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Beckstein über Seehofer
"Das ist kein Egotrip"

Für die erneute Kandidatur von Horst Seehofer als CSU-Chef und bayerischer Ministerpräsident gebe es eine breite Übereinstimmung innerhalb der Partei, betonte der CSU-Politiker Günther Beckstein im DLF. Es sei nicht nur der Wille Seehofers selbst. Deshalb sei die Kandidatur eine "vernünftige und auch richtige Entscheidung."

Günther Beckstein im Gespräch mit Mario Dobovisek |
    Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) gestikuliert im Landtag.
    Die Chancen mit Seehofer an der Spitze sind am besten, glauben viele in der CSU - auch der ehemalige Ministerpräsident Bayerns, Günther Beckstein. (picture alliance/ dpa/ Andreas Gebert)
    "Er ist derjenige, der die größte Zustimmung hat", sagte Beckstein im Interview mit dem Deutschlandfunk. Dies gelte sowohl für die Politiker der CSU und der anderen Parteien als auch für die bayerische Bevölkerung. Mit Horst Seehofer sei die Wahrscheinlichkeit am höchsten, dass die Landtagswahl 2018 gewonnen werde, unterstrich Beckstein.
    Auch die beiden potenziellen Nachfolgekandidaten, Ilse Aigner und Markus Söder, hätten ihre Zustimmung und Unterstützung für diese Personalentscheidung signalisiert. Zudem habe Seehofer auch die gesundheitlichen Voraussetzungen, das Amt weiter auszufüllen.


    Das Interview in voller Länge:

    Mario Dobovisek: Die Chancen mit Seehofer an der Spitze sind am besten, glauben viele in der CSU. Fragen wir einen aus der Partei, fragen wir Günther Beckstein. Er war selbst Ministerpräsident des Freistaates. Guten Abend, Herr Beckstein.
    Günther Beckstein: Einen schönen guten Abend.
    Dobovisek: Kennt Bayern keine Alternative zu Horst Seehofer?
    CSU-Politiker Günther Beckstein (15.05.2014)
    CSU-Politiker Günther Beckstein (dpa / picture-alliance / Matthias Balk)
    Beckstein: Es gibt immer Alternativen im Leben. Aber bei den Alternativen fragt man, was ist besser, und es gibt eine ganz breite Übereinstimmung innerhalb der CSU, übrigens auch nach allen Umfragen in der bayerischen Bevölkerung, dass Horst Seehofer als Ministerpräsident mit Abstand die höchsten Zustimmungswerte von allen Politikern nicht nur der CSU, sondern erst recht von den anderen Parteien hat. Er ist derjenige, der die größte Zustimmung hat. Seine Arbeit findet Anerkennung in der CSU und weit darüber hinaus. Deswegen ist es eine vernünftige Entscheidung, dass er sagt, er tritt noch mal an.
    "Die Voraussetzungen sind für Horst Seehofer am besten"
    Dobovisek: Vernünftig, sagen Sie. Auch die richtige Entscheidung?
    Beckstein: Ja. Ich bin überzeugt, auch die richtige Entscheidung. Es ist so, dass die Wahlen im Sommer nicht automatisch so sind, dass CDU/CSU an der Regierung bleiben. Die SPD hat mit Herrn Schulz einen Kandidaten, der die SPD erst wiederbelebt hat. Das wird auch über die Bundestagswahlen hinaus erhebliche Bedeutung haben.
    Wir haben im nächsten Jahr Wahlen zum Landtag und die CSU hat immer als die Messlatte, es muss die absolute Mehrheit gewonnen werden. Ich selber kann ein besonderes Lied davon singen. Ich habe damals 43,8 Prozent gehabt. In allen Bundesländern wäre das ein hervorragendes Ergebnis.
    Dobovisek: Das war 2008 und Sie sind dann auch nicht noch einmal angetreten, um sich vom Landtag zum Ministerpräsidenten wählen zu lassen.
    Beckstein: So ist es.
    Dobovisek: Das heißt, Sie kennen die Konsequenz auch zu sagen, nein, für mich ist hier Schluss. Warum kann das Seehofer nicht an dieser Stelle?
    Beckstein: Weil wir alle gesagt haben, dass es auch mit Horst Seehofer die höchste Wahrscheinlichkeit ist, dass die Wahl gewonnen wird. Und das heißt, dass wir eine Mehrheit der Sitze im Parlament kriegen. Die Messlatte der CSU ist sehr hoch. Eine Gewissheit gibt es nie, weil der Wähler die Entscheidung hat. Aber die Voraussetzungen sind für Horst Seehofer am besten, dass er auch der nächste Ministerpräsident mit einer Mehrheit im Landtag sein wird.
    "Zustimmung der beiden potenziellen Nachfolgekandidaten"
    Dobovisek: Seehofer hat ja heute gesagt, der Kandidat müsse das Amt wollen, er müsse es ausüben können und Erfolg bei der Wahl gewährleisten. Das ist das, was Sie auch gerade angesprochen haben. Welche dieser Punkte treffen Ihrer Meinung nach auf Ilse Aigner und Markus Söder nicht zu, Herr Beckstein, denn die beiden galten ja lange als potenzielle Nachfolger?
    Beckstein: Sie sind natürlich auch noch potenzielle Nachfolger in der Zeit nach Seehofer. Aber dass Horst Seehofer jetzt sagt, er macht es wohl weiter, trifft auch auf die Zustimmung der beiden potenziellen Nachfolgekandidaten. Die sagen, es ist vernünftig, wenn das jetzt Horst Seehofer macht. Sie haben Unterstützung zugesagt.
    Dobovisek: Aber beide reden demonstrativ vor allem über die Bundestagswahl, also dieses Jahr.
    Beckstein: Das ist natürlich auch zunächst die große Herausforderung. Aber ich war jetzt den Nachmittag über mit Frau Aigner zusammen. Die sagt auch mir ungefragt, das ist eine gute Lösung. Ich habe mit Markus Söder mich auch unterhalten und er hat gesagt, ja, das ist vernünftig, dass Horst Seehofer diese Wahl im nächsten Jahr auch als Landtagswahl anführt.
    Seehofer will, dass er das Amt beherrscht, und es ist auch offensichtlich. Er hat die letzten fast zehn Jahre das gemacht. Und die dritte Voraussetzung ist auch, dass er die besten Aussichten für einen erfolgreichen Wahlkampf bietet. Also es ist ziemlich klar, dass es eine richtige Entscheidung ist, dass er wieder antritt.
    Dobovisek: Seehofer hatte ja bereits seinen Rückzug angekündigt. Es war ein Fehler, sagt er heute. Hat er der Partei damit geschadet?
    Beckstein: Es ist in der Politik nicht ganz ungewöhnlich, dass man Meinungen ändert. Adenauer hat mal gesagt, niemand darf einen hindern, auch klüger zu werden. Die Situation hat sich auch ein Stück geändert und von daher glaube ich nicht, dass es innerhalb der CSU eine nennenswerte Gruppierung gibt, die sagt, …
    "Horst Seehofer ist manchmal auch ein großer Trickser"
    Dobovisek: Das hat erhebliche Unruhe in die Partei gebracht.
    Beckstein: Die Diskussionen der vergangenen Monate haben sicher Unruhe gebracht, aber das wäre noch sehr viel stärker gewesen, wenn jetzt die Entscheidung zwischen möglichen Nachfolgekandidaten gekommen wäre.
    Dobovisek: Manche Beobachter nennen das einen Trick, eine Finte Seehofers. Wie nennen Sie das?
    Beckstein: Dass Horst Seehofer manchmal auch ein großer Trickser ist, dass er das politische Spiel beherrscht, dass er selber auch Gefallen daran hat, manchmal zu spielen, ist offensichtlich. Trotzdem bin ich überzeugt, dass er ursprünglich es ernsthaft vorhatte, seine Karriere zu beenden, aber dass er dann gesehen hat, dass es auch eine Verpflichtung der Partei gibt, aber dass er auch selber Freude an diesem Amt hat und dass er auch die gesundheitlichen Voraussetzungen bietet, dieses Amt weiter ausfüllen zu können. Alle Voraussetzungen sprechen dafür, dass er dieses Amt noch mal anstrebt und sich der Wahl stellt. Der Bürger hat ja dann eh die Entscheidung.
    Dobovisek: Gesundheitlich war er ja durchaus angeschlagen, hat das jetzt noch einmal mit gesundheitlichen Überprüfungen attestieren lassen, dass er fit sei, dass er das durchhalten werde. Jetzt hat er in seiner Jugend Handball gespielt, musste dabei immer wieder auf der Ersatzbank Platz nehmen. Dem "Spiegel" hat er einmal gesagt, wie sehr ihn, Seehofer, das jedes Mal gewurmt hat. Sehen Sie da Parallelen? Kann Seehofer nicht loslassen?
    Beckstein: Ich bin ja selber Politiker aus Leidenschaft und weiß, dass je länger man in einem Amt ist es desto schwerer ist, aufzuhören. Ich räume das durchaus ein, dass diese neue Kandidatur auch damit was zu tun hat, dass dieses Amt eine eigene Faszination hat und man nicht ohne Weiteres ein Amt aufgibt.
    Aber es ist ja nicht nur so, dass Horst Seehofer das selber will, sondern es gibt eine ganz breite Übereinstimmung, eine Mehrheit in der Partei, die das genauso sieht, so dass es nicht etwa ein Egotrip von Seehofer ist, sondern es ist schon so, dass die Partei in ganz großer Mehrheit sagt, das ist die richtige Entscheidung.
    "Es ist gut, dass er noch mal antritt"
    Dobovisek: Faszination und Leidenschaft, haben Sie gesagt. Sie haben auch in dem Gespräch, das wir gerade führen, schon ganz oft das Wort Vernunft und vernünftig gebraucht. Passt beides nicht unbedingt zusammen. Nehmen wir uns noch mal das Bild des Platzmachens vor. Wann ist der richtige Zeitpunkt gekommen für Horst Seehofer, das Feld für einen Neuanfang zu räumen?
    Beckstein: Das ist für einen Politiker immer die schwierigste Entscheidung. Vor allem nach vielen Erfahrungen ist es so, dass Politiker dann irgendwann plötzlich vor eine Entscheidung gestellt werden und sie nicht mehr selbstbestimmt treffen.
    Dobovisek: Was sagt der erfahrene Günther Beckstein, der selber zurückgetreten ist, Horst Seehofer, seinem Nachfolger?
    Beckstein: Ich sage, das Wichtigste heißt, mit voller Leidenschaft für den Bürger zu arbeiten. In dem Augenblick, wo man keine Ideen mehr hat, in dem Augenblick muss ein Nachfolger, ein anderer kommen. Horst Seehofer hat heute auch gesagt, er hat noch eine Fülle von Ideen, die er für die Bürger Bayerns bringen will, und darum ist es gut, dass er noch mal antritt.
    Dobovisek: Sie haben dem "Tagesspiegel" gesagt, Herr Beckstein, dass es nicht eine ganze Legislaturperiode andauern solle. Sehen Sie das inzwischen anders?
    Beckstein: Nein. Ich habe in der Tat gesagt, dass es nicht zwingend ist, dass jemand dann eine ganze Legislaturperiode durchmacht, sondern dass man unter Umständen nach zweieinhalb Jahren in der Mitte der Legislaturperiode erneut überprüft. Das ist ja nicht ganz selten. Das wird man nicht im Vorhinein exakt festlegen.
    Aber es ist ja nicht so, dass dann jemand sich, wie auch immer die Lage, wie auch immer die Gesundheit ist, durchschleppen muss, sondern das ist etwas, was in jedem Fall eine reale Möglichkeit ist, die man durchaus auch erwägen sollte. Allerdings ist das sicher nicht so, dass man vor einer Wahl sagt, ich höre nach einer Zeit auf, sondern das wird sich dann unter Umständen selbst ergeben.
    Dobovisek: Der CSU-Politiker Günther Beckstein. Das Interview haben wir am Abend aufgezeichnet.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.