mehr. Und ich will einfach nur eins klar machen: Es geht am Sonntag nicht um Berlin, es geht um Bayern."
Doch in Zeiten, in denen die CSU in Berlin mitregiert, lassen sich Bundes- und Landespolitik nicht so leicht auseinanderhalten, wie Söder das gern hätte.
"Es gibt eine alte Demoskopen-Regel, und die heißt: Zwist ist Mist." Sagte am Morgen im Deutschlandfunk Klaus-Peter Schöppner vom Meinungsforschungsinstitut mentefactum.
"Und da trifft es die CSU gleich drei Mal: Sie hat ja einmal den Koalitionsstreit mit dem Koalitionspartner CDU. Dann den Koalitionsstreit insgesamt, was die Regierung anbelangt. Und letztendlich noch den Streit innerhalb der CSU. Und drei Mal Streit heißt, dass nur noch diese Zwistigkeiten in die Vorstellung der Wähler gelangen und überhaupt nicht mehr über die Politik, über Inhalte geredet wird."
Soziale Probleme, aber SPD kann nicht profitieren
Zum Beispiel über teure Mieten, die Wohnungsnot und andere sozialpolitische Themen – Die sind vielen Wählern in Bayern wichtig, doch die SPD profitiert davon nicht. Im Gegenteil, sie liegt bei mageren zwölf Prozent in den Umfragen. Dass Parteichefin Andrea Nahles nun in einem Zeitungsinterview eine Abkehr von der Agenda 2010 ankündigt, überzeugt die Parteilinke Hilde Mattheis nicht:
"Wenn wir weiter unser Koordinatensystem nach rechts verschieben, ist das so wie in anderen europäischen Ländern, dass wir nicht mehr sichtbar sind. Ich persönlich bin der Auffassung, dass man irgendwann mal einen Schnitt machen muss, um nicht ganz unterzugehen." Sagt Mattheis am Morgen im Deutschlandfunk.
Verhaltene Freude hingegen bei den Grünen angesichts der Umfragewerte von bis zu 19 Prozent. Sie könnten am Sonntag erstmals zur zweitstärksten Kraft im bayerischen Landtag aufsteigen. Bundesgeschäftsführer Michael Kellner klingt selbstbewusst:
"Das ist einfach ein Zeichen dafür, dass uns wirklich ein Aufbruch nach der Bundestagswahl gelungen ist. Und dass wir diesen klaren Einsatz für Klimaschutz, für den Kampf gegen Ungleichheit, dass wir das in einem ganz breiten Bündnis schaffen, voranzubringen, und das ist unser Ziel. Und dafür arbeiten wir."
Schwarz-Grün wäre rechnerisch zwar sehr gut möglich in München, politisch könnte es die Grünen in Bund und Land aber in eine schwere Glaubwürdigkeitskrise bringen, wenn sie mit der CSU koalieren würden. Bei vielen Themen – etwa bei der Abschiebung von Flüchtlingen oder den Diesel-Fahrverboten – liegen beide Parteien völlig über Kreuz. So oder so zeichnet sich eine äußerst schwierige Regierungsbildung in Bayern ab: Bis zu sieben Parteien könnten in den Landtag einziehen.