In der Begründung des Nobelpreiskomitees hieß es, das Welternährungsprogramm (WFP) werde auch für die Verbesserung der Bedingungen für Frieden in Konfliktregionen ausgezeichnet. Die Verbindung zwischen Hunger und bewaffneten Konflikten sei ein Teufelskreis, sagte die Vorsitzende des Preiskomitees, Berit Reiss-Andersen. "Wir werden das Ziel von Null Hunger nie erreichen, solange wir nicht auch Krieg und bewaffnete Konflikte beenden".
Eine besondere Rolle habe die UNO-Organisation während der Coronapandemie gespielt, die die Situation für Millionen Menschen gerade in Konfliktgebieten zusätzlich verschlimmert habe. Derzeit gebe es noch keinen Impfstoff gegen COVID19. "Ernährung ist die beste Impfung gegen Chaos", so Reiss-Andersen.
Das seit 1961 bestehende Welternährungsprogramm ist das führende Hilfswerk im Kampf gegen Hunger, versorgt Menschen in Krisenregionen und betreibt Entwicklungsprojekte. Im vergangenen Jahr etwa unterstützte die Organisation nach eigenen Angaben etwa 97 Millionen Menschen in 88 Ländern. Sie finanziert sich aus freiwilligen Zuwendungen der UN-Mitgliedsländer, der EU und einigen privaten Gebern.
WFP: "Anerkennung für Mitarbeiter und freiwillige Helfer"
"Dies ist ein stolzer Moment", sagte der Sprecher des Welternährungsprogramms in Genf, Thomson Phiri, nach der Zuerkennung des Friedensnobelpreises an das WFP. Der Preis sei eine Anerkennung sowohl für die Mitarbeiter als auch für die vielen freiwilligen Helfer und Helferinnen in aller Welt.
Das WFP habe während der Coronapandemie trotz der weltweiten Reisebeschränkungen Hungrige versorgt, so Phiri weiter: "Wir waren zu einem bestimmten Zeitpunkt die größte Fluggesellschaft der Welt". Das WFP hatte Flugzeuge gechartert, nachdem kommerzielle Flüge, die sonst viel Material für das WFP befördern, nicht mehr geflogen waren.
Phiri war in einer Pressekonferenz gerade dabei, über die Arbeit des WFP im Sudan zu berichten, als der Preisgewinn bekannt wurde.
Außenminister Maas: WFP ist "Vorkämpfer der Menschlichkeit"
WFP-Chef David Beasley zeigte sich überrascht: "Ich glaube, es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich keine Worte habe", sagte er, als ihn die Nachrichtenagentur AP in Niger über die Neuigkeit informierte.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) nannte den Preis für das WFP hochverdient. Dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien an den gefährlichsten Orten der Welt Vorkämpfer der Menschlichkeit. Der unermüdliche Einsatz des WFP rette jeden Tag Millionen Menschen vor Hunger und Mangelernährung, sagte Maas am Freitag. Deutschland sei weltweit der zweitgrößter Geberpartner des WFP.
Gegen 317 nominierte Organisationen und Personen durchgesetzt
211 Personen und 107 Organisationen waren für den Preis nominiert - die vierthöchste Zahl seit der ersten Preisverleihung 1901. Wie in jedem Jahr hatte es im Vorfeld der Bekanntgabe des Friedensnobelpreises auch 2020 viele Spekulationen gegeben, wer die Auszeichnung erhalten könnte.
Besonders gute Chancen waren unter anderem der Weltgesundheitsorganisation WHO und der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg eingeräumt worden. Auch die Nichtregierungsorganisation zum Schutz von Journalisten, Reporter ohne Grenzen, der russische Kremlkritiker Alexej Nawalny, die Demokratiebewegung in Hongkong, der Whistleblower Edward Snowden, Wikileaks-Gründer Julian Assange und US-Präsident Donald Trump waren im Gespräch für die diesjährige Auszeichnung gewesen.
2019 wurde Abiy Ahmed ausgezeichnet
Der Friedensnobelpreis ehrt dem Willen des Stifters Alfred Nobel zufolge Verdienste um Völkerverständigung, Abrüstung und Frieden. 2019 ging der Friedensnobelpreis an den äthiopischen Ministerpräsidenten Abiy Ahmed für seine Friedensbemühungen im Grenzkonflikt zwischen Äthiopien und dem benachbarten Eritrea.
Besonders berühmte Träger des Friedensnobelpreises waren Albert Schweitzer (1952), Willy Brandt (1971), Mutter Teresa (1979), der Dalai Lama (1989), Nelson Mandela (1993) und Barack Obama (2009). Immer wieder war die Auszeichnung auch umstritten, beispielsweise im Falle der 2012 geehrten Europäischen Union.
Der Friedensnobelpreis ist in diesem Jahr mit zehn Millionen schwedischen Kronen dotiert, umgerechnet rund 950.000 Euro. Die offizielle Verleihung wird wie immer am Todestag des Stifters, am 10. Dezember, in Oslo stattfinden, aufgrund der Coronapandemie in diesem Jahr aber in kleinerem Rahmen als gewohnt.
Weitere Nobelpreise 2020
Der Friedensnobelpreis ist die fünfte in der Nobelpreiswoche vergebene Auszeichnung des Nobelkomitees in Oslo. Traditionell den Anfang machte am Montag der Preis für Medizin, am Dienstag und Mittwoch folgten Physik und Chemie und am Donnerstag der Literaturnobelpreis.
Ein weiterer Preis, der zwar nicht von Alfred Nobel gestiftete ist, inzwischen aber praktisch im Rang eines solchen gehandelt wird ist der "Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften". Der sogenannte "Wirtschaftsnobelpreis" wurde erst 1968 von der Schwedischen Reichsbank gestiftet.