„Kinderschnulze. Das war eigentlich alles, was wir wussten, als wir die Osmonds angeboten bekamen. Puppy Love hatten wir hunderte Male im Radio gehört und hatten es satt, bis hier hin. Und dann kam die große Überraschung in Form von drei LPs und der Single Crazy Horses, die alle ganz schön losgehen.“
Moderatorin Uschi Nerke machte das Beste aus der Tatsache, dass die letzte Ausgabe des Beat-Clubs am 9. Dezember 1972 ausgerechnet einem Konzert der Osmonds gewidmet war – einer familienkompatiblen Band aus dem US-Mormonenstaat Utah.
Moderatorin Uschi Nerke machte das Beste aus der Tatsache, dass die letzte Ausgabe des Beat-Clubs am 9. Dezember 1972 ausgerechnet einem Konzert der Osmonds gewidmet war – einer familienkompatiblen Band aus dem US-Mormonenstaat Utah.
Beat-Club: Revolte gegen erstarrte Strukturen
Es war der Abschluss einer Sendereihe, die nichts weniger sein wollte als familienfreundlich. Im Gegenteil: Der Beat-Club symbolisierte den Aufstand der Jugend der 60er- und 70er-Jahre gegen verkrustete Strukturen – unter anderem auch des deutschen Fernsehens. Der ersten Ausgabe von 1965 war das noch nicht so recht anzumerken, als Wilhelm Wieben, Uschi Nerke und Gerd Augustin das TV-Publikum begrüßten:
„Guten Tag, liebe Beat-Freunde. Nun ist es endlich so weit. In wenigen Sekunden beginnt die erste Show im deutschen Fernsehen, die nur für Euch gemacht ist. Sie aber, meine Damen und Herren, die Sie Beat-Musik vielleicht nicht mögen, bitten wir um Ihr Verständnis. Es ist eine Live-Sendung mit jungen Leuten für junge Leute.“
„Hallo, liebe Freunde. Gerd und ich werden durch diese Sendung führen und versuchen, Euch über das Neueste auf dem internationalen Beat-Markt zu informieren.“
Go-Go-Girls statt strenge Scheitel
Der Beat-Club startete ganz klein mit Bremer Bands wie den Yankees und kam dann ganz groß raus, wurde jenseits des deutschen Fernsehens auch international ein Begriff. Das britische Vorbild „Ready. Steady. go“ ließen der Regisseur Mike Leckebusch und der Diskjockey Gerd Augustin, der die ersten Folgen noch mit moderierte, rasch hinter sich. Das eher biedere Bühnenambiente inklusive brav tanzender Teenager mit akkurat gezogenen Scheiteln wurde nach und nach abgelöst von Go-Go-Girls und visuellen Effekten der Bildregie, die man so zuvor noch nie gesehen hatte. Und je mehr ältere Zuschauer sich über „Affen“ und „Läuseköpfe“ im Fernsehen echauffierten und unter anderem fragten: „Haben die Weiber überhaupt einen Büstenhalter an?“
Desto mehr war die junge Zielgruppe aus dem Häuschen über den monatlichen Einblick in die Welt der Rock- und Popmusik am Samstagnachmittag. Zumal sich nun auch die großen Stars der Szene die sprichwörtliche Klinke in die Hand gaben. Etwa: Alan David, The Twice as Much, Truly Smith, P.P. Arnold, Keith West, The Bee Gees, Cat Stevens, The Small Faces, Anita Harris und Manfred Mann. Und:
„Ja, Guten Tag. We got big things happening. Bitte anschnallen. Es geht los mit Grooven, mit Sandy Sarjeant and the Go-Go-Girls.“
Beat-Club-Moderatorin wird zur Modeikone
Im Zentrum des Hypes um den Beat-Club stand die Moderatorin, die gemeinsam mit wechselnden englischsprachigen Kollegen durch die Sendung führte. Die Architekturstudentin und angehende Sängerin Uschi Nerke kam mit 21 Jahren zum Beat-Club und wurde mit kurzen Röcken und Lackstiefeln zur Modeikone der deutschen Sixties. Bis zu 30.000 Karten und Briefe bekamen die Macher Monat für Monat zugeschickt. Parallel zu den aufkommenden Studentenprotesten wurde die Sendung immer politischer – mit informativen Einspielfilmen und Satire.
„Um die Bundesrepublik und West-Berlin vor sittlichem Verfall zu schützen, hat sich die Aktion ‚Sex ist mies‘ gebildet. ‚Sex ist mies‘ kämpft gegen den Sex. Besonders gefährlich ist der Sex, wenn er in Verbindung mit Beat-Musik auftritt.“
In seinen Glanzzeiten war der Beat-Club die televisionäre Spiegelung des Lebensgefühls einer ganzen Generation. Doch die war auf die Dauer doch nicht so avantgardistisch und politisch, wie der Beat-Club selbst gerne sein wollte. Mit immer wilder werdenden psychedelischen Regieeffekten und Progressive- und Jazzrockbands entfernte sich die Sendung Anfang der 70er-Jahre vom jugendlichen Massenpublikum – und wurde deshalb 1972 durch den kommerzielleren „Musikladen“, wieder produziert von Radio Bremen, abgelöst.