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BBC World News
"Nachrichten ohne Voreingenommenheit"

Vor 30 Jahren startete die BBC ihren ersten internationalen Fernsehkanal. Inzwischen gehört BBC World News zu den wichtigsten Nachrichtensendern weltweit – und das Publikum wächst, sagte Senderchefin Liz Gibbons im Deutschlandfunk.

Liz Gibbons im Gespräch mit Bettina Schmieding |
Das Logo von BBC World News auf einem Fernsehbildschirm
30 Jahre BBC World News (dpa/Udo Weitz/ Bearbeitung: Deutschlandradio)
Am 11. März 1991 startete die BBC ihren Nachrichtenkanal BBC World News, damals noch unter dem Namen World Service Television. Seither begleitet der Pay-TV-Kanal BBC World News die aktuelle Nachrichtenlage für ein internationales Publikum und erreicht nach eigenen Angaben mehr als 110 Millionen Menschen pro Woche. Zum Programm gehören neben Nachrichtensendungen auch Debattenrunden und Dokumentationen.
Das Interview mit Liz Gibbons in englischer Originalversion
Bettina Schmieding: Wenn es BBC World News noch nicht gäbe: Hätte ein solcher Kanal heute eine Chance, gegründet zu werden?
Liz Gibbons: Absolut. Es gäbe ein ganz unwiderstehliches Argument dafür, diesen Sender ins Leben zu rufen, wenn es ihn nicht schon längst gäbe. Denn es gibt ja bereits die Reputation der BBC als vertrauenswürdige, globale Nachrichtenquelle – auch unabhängig von BBC World News. Manche mögen der Meinung sein, dass 24-Stunden-Nachrichtenkanäle im Niedergang sind. Oder man könnte der Meinung sein, dass der Aufstieg digitaler Medien dies bewirken würde. Aber das ist nicht der Fall. Unser Publikum wächst. Die Menschen wenden sich in großer Zahl gerade den Nachrichten im Fernsehen zu, besonders im letzten Jahr. Die Rolle des Moderators, der glaubwürdige Nachrichten präsentiert, ist sehr wichtig in der Nachrichtenwelt.
Schmieding: Wir sprechen von Ihrem Publikum: Was wissen Sie darüber? Wer nutzt heute BBC World News?
Gibbons: Wir wissen, dass 112 Millionen Menschen jede Woche BBC World News nutzen. Das sind 12 Prozent mehr als im Vorjahr. Unser Publikum möchte unsere unparteiischen, unabhängigen Nachrichten. Es möchte über Nachrichten informiert werden, die die Welt verändern. Die Pandemie, die US-Wahl, Brexit: Von diesen Geschichten, mit Auswirkungen weit über ihren Entsehungsort hinaus, möchten die Menschen erfahren.

Keine negativen Konsequenzen durch den Brexit

Schmieding: Sie haben den Brexit erwähnt. Dieses Thema hat sicherlich Ihr Programm stark geprägt. Abgesehen vom Brexit als ein journalistisches Thema: Hatte der Brexit für Sie als internationaler Sender Konsequenzen?
Gibbons: Keine negativen Konsequenzen würde ich sagen. Wir konnten keine Indikatoren dafür sehen, dass Menschen in anderen Ländern BBC World Service seit dem Brexit nicht mehr als Quelle für Informationen nutzen. Aber natürlich war es für uns ein herausforderndes Thema. Gleichwohl waren wir der Meinung, dass es wirklich wichtig ist, unser internationales Publikum gut darüber zu informieren.
Liz Gibbons ist Nachrichtenchefin bei BBC World News. Zuvor war sie unter anderem Redakteurin bei BBC2 und stellvertretende Chefredakteurin der BBC-Nachrichtensendung "Newsnight".


Schmieding
: Fake news und Desinformation sind zwei Begriffe, mit denen sich Journalisten zurzeit beschäftigen müssen. Sie sehen sich selber als die Nachrichtenmarke, der man weltweit am meisten vertraut. Was zeigen Ihre Umfragen: Stellen Sie bei Ihrem Publikum einen Vertrauensverlust fest?
Gibbons: International können wir das nicht feststellen. Tatsächlich zeigen unsere Umfragen, dass unser internationales Publikum der BBC so wie stets vertraut. Einer interessanten, aktuellen Digitalanalyse zufolge bevorzugen 60 Prozent der Menschen in Nordeuropa Nachrichten, die ohne Voreingenommenheit gemacht werden. Nur eine Minderheit von 28 Prozent wünscht sich Nachrichten, die die eigene Meinung stützen.

Auswertung der Sozialen Medien

Schmieding: Während der US-Wahlnacht haben Sie durchgehend gesendet. So wie andere Sender auch. Aber bei Ihnen waren Faktenchecker dabei. Warum haben Sie sich dafür entschieden und was haben die gemacht?
Gibbons: Das haben wir nicht spezifisch für die US-Wahl gemacht. Wir haben eine Marke namens "Reality Check", die wir überall auf unseren Plattformen platzieren. Das sind Journalistinnen und Journalisten, die sich damit beschäftigen, Nachrichten oder Behauptungen von Politikern oder anderen auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, sobald sie veröffentlich werden. Dieses wichtige Angebot machen wir in den sozialen Medien, im Fernsehen und im Radio. Während der US-Wahl hatte das natürlich eine besondere Bedeutung.
Schmieding: Welche Rolle spielen Soziale Medien für einen internationalen Rundfunksender?
Gibbons: Soziale Medien sind äußerst wichtig, und sie werden immer wichtiger für uns. Wir haben ein Team mitten im BBC newsroom, das Posts und Videos in den Sozialen Medien auswertet und auf Wahrheitsgehalt und Herkunft überprüft. Wir versuchen auch, in unseren Nachrichten, da, wo es angebracht ist, Inhalte von Nutzern zu verwenden. Die erste Person, die bei einem Ereignis vor Ort ist, kann ein Augenzeuge sein, und das Material, das sie aufnimmt, kann Geschichte schreiben. Für uns ist dieses Material unglaublich wichtig. Deshalb müssen wir sicher sein können, dass es echt ist. Das ist eine große journalistische Herausforderung, aber eine wichtige.

Ein großer globaler Fußabdruck

Schmieding: Sie erwähnten die Pandemie. Ihre Teams sind überall auf der Welt. Mussten Sie einige zurückholen?
Gibbons: Wir mussten keine Teams nach Hause holen. Allerdings schicken wir derzeit deutlich weniger Leute raus zu großen Events. Wir unterhalten Büros in 72 Städten in 53 Ländern – wahrscheinlich haben wir mehr Journalisten in mehr Ländern als jeder andere Sender. Unser globaler Fußabdruck ist wirklich sehr groß.
Schmieding: Sie machen Ihren Umsatz mit Werbung und nicht mit Rundfunkgebühren. Da die Weltwirtschaft zurzeit schrumpft: Welche Konsequenzen hat das für Sie und ihr Geschäftsmodell in der Pandemie?
Gibbons: Das kommerzielle Umfeld ist hart. Aber wir sind nicht das einzige Unternehmen, das unter der Pandemie leidet. Wir wollen den Kanal näher an das öffentlich-rechtliche Nachrichtenangebot im Inland bringen und hier besser zusammenarbeiten. Wir waren durch die Pandemie bereits dazu gezwungen und haben daraus eine Menge interessanter Lektionen gelernt. Ich kann mir vorstellen, dass das weitergeht.

Konflikt zwischen Großbritannien und China

Schmieding: Alle internationalen Sender geraten manchmal in die Mühlen geopolitischer Strategien. Ein aktuelles Beispiel ist der Konflikt zwischen Großbritannien und China wegen Hongkong. Die britische Medienaufsicht OfCom hat dem chinesischen Fernsehen CGTN wegen politischer Propaganda die Lizenz in Großbritannien entzogen. Die Chinesen haben daraufhin – was zu erwarten war – BBC World News die Lizenz für China entzogen. Welcher Schaden ist Ihnen dadurch entstanden?
Gibbons: BBC World News durfte nie für Haushalte auf dem chinesischen Festland senden. Unseren Kanal konnte man immer nur in Hotels empfangen, und da wurde es auch oft abgeschaltet. Natürlich sind wir enttäuscht über die chinesische Entscheidung, BBC World News in China zu verbieten. Wir glauben, dass es wichtig ist, dass wir die Welt mit fairen und unvoreingenommenen Nachrichten versorgen können.