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Beck: kreuz.net ist "eine Beleidigung für jeden gläubigen Katholiken"

Die Internetseite kreuz.net gibt sich katholisch, fällt aber durch verfassungsfeindliche Parolen auf. Der Bundesverfassungsschutz will kreuz.net genauer beobachten. Die katholische Kirche hat sich scharf von ihr distanziert. Grünen-Politiker Volker Beck bezeichnet kreuz.net als "Hassportal".

Volker Beck im Gespräch mit Andreas Main | 03.04.2012
    Andreas Main: Das Internet ist ein Segen – und zugleich gibt es ausgesprochen unappetitliche Netz-Phänomene: zum Beispiel kreuz.net, ein Internet-Portal, das vorgibt katholisch zu sein und das vor allem auffällt mit antisemitischen und homophoben Pöbeleien. Die gehen derartig unter die Gürtellinie, dass die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" sich an das NS-Hetzvokabular im Stürmer erinnert fühlte. Die Männer und Frauen vom Bundesverfassungsschutz jedenfalls sind ob ihres Jobs nicht zu beneiden. Die lesen nämlich diese Texte von kreuz.net. Seit Jahren. Und künftig soll noch intensiver geprüft werden, inwieweit kreuz.net verfassungsfeindlich ist. Das hat Heinz Fromm, Präsident des Bundesverfassungsschutzes, in einem Brief an Volker Beck geschrieben. Volker Beck, Bundestagsabgeordneter der Grünen, ist nun am Telefon. Guten Morgen, Herr Beck!

    Volker Beck: Guten Morgen.

    Main: Herr Beck, kreuz.net gibt es seit mehr als sieben Jahren. Warum rufen ausgerechnet die Grünen jetzt nach mehr Überwachung und nach dem Verfassungsschutz?

    Beck: Also, kreuz.net hat sich im Laufe der Jahre von einem eher konservativ, der tridentinischen Messe anhängenden Portal zum einem richtigen Hassportal entwickelt. Anstoß für meinen Brief an den Verfassungsschutz war ein Artikel, der titelte "Schwule ins KZ", und da war für mich endgültig eine rote Linie überschritten. Und ich denke, der Verfassungsschutz muss dem nachgehen und muss auch gucken, ob er die Leute herausfinden kann, damit man gegen sie auch entsprechend strafrechtlich vorgehen kann.

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    Main: Als Reaktion auf Ihren Vorstoß werden Sie auf kreuz.net jetzt wiederum unflätig beschimpft. Zugleich bedankt man sich, dass Sie Werbung für kreuz.net machen. Tappen Sie, also wie beide, jetzt erneut in eine Falle?

    Beck: Nein, ich denke, es hilft nichts, dass man versucht, solche Dinge zu ignorieren. Die muss man beim Namen nennen und muss auch dagegen entsprechend im Netz mobilisieren. Das gelingt ja auch damit. Wenn man auch die Kommentare dort anschaut, gibt es ja auch viele Leute, die sich massiv dagegen wenden und sich eben auch an der Diskussion gegen kreuz.net beteiligen.

    Main: Was sagt aus Ihrer Sicht die Existenz dieses sich katholisch nennenden Portals aus, über den Zustand der katholischen Kirche?

    Beck: Ich glaube, über den Zustand der katholischen Kirche sagt das nicht viel aus. Das ist ein Portal, das ist eine Beleidigung für jeden gläubigen Katholiken, dass so etwas im Namen des Katholizismus unterwegs ist. Ich weiß, die deutsche Bischofskonferenz versucht schon seit Jahren gegen die vorzugehen. Aber da die sich ins Ausland mit ihrem Server geflüchtet haben und da im Wesentlichen anonym schreiben, kann man halt der meisten dieser Leute nicht habhaft werden.

    Main: Die katholischen Bischöfe, sie haben es angedeutet, die haben sich wiederholt von kreuz.net distanziert und werden eben auch ähnlich attackiert wie Sie, wie Volker Beck. Die Grünen also mit der katholischen Kirche in gemeinsamer Front und unisono gegen kreuz.net. Reiben Sie sich da die Augen?

    Beck: Nein, überhaupt nicht. Ich habe ja keine Vorurteile gegen die katholische Kirche. Ich habe an bestimmten Punkten, bei der Familienpolitik, der Sexualethik, meine Diskussionen mit der katholischen Kirche. Aber die führen wir als ordentliche Demokraten - auch manchmal mit der notwendigen Schärfe einer Diskussion. Aber ich würde mich entschieden dagegen verwahren, die katholische Kirche in die Nähe solcher Rechtsradikalen zu bringen. Interessant ist übrigens auch, dass auf diese rechtsradikalen Seite Stadträte von Pro Köln schreiben. Pro Köln gibt ja selber vor, pro-israelisch zu sein, weil das besser in die Kampagne gegen den Islam passt. Gleichzeitig tummeln sie sich auf so einer antisemitischen Seite. Das zeigt, dass es im Internet natürlich auch eine verborgene Kooperation verschiedener rechtsradikaler Strömungen gibt, die vorgeblich ideologisch andere Orientierungen haben, aber im Hintergrund dann doch eben zusammenarbeiten.

    Main: kreuz.net ist ja nur ein Beispiel. Es fällt auf: Konservative und extrem konservative Kreise der katholischen Kirche sind im Netz stark präsent, während das eher liberale Lager eine gewisse Zurückhaltung übt. Sie sind zwar kein Kirchenmitglied, wären Sie aber Katholik, was würden Sie Ihrer Kirche mit Blick auf das Netz empfehlen?

    Beck: Ich würde empfehlen, dass man eben stärker auch für die Lehrmeinungen, die sich mit der Demokratie besser vertragen, das auch entsprechend stärker zu propagieren und da auch kommunikativ deutlicher zu machen, wo die Grenzen für die katholische Kirche liegen. Allerdings muss man sagen, die katholische Kirche hat an diesem rechten Rand gegenwärtig ein Problem, durch die Diskussion über die Piusbruderschaft. Der Papst versucht ja hier eine Aussöhnung hinzubekommen. Man muss davon ausgehen, dass ein Teil von kreuz.net auch aus dem Sympathisanten-Umfeld eben dieser Piusbruderschaft kommt. Die Piusbruderschaft hat ein Problem mit dem Antisemitismus. Ich finde es nicht gut, wenn man da nicht genau hinschaut. Ich finde, da muss es eine klare Trennungslinie geben. Da wäre Rom gut beraten, endlich diese Offenheit aufzugeben und klar zu machen, Antisemitismus wird in der katholischen Kirche auch am Rand nicht geduldet.

    Main: Die katholische Kirche in Deutschland, das Internet und die vom Verfassungsschutz beobachtete Website kreuz.net. Dazu der Bundestagsabgeordnete Volker Beck von den Grünen – danke Ihnen, Herr Beck, für diese Einschätzungen.

    Beck: Bitte schön.

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