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Bei der ethischen Geldanlage muss sich der Verbraucher "sehr gut informieren"

In als nachhaltig beworbenen Fonds stecken oft Aktien oder Anleihen von Unternehmen, die "eigentlich mit Nachhaltigkeit überhaupt nichts am Hut haben", sagt Nils Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Denn noch fehle ein staatlich zertifiziertes Siegel.

Nils Nauhauser im Gespräch mit Susanne Kuhlmann |
    Susanne Kuhlmann: Geld anlegen und gleichzeitig was fürs ökologische Gewissen tun, das versprechen Sparkassen und Banken, die sogenannte ethische Geldanlagen anbieten, Investments mit Zusatznutzen also, denn neben möglichen Erträgen bekommt der Anleger auch das gute Gefühl, etwas für den Klimaschutz zu tun, für soziale Projekte oder für regionale Vorhaben, den Ausbau erneuerbarer Energien voranzubringen. Angebote sind also vorhanden, aber in kaum einem Geldinstitut gibt es Berater, die sich damit auskennen. Das schließt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen aus ihrer aktuellen Umfrage bei Banken und Sparkassen. Am Telefon in Stuttgart ist Nils Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Welche Angebote, Herr Nauhauser, sind denn auf dem Markt?

    Nils Nauhauser: Ja, Verbraucher haben da schon verschiedene Möglichkeiten, auszuwählen, also wer Wert legt auf hohe Sicherheit, der kann im Rahmen der einlagengesicherten Produkte verschiedene Angebote von Banken nehmen. Also das sind beispielsweise Sparbriefe, die eine Laufzeit haben von zwei, drei, vier, fünf Jahren, und dafür wirbt die Bank dann, dass das Geld beispielsweise für den Aufbau einer Fotovoltaik-Anlage verwendet wird oder dass das Windkraftprojekte finanzieren soll oder Ähnliches. Nur die Frage ist an der Stelle: Macht die Bank das wirklich, und würde die Bank ohne diese Mittel, die sie versucht einzusammeln mit diesen besonderen Aktionen, würde sie ohne diese Mittel überhaupt die Projekte finanzieren, oder würde sie das nicht doch finanzieren? Denn letztendlich muss man ja sagen, Banken sind profitmaximierende Unternehmen, und wenn es ein Klimaprojekt gibt, das rentable Kredite für die Bank anbietet, dann wird die Bank das auch finanzieren, so oder so.

    Kuhlmann: Wie schätzen Sie das denn ein, halten die Angebote das, was sie versprechen, oder sind sie eher eine Art Marketinggag?

    Nauhauser: Also in vielen Bereichen muss man schon sagen, dass es sich um Marketinggags handelt. Beispiel dafür ist, wenn Investmentfonds mit dem Siegel Nachhaltigkeit oder klimafreundlich oder ökologisch werben, aber bei näherer Betrachtung da Aktien oder Unternehmen oder Unternehmensanleihen drinstecken, die eigentlich mit Nachhaltigkeit überhaupt nichts am Hut haben, das liegt daran, dass dieser Begriff nicht gesetzlich geschützt ist. Also die Anbieter können verschiedene Produkte als klimafreundlich bezeichnen, ohne dass da irgendeine Institution draufguckt, um zu prüfen, ist auch wirklich das drin, was draufsteht.

    Kuhlmann: Wie nachhaltig sind denn so bezeichnete Investmentfonds? Gibt es denn dafür Kriterien?

    Nauhauser: Es gibt Kriterien, keine staatlich zertifizierten, also es ist nicht so wie im Supermarkt, wo sie ein Biosiegel haben. So ein Siegel haben wir bei Finanzprodukten leider nicht, allerdings arbeiten einige Länder, Bundesländer, daran, ein solches Siegel einzuführen, allen voran Baden-Württemberg. Aber bis es so weit ist, muss ein Verbraucher sich hier selbst informieren und kritisch nachfragen. Da gibt es bei Investmentfonds beispielsweise den sogenannten Best-in-Class-Ansatz, das bedeutet, es wird investiert in diejenigen Unternehmen, die in ihrer Branche besonders ethisch, besonders umweltfreundlich sind. Das heißt, dann ist im Zweifel auch mal ein Chemieriese dabei, aber eben derjenige unter den Chemieherstellern, die besonders umweltfreundlich sind. Und da gibt es andere Ansätze, die schließen bestimmte Branchen wie Atomkraft, Gentechnik und Ähnliches kategorisch aus – das sind Negativkriterien. Aber da muss ein Verbraucher sich im Internet sehr gut informieren. Von Beratern – hat ja diese Umfrage auch gezeigt – von Beratern einer Bank kann man diese Informationen leider nicht erwarten.

    Kuhlmann: Es gibt ja auch spezielle Energiegenossenschaften, die auf dezentrale Versorgung setzen, wenn man denen nun sein Geld gibt, wie sieht das zum Beispiel aus mit der Einlagensicherung?

    Nauhauser: Da gibt es keine Einlagensicherung. Also falls diese Genossenschaft dann keine Erträge abwirft, oder wenn es da aufgrund von irgendwelchen Kostenentwicklungen dazu kommt, dass sogar Verluste erwirtschaftet werden, dann sind die Anleger daran beteiligt.

    Kuhlmann: Die ethische Geldeinlage und was dabei zu beachten ist – das waren Informationen von Nils Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Ihnen vielen Dank nach Stuttgart!

    Nauhauser: Gerne!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.