Die Vorwürfe gegen Stefan Lurz, den Bundestrainer im Freiwasserschwimmen, sind massiv: Der "Spiegel" berichtet von sexistischen Handynachrichten, aufgezwungene Berührungen und ungewollten sexuellen Handlungen. Lurz bestreitet die Vorwürfe. Es gehe bei den Vorwürfen auch darum, dass ein Abhängigkeitsverhältnis ausgenutzt wurde, erklärt Dlf-Reporterin Andrea Schültke, die seit langem und ausführlich zu sexualisierter Gewalt im Sport recherchiert.
Gegen Lurz gab es schön länger Vorwürfe
"Trainer haben halt die Macht, zum Beispiel Athleten und Athletinnen zu nominieren. Denn die Bundestrainer sind für die Fahrt zu Europameisterschaften oder Weltmeisterschaften oder zu großen internationalen Wettkämpfen zuständig", sagt Schültke.
Die Vorwürfe gegen Lurz, dem Bruder des ehemaligen Weltklasseschimmers Thomas Lurz, passten zu den Aussagen einer anderen Schwimmerin, die von Lurz trainiert worden war. Schültke hatte schon deutlich vor den aktuellen Anschuldigungen mit ihr gesprochen. Schon 2010 und in den Folgejahren hatte es Vorwürfe gegen Stefan Lurz gegeben, von denen der Schwimmverband wusste. Zum Beispiel wurde ihm die Vergewaltigung einer 15-jährigen Athletin vorgeworfen. Die Ermittlungen wurden aber eingestellt, nachdem die Sportlerin die Vorwürfe zurückgenommen hatte.
Schwierigkeiten bei der strafrechtlichen Verfolgung
Welche Strafe Lurz nun drohen, hänge von verschiedenen Faktoren ab, so Schültke. Denn das Sexualstrafrecht habe sich in den vergangenen Jahren geändert. Es könne sein, dass Vorwürfe, die es 2015 gab, damals keinen Straftatbestand erfüllten - heute aber schon. Dies müsse die Staatsanwaltschaft jetzt prüfen. Womöglich auch mit weiteren Zeuginnen, die bisher noch gar nicht bekannt seien.
Neues DSV-Konzept gegen sexualisierte Gewalt
Der aktuelle Verbandsvorstand ist erst seit einigen Monaten im Amt und hatte Lurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe beurlaubt, was ausdrücklich keine Vorverurteilung sein solle. Der Verband gibt an, alle Informationen an die Staatsanwaltschaft weitergegeben zu haben. Zudem schreibt der Verband, dass er jegliche Form von Missbrauch verurteile und jeder Fall von Gewalt einer zu viel sei. Außerdem wolle der DSV die Betroffenen schützen und zum Sprechen ermutigen.
"Das sind alles Sätze, die man häufig hört, die man häufig hört, wenn irgendein Sportverband mit Vorwürfen oder Vorfällen sexualisierter Gewalt konfrontiert ist", ordnet Schültke ein. Nun muss sich erweisen, wie gut das Konzept ist, das der Verband vor einigen Monaten für solche Fälle vorgestellt hat. "Dieses Konzept liest sich wirklich gut", sagt Andrea Schültke. "Und jetzt kann es zeigen, wie es umgesetzt wird."