Die drei Physiker werden für ihre Forschungen zu Schwarzen Löchern, einem "der dunkelsten Geheimnisse der Galaxie" ausgezeichnet, so Göran K. Hansson, Generalsekretär der Königlich-Schwedischen Akademie der Wissenschaften in Stockholm.
Der Brite Roger Penrose von der Universität Oxford bekommt den Nobelpreis für die "Entdeckung, dass die Bildung von Schwarzen Löchern eine robuste Vorhersage der allgemeinen Relativitätstheorie ist", wie Hansson mitteilte. Die andere Hälfte des Nobelpreises geht an den deutschen Physiker Reinhard Genzel vom Max-Planck-Institut in Garching und Andrea Ghez von der University of California für ihre "Entdeckung eines supermassereichen kompakten Objekts im Zentrum der Milchstraße", wie es in der Begründung des Nobelkomitees hieß.
Schwarze Löcher - seltsame Himmelskörper
Schwarze Löcher, das Forschungsbebiet der drei Nobelpreisträger, sind die wohl seltsamsten Himmelskörper, die sich im Weltall herumtreiben: Sie entstehen, wenn riesige Sterne am Ende ihres Lebens in sich zusammenfallen und regelrecht implodieren. Dann verdichten sich diese Sterne so extrem, dass am Ende nur noch ein winziger Punkt übrigbleibt, in dem aber ein Großteil der Sternenmasse konzentriert ist. Dieses Gebilde hat eine derart enorme, unglaublich große Schwerkraft, dass das Schwarze Loch buchstäblich alles verschluckt, was ihm zu nahe kommt. Selbst das Licht kann dieser Schwerkraft nicht entkommen - deshalb sind Schwarze Löcher auch komplett schwarz sind und leuchten überhaupt nicht.
Genzel, Ghez, Penrose - auf der Spur der Gravitationsmonster
Alle drei Preisträger gelten als Pioniere der Forschung zu Schwarzen Löchern. Roger Penrose leistete dabei wichtige theoretische Vorarbeiten: Er hat bereits in den Sechzigerjahren die allgemeine Relativitätstheorie von Albert Einstein gründlich durchgerechnet und dabei bewiesen, dass es Schwarze Löcher geben muss, und dass sie eine logische Konsequenz von Einsteins Theorie sind.
Andrea Ghez und Reinhard Genzel haben Anfang der 2000er-Jahre erstmals überzeugende Hinweise geliefert, dass Schwarze Löcher tatsächlich existieren. Sie konnten das größte Schwarze Loch in der Milchstraße anhand seiner gewaltigen Schwerkraft dingfest machen: Im Laufe von vielen Jahren hatten sie beobachtet, dass sich die Sterne in der näheren Umgebung immer schneller um ein Schwarzes Loch gedreht haben - damit ertappten sie das Gravitationsmonster quasi auf frischer Tat. Seitdem war sich die Fachwelt sicher, dass Schwarze Löcher tatsächlich existieren.
Nobelpreisträger Genzel: "Auszeichung für 30 Jahre harte Arbeit"
Der deutsche Physiker und frisch ernannte Nobelpreisträger Reinhard Genzel erlebte den großen Moment so, wie man es aus Filmen kennt, erzählte er am Nobelpreis-Mittag im
Deutschlandfunk-Interview
: "Ich saß in einer virtuellen Konferenz. Auf einmal klingelte das Telefon und jemand sagte: 'This is Stockholm.' Es ist unglaublich, toll, eine Auszeichnung für 30 Jahre harte Arbeit einer ganzen großen Gruppe." Genzel betonte seine Dankbarkeit gegenüber der Max-Planck-Gesellschaft, "die diese Forschung über eine so lange Zeit gefördert hat".
Im vergangenen Jahr hatten sich der US-Kosmologe James Peebles sowie die Schweizer Exoplaneten-Entdecker Michel Mayor und Didier Queloz die Auszeichnung für ihre bahnbrechenden Beiträge zum Verständnis des Kosmos geteilt.
Erster Physik-Nobelpreis für Röntgen
Den ersten Physik-Nobelpreis hatte 1901 der deutsche Physiker Wilhelm Conrad Röntgen für die Entdeckung der nach ihm benannten Röntgenstrahlen erhalten.
Andrea Gehz ist erst die vierte Frau, die mit einem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Zuvor hatten die Kernphysikerinnen Marie Curie (im Jahr 1903 zusammen mit ihrem Mann Pierre Curie und Antoine Henri Becquerel) und Maria Goeppert-Mayer (1936 zusammen mit Eugene Wigner und Hans D. Jensen) sowie die Laserphysikerin Donna Strickland, die 2018 die begehrte Medaille erhalten.
Hintergründe zum Nobelpreis
Der Nobelpreis gilt international als eine der wichtigsten wissenschaftlichen Auszeichnungen. Dotiert sind die Nobelpreise in diesem Jahr pro Kategorie mit zehn Millionen schwedischen Kronen, dies entspricht rund 950.000 Euro, und damit mit einer Million Kronen mehr als im Vorjahr. Häufig gehen die wissenschaftlichen Auszeichnungen an mehrere Preisträger gleichzeitig, die entweder gemeinsam oder zum selben Fachgebiet geforscht haben.
Die diesjährige Nobelpreissaison hatte am Montag mit der Bekanntgabe der Preisträger für Medizin begonnen. Ausgezeichnet wurden die US-Forscher Harvey Alter und Charles Rice sowie ihr britischer Kollege Michael Houghton für die Entdeckung des Hepatitis-C-Virus.
Die Bekanntgabe der Nobelpreise wird am Mittwoch mit dem Preis für Chemie fortgesetzt. An den darauffolgenden Tagen folgen der Preis für Literatur am Donnerstag, am Freitag der Friedensnobelpreis und am Montag die Auszeichnung für Wirtschaftswissenschaften.
Wegen der Corona-Pandemie werden die Preisverleihungen in Stockholm und in Oslo am 10. Dezember, dem Todestag von Preisstifter und Dynamit-Erfinder Alfred Nobel, in kleinerem Rahmen stattfinden. Die Zeremonie im Konzerthaus von Stockholm wird durch eine TV-Preisvergabe im Rathaus der schwedischen Hauptstadt ersetzt.