Als wesentlicher Pol im literarischen Betrieb einer ganzen Epoche, der sogenannten klassischen Moderne, übte Rychner Anziehungskraft aus durch seine Schreibweise, gleichermaßen in Essays und Rezensionen wie auch in seiner umfangreichen Korrespondenz. In dieses Schreiben ist ein Geflecht gesponnen, das Beziehungen zu Hofmannsthal, Rilke und Thomas Mann einbindet, Lektürefäden ziehen zu Lessing und Goethe, Proust und Valéry oder Arno Schmidt und Uwe Johnson. Man kann nur staunen, was Rychner alles wahrgenommen hat, auch die "kleineren Gewächse", wie er 1927 – er hat als Redakteur und Autor inzwischen die "Neue Schweizer Rundschau" zu einer der wichtigsten europäischen Kulturzeitschriften gemacht – an Hofmannsthal schreibt: "Sie suchen Redaktionen gern auf. In ihren Taschen sind angegilbte Manuskripte, religiöse Untersuchungen, Pamphlete gegen Größen der Wissenschaft, philosophische Systeme, Verse. Wären es gänzlich Abgeirrte, Verrückte, so bliebe alles belanglos. Aber es hat merkwürdig subtile Intelligenzen und imponierende Temperamente darunter. Der gemeinsame Zug ist vielleicht eine innerste Auflehnung oder Gefühllosigkeit gegen das, was Goethe ‘das Rechte’ nennt. … Ihr Blick ist von einem Absoluten gebannt; sie werden leicht inhuman." Rychners Ethik der Form verlangt Genauigkeit im Detail. Das kehrt in seinen Texten immer wieder, zugleich als störrische Zurückhaltung und spielerische Leichtigkeit.
Kritik und Neugier Rychners verharren nie in einmal gewonnenen Positionen. Er blieb bei seiner Verehrung für Dante und Goethe, ohne daraus die alleinigen Richtlinien der Kritik abzuleiten. Neben solchen Konstanten war ihm vor allem an jeweiliger Orientierung im großen, ständig bewegten Gewebe der Weltliteratur gelegen. Dem Vorwurf der Rückwärtsgewandheit entgegnete Rychner 1949: "Die Zukunft! Der neue Mensch! Da alles aus der Gegenwart zu rennen begann, sah ich meine Aufgabe darin, das allzu radikale Abreißen der Fäden, die das Gewebe mit Gegenwart und Vergangenheit ausmachen, zu verhindern." Daß Rychner dies ganz praktisch dachte, zeigt seine Tätigkeit als Redakteur, während der er, wie er 1931 in persönlich schwieriger Lage selbstbewußt schreibt, "mit einer großen Zahl deutscher und französischer Schriftsteller und Gelehrter in Verbindung" gekommen sei. Und das ist nicht übertrieben: Ernst Robert Curtius schrieb bei ihm über Joyce und Proust, er druckte Gedichte von Rilke und Robert Walser, Texte von Hofmannsthal und Walter Benjamin. 1929 schreibt Rychner an Curtius: "Ich bin eine Mondnatur: die Strahlen der Mitarbeiter treffen mich – und ich leuchte." Dem jungen, noch unbekannten Paul Celan verhalf Rychner 1947 zu ersten Veröffentlichungen seiner Gedichte im Feuilleton der Zürcher Tageszeitung "Die Tat", das Rychner seit 1939, nach diversen Zwischenspielen auch bei Zeitungen in Deutschland, leitete. Daß mit der Unterstützung Celans ein wichtiges Datum der Literaturgeschichte dieses Jahrhunderts bestimmt ist, hat Celan selbst in einem Brief zu Rychners 60. Geburtstag markiert: "…damit, daß Sie damals ermutigten, was in mir nur Wunsch war und nach Worten tastender Gedanke, haben Sie diesem Wünschen und Tasten … das Morgen ermöglicht."