Dirk-Oliver Heckmann: Weite Teile der Landwirtschaft leiden unter der Hitzewelle. Es gibt aber auch Gewinner des langen und heißen Sommers und das sind die Winzer. In Deutschland beginnt heute offiziell die Weinlese und damit so früh wie nie zuvor. Grund für uns, mal auf die Weinwirtschaft zu schauen. Günter Hetzke aus unserer Wirtschaftsredaktion, wie steht denn die deutsche Weinbranche international da?
Günter Hetzke: Wenn wir auf den Anbau schauen, dann liegen die drei größten Produktionsländer der Welt alle in Europa. Es sind Italien, Frankreich und Spanien. Allein diese drei Länder decken rund 45 Prozent der weltweiten Weinproduktion ab. Deutschland ist also mit seinen gut 100.000 Hektar Anbaufläche nicht in der Spitzengruppe dabei, liegt aber immerhin weltweit betrachtet auf Platz zehn. In einem anderen Bereich aber ist Deutschland führend: Kein anderes Land der Welt importiert so viel Wein wie Deutschland, vor Großbritannien und den USA. Wobei sich die Angaben immer auf die Menge beziehen.
"Import-Weltmeister Deutschland"
Heckmann: Warum ist dieser Hinweis mit Blick auf die Menge wichtig?
Hetzke: Menge und Qualität sind eben doch zwei Paar Schuhe. Das lässt sich gut verdeutlichen bei Wein-Exporten. Da hat zwar Spanien mengenmäßig die Nase vorn, aber dort wird eher preiswerte Masse produziert für Grundwein, der dann später erst weiterverarbeitet wird. Deutlich höhere Preise erzielen aber Frankreich und die Italiener. Spanien erwirtschaftete im vergangenen Jahr im Export 2,8 Milliarden Euro, Frankreich dagegen bei weitaus geringerer Menge fast neun Milliarden. Und auch beim Import-Weltmeister Deutschland macht sich der Unterschied bemerkbar. Der Wert der Einfuhren beläuft sich auf zweieinhalb Milliarden Euro, die USA zum Beispiel führen aber eher edlere Tropfen ein und geben mehr als doppelt so viel Geld aus, obwohl sie eben weitaus weniger einführen als Deutschland.
"Weißweine haben in der Regel weniger Alkohol als Rotweine"
Heckmann: Sind die Deutschen also knausriger als andere Nationen beim Weineinkauf?
Hetzke: Sie sind sparsam. Der jährliche Verbrauch liegt hierzulande seit Jahren schon zwischen 20 und 21 Litern pro Kopf. Und gekauft wird der Wein dabei immer häufiger in Supermärkten. Dabei werden im Schnitt 3, 20 Euro für Wein aus Deutschland ausgegeben. Im Fachhandel oder direkt beim Winzer, also jenseits der Massenware, sind die Preise höher mit 6, 70 Euro im Schnitt. Es wird schon auf den Preis geschaut, deshalb wohl auch der Trend zum Supermarkt.
Heckmann: Für viele ist es ja fast schon eine Glaubensfrage, ob sie Rot- oder Weißwein trinken. Wie ist denn der aktuelle Trend in Deutschland?
Hetzke: Das ist derzeit ein Kopf an Kopf-Rennen. 45 Prozent des Weins, der gekauft wird, ist weiß, 46 Prozent sind rot und neun Prozent können sich nicht entscheiden und trinken Rosé.
Heckmann: Gibt es einen Grund für diese Entwicklung? In den vergangenen zwei, drei Jahrzehnten hatte doch eher Rotwein deutlich die Nase vorn.
Hetzke: Das hat wohl etwas mit dem Trend zur bewussten Ernährung zu tun, so zumindest das Deutsche Weininstitut. Denn Weißweine haben in der Regel weniger Alkohol als Rotweine, sind also tendenziell etwas leichter und deshalb greifen wohl vor allem junge Menschen verstärkt zum Weißwein. Und das machen sich übrigens auch junge Winzer durchaus zunutze, in dem sie - um gezielt junge Menschen anzusprechen - auf witziges Design und originelle Namen setzen. Da heißen die Weine dann schon mal "Born to bei wine", "Nachts sind alle Burgunder Grau" oder, was hatte ich noch gefunden: "Unser täglich Rot".