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Beckstein für offensive Auseinandersetzung mit Rechtsextremen

Simon: NPD und DVU wollen gemeinsam im nächsten Bundestagswahlkampf 2006 antreten, das wurde über das Wochenende bekannt. In der Vergangenheit hatte es zwischen den Parteien wie auch zwischen ihren Chefs keinerlei Zusammenarbeit gegeben, man pflegte ausgiebig die gegenseitige Abneigung. Jetzt stellen Gerhard Frey und Udo Vogt den Erfolg über die persönlichen Animositäten. Man habe sich geeinigt, ließ NPD-Chef Vogt verlauten, bei Bundestags- aber auch Landtags- und Europawahlen zusammenzuarbeiten. Am Telefon ist nun Günther Beckstein, Innenminister des Landes Bayern, ich grüße Sie.

    Beckstein: Einen guten Morgen.

    Simon: Was bedeutet es, wenn künftig NPD und DVU zusammenarbeiten?

    Beckstein: Es ist ganz offensichtlich, dass die rechtsextremen Parteien die Zersplitterung überwinden wollen und die unterschiedlichen Haltungen in einzelnen ideologischen Fragen zurückstellen, um auf die Weise als eine Macht bei den Wahlen anzutreten. Wir haben in Brandenburg und Sachsen gesehen, dass ein gemeinsames Auftreten Erfolge hat und deswegen ist im Moment eine große Vereinigung der kompletten rechtsextremen Szene zu sehen. Die NPD geht ganz bewusst auch auf die freien Kameradschaften zu, die gewaltbereiten Skinheads hatte sie vorher schon aufgenommen, auch autonome Neonazis werden aufgenommen und dabei ist dann jetzt sozusagen eine vereinigte Rechte zu erwarten, eine rechte Volksfront, wenn man das so sagen will und das heißt, es wird dadurch die Wahlmöglichkeit und -chance für die Rechte deutlich verstärkt. Das heißt für die demokratischen Parteien: Wir müssen uns engagiert mit den Rechtsextremen auseinandersetzen. Dastehen, die Probleme schaffen und nicht lösen und insbesondere die völlig undemokratische und inakzeptable Haltung der NPD herausstellen, die eine deutsche Bundesrepublik abwickeln will, wo sie sich ganz eindeutig auch zum Nationalsozialismus bekennt.

    Simon: In der Vergangenheit haben die anerkannten politischen Parteien oft die NPD versucht und die DVU nicht wirklich als Partei wahrzunehmen. Werden sie die jetzt auch offensiv als politische Partei bekämpfen?

    Beckstein: Zunächst bekenne ich mich dazu, dass ich vor einigen Jahren auch zu denen besonders gehört habe, die die NPD verbieten wollte. Wir hatten damals Hinweise auf Zusammenarbeit mit gewaltbereiten Skinheads, es ist ja auch eindeutig, dass jetzt die gewaltbereiten Kameradschaften aufgenommen werden, eine Minderheit des Bundesverfassungsgerichts hat das zu Fall gebracht, weil ein Parteienverbot nur mit Dreiviertelmehrheit möglich ist, damit ist es gescheitert. Die Taktik des Verschweigens, die in der Politik in erheblichem Umfang festzustellen war, kann meines Erachtens nicht fortgeführt werden. Brandenburg und Sachsen zeigen, dass dann die Rechtsextremen in die Landtage kommen. Ich halte eine offensive Auseinandersetzung mit den Parteiprogrammen für notwendig, dass man gerade jungen Menschen deutlich macht, dass es verheerend ist, wenn wir hier der Neo-Nationalsozialismus verherrlicht wird, wenn Hitler als großer Staatsmann angesehen wird, wenn man davon redet, die Bundesrepublik Deutschland abwickeln zu wollen, wie die DDR abgewickelt wurde. Das heißt, das sind extreme, antidemokratische, verfassungsfeindliche Äußerungen, die unser Land noch in Schwierigkeiten bringen. Es muss die offensive Auseinandersetzung geben, dann bin ich überzeugt, wird die große Mehrheit die Extremen ablehnen und die werden dann auch nicht mehr die Chance haben, ins Parlament zu kommen. Ein reines Verschweigen reicht nicht.

    Simon: Wie weit soll und darf die Union gehen im Versuch, Wähler am rechten Rand einzubinden, auch mit dem Argument, man dürfe diese nicht den Extremen überlassen?

    Beckstein: Ich habe hier eine ganz deutliche Meinung: CDU / CSU sind eine Partei der Mitte, aber gerade die CSU hat auch die Aufgabe, die demokratische Rechte zu binden. Das ist immer in der Vergangenheit ein Ziel der CSU gewesen, auch den patriotischen Kräften, die eine anständige, auch nationale Eigenständigkeit vertreten, auch eine Heimat zu bieten. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass die demokratische Linke hochgeachtet wird, also ist auch die demokratische Rechte selbstverständlich in unserem Staat zu achten. Etwas anderes ist, dass wir selbstverständlich die Extremisten, mit denen wollen wir nichts zu tun haben, mit denen setze gerade ich mich härter auseinander als jeder andere, aber die demokratische Rechte, die muss sich auch in der Politik von uns wiederfinden.