In einem Hinterhof im Kölner Stadtteil Ehrenfeld. Dirk Frölich lehnt eine Holzleiter gegen ein kleines Dach, dann steigt er die Stufen hoch. "Das ist unser Dachgarten – das gibt’s jetzt seit einem Jahr." Frölich blickt vom noch unfertigen Balkon auf den kleinen Dachgarten hinüber. Schneeglöckchen stehen neben Osterglocken und Kräutern. Hier ist sogar Platz für zwei Holzkisten, in denen Obstbäume wachsen. Zwetschge und Apfel. "Da haben wir Sedum, Blüten, vor allem wollten wir Bienenblumen haben, um den Bienen etwas Gutes zu tun."
Vor ein paar Jahren hat Frölich den alten Fahrradschuppen umgebaut – und das frühere Teerdach begrünt. Vieles hat er selbst gemacht und sich so eine grüne Insel mitten in der Stadt geschaffen. "Wir sind hier nicht auf dem Land, das ist schon klar. Aber: Der Unterschied ist extrem zur Straße, die ist laut, hektisch, aggressiv, wenn man hier in den Hof kommt, ist das schon wie eine Oase."
Grüner Innenhof als "Kältespender" im Sommer
Eine Oase, die kühlt. Im vergangenen Hitzesommer, erzählt Frölich, war es hier 10 Grad kühler als vor dem Haus – mit aufgeheizten Ziegelwänden, heißem Autoblech und der Teerstraße – im Innenhof dagegen Gartendach und eine begrünte Fassade: An der Hauswand rankt wilder Wein. Noch braun und trocken, mit verschrumpelten Beeren aus dem Vorjahr, aber schon mit ersten Knospen.
Frölich geht es bei der Begrünung auch um das Klima - und er möchte Ruheräume schaffen. Denn Grün wirkt entspannend. Auch Peter Falkai kennt die wohltuende Wirkung, die Gräser, Bäume und Blumenauslösen. Der Leiter der psychiatrischen Uniklinik München hat auch ein begrüntes Garagendach.
"Einfach naturbelassen, wird in Ruhe gelassen, und das ist natürlich auch aus meiner Sicht so ein bisschen das Symbol des Grünen, ich werde auch mal in Ruhe gelassen, ich kann auch mal runterkommen, ich sag mal, Blutdruck senken und andere Dinge tun, die tagsüber in kargen Räumlichkeiten, in denen man da so sitzt, die dunkel sind, vielleicht auch nicht so schön beleuchtet. Da hat man dann ein schönes Kontrastprogramm. Das macht durchaus das Garagendach. Wenn ich morgens aufstehe und gucke aus dem Badezimmer drauf, denke ich immer, ach ist ja interessant – jetzt ist Frühjahr, da blüht wieder was – oder es ist Herbst, dann kommen die Blätter."
Die Farbe Grün sei ein Signal der Ruhe – sagt Falkai. Es drohe keine Gefahr – das Gehirn reagiere darauf. "Wenn sie Fläche haben, wenn grün ist, dann wird die Aktivität des Hirns, und zwar insbesondere die, die etwas mit Kommunikation zu tun hat, runtergefahren."
Gehirn wird durch Grün später in den Stressmodus versetzt
Das gelte auch für Hirnregionen, die beispielsweise Freund und Feind erkennen. "Es gibt auch Hirnregionen wie den Mandelkern, der einfach sagt: fight or flight, also kämpfen oder abhauen, die wenn ich einen Eindruck habe von einer Situation, dann wird gleich der Stresslevel hochgesetzt – Stresshormone werden freigesetzt, um mich in den Zustand zu versetzen, mich wehren zu können. Wenn ich aber grün habe, ich habe Flächen um mich herum, wird mein Gehirn viel später und langsamer auf diesen Stressmodus gesetzt."
Falkai wünscht sich deswegen, dass gerade in Städten die Bepflanzung bei der Stadtplanung stärker berücksichtig wird. Es gäbe Orte, in denen sich kilometerlang kein Grün finde – auf Reisen, erzählt er, joggt er gerne durch fremde Städte – und ist immer wieder überrascht davon. "Ist ja nicht furchtbar aufwendig, die Leute denken immer, die Pflanzen müssen bewässert werden, es gibt aber Pflanzen, die wenig Hege und Pflege brauchen und auch in der Stadt relativ gut zurechtkommen."
Auch der Kölner Dirk Frölich muss sich kaum um sein grünes Dach kümmern – gegossen wird nur, wenn es längere Zeit trocken ist. Und auch bei der Pflanzenwahl hat er nicht viel Aufwand betrieben – auch wenn ein bisschen Information ratsam sei. "Disteln hätten wir auch schön gefunden, aber das sind Sachen, die würden die Dachhaut, das würde von Disteln durchstochen werden, die Wurzeln gehen da durch." Von einigen Pflanzen sollten Dachgärtner also lieber die Finger lassen.