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Beben in Kölns Archäologischer Zone

Die Stadt Köln hat den Projektleiter derArchäologischen Zone, Sven Schütte, abgesetzt. Gegen ihn soll ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden, denn er hat angeblich der israelischen Zeitung "Haaretz" gesagt, dass die Kritik an der Zone und dem damit verbundenen Jüdischen Museum auch antisemitische Hintergründe habe.

Von Barbara Schmidt-Mattern |
    Wer nicht in Köln lebt, den ereilt in diesen Tagen vielleicht das Mitleid mit der Millionenstadt am Rhein. Da steht sie nun auf einem Erdreich voller Kostbarkeiten aus dem Mittelalter: Eine ganze jüdische Siedlung haben die Archäologen in den vergangenen Jahren ausgegraben. Ein Hospital, eine Bäckerei, wertvolle literarische Schriften. Und die wahrscheinlich älteste Synagoge nördlich der Alpen. Ein großer Schatz also, auf den Köln eigentlich stolz sein könnte.

    Und was tut die Stadtbevölkerung? Sie gerät in Aufruhr, streitet angesichts der dreistelligen Millionendefizite im städtischen Haushalt über Kosten, über fehlende Bau- und Planungskonzepte und über den richtigen Standort für ein künftiges Jüdisches Museum.

    Armes Köln, lässt sich da nur sagen. Zumal die Stadt nach dem Desaster um den U-Bahn-Bau und das eingestürzte Stadtarchiv sowieso schon in dem Ruf steht, mit Großprojekten völlig überfordert zu sein. Der Eindruck sitzt so tief, dass Köln in der ganzen Republik längst nicht mehr nur mit Kritik, sondern auch mit Spott überzogen wird.

    In der Karnevalshochburg am Rhein mögen manche das lustig finden, aber hinter dem Spott steckt eine sehr kölsche Malaise, nämlich die Unfähigkeit der Stadtverwaltung, ihr reiches kulturelles Erbe angemessen unters Volk zu bringen.

    Zu dieser Stadtverwaltung gehört auch Dr. Sven Schütte, der gerade abberufene Ausgrabungsleiter. Zwar schwärmte Schütte bei jeder Gelegenheit überschwänglich von all den wertvollen Schätzchen im Kölner Erdreich, aber zugleich überzog er jeden, der die Archäologische Zone in Frage stellte, mit beißender Kritik.

    Jetzt ist er über ein Interview gestolpert. Ausgerechnet in der israelischen Zeitung Haaretz sprach er von einem latenten Antisemitismus der Ausgrabungsgegner. Es bleibt einstweilen der Eindruck haften, dass Schütte möglicherweise in Kauf genommen hat, dass sich auch kritische Bürger und Mitglieder des Stadtrates von seinem Antisemitismusvorwurf angesprochen fühlen.

    Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters, SPD, hat sich einige Tage Zeit gelassen, bevor er Sven Schütte gestern Abend die Projektleitung für die Archäologische Zone und das Jüdische Museum entzogen hat. Die kommissarische Nachfolge übernimmt Marcus Trier, Direktor des Römisch-Germanischen Museums in Köln.

    Die Personalentscheidung des OB ist der richtige Schritt zum falschen Zeitpunkt. Denn längst schon hätte Roters aktiv werden müssen. Zumal er selbst bereits vor drei Jahren öffentlich den Stab über Schütte gebrochen und seine Ernennung zum Projektleiter als Fehler bezeichnet hatte. Später legte das Stadtoberhaupt im Kölner Stadtanzeiger sogar noch nach und ließ sich mit den Worten zitieren, man müsse den Ausgrabungsleiter besser eine Leine anlegen, sonst würde er wohl noch ganz Köln ausbuddeln.

    Mit solchen verbalen Zündeleien gegenüber seinem eigenen Beamten hat Jürgen Roters genau jenen Erfolg und die Akzeptanz gefährdet, die er selbst jetzt für das Projekt Archäologische Zone einfordert.

    Insofern sind Sven Schütte und seine wie auch immer gemeinten Antisemitismusvorwürfe keinesfalls allein dafür verantwortlich, dass die Stadt Köln mit ihrem reichen jüdischen Erbe derart über Kreuz liegt.

    Schütte und seine provokante Art waren allenfalls eine Art Brandbeschleuniger für eine Kontroverse, die der Stadtverwaltung zu entgleiten droht.

    Bis heute haben der Oberbürgermeister und sein Apparat es nicht vermocht, ein exaktes Konzept zur langfristigen Finanzierung und Ausgestaltung des 52 Millionen Euro teuren Gesamtprojekts vorzulegen. Es droht zudem Ärger mit der übergeordneten Behörde, dem Landschaftsverband Rheinland, der den Museumsbetrieb später einmal unterhalten soll. Vor allem aber fühlen sich viele Kölner Bürger außen vor gelassen. Dass der ungeliebte Sven Schütte abberufen wurde, findet zwar viel Zustimmung. Aber das ist für viele Kölner nur der erste Schritt, um sich aus dem Schlamassel um die Archäologische Zone wieder herauszubuddeln.

    Die Stadt ist jetzt gefragt, ihre Bürger zu überzeugen.