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Belästigungsvorwürfe im WDR
Fehler im System?

Der WDR ist in Erklärungsnot: Mehreren Mitarbeitern werden sexuelle Übergriffe auf Frauen vorgeworfen. Intendant Tom Buhrow hat Aufklärung versprochen - doch die wird noch eine Weile brauchen. Inzwischen gelangen immer mehr Details an die Öffentlichkeit, die von Journalisten recherchiert wurden.

Von Brigitte Baetz |
    Logo am WDR-Gebäude. Köln, 06.04.2018
    Größte ARD-Anstalt: der WDR in Köln (imago stock&people/ J. Krick)
    Es begann mit einer gemeinsamen Recherche von "Stern" und "Correctiv": Am 4. April schrieben sie, ein Auslandskorrespondent des WDR habe einer Praktikantin Pornos gezeigt und sie bedrängt. Auch weitere Fälle von Übergriffen auf andere Frauen seien bekannt. Es stellte sich die Frage, warum der WDR den Mann trotz der im Hause schon bekannten Vorwürfe jahrelang weiter im Amt belassen hatte. Der Redakteur wurde inzwischen freigestellt.
    Auch intern kam Kritik auf: Die Vorsitzende des WDR-Personalrates Christiane Seitz erklärte, der Personalrat habe "immer wieder vergeblich gefordert, im absolut hierarchisch geprägten WDR eine Ahnung von Machtmissbrauch und Herabwürdigung gegenüber Schwächeren und Abhängigen zu gewährleisten".
    Aufklärung soll von außen kommen
    Wie Correctiv und Stern in weiteren Artikeln berichteten, habe der WDR in dem Fall eines weiteren Mitarbeiters, dem auch Übergriffe vorgeworfen werden, nicht diesen selbst, sondern einen anderen Redakteur zur Rechenschaft gezogen, der auf die Misstände hingewiesen hatte.
    Der WDR beauftragte Monika Wulf-Mathies, die ehemalige Vorsitzende der Gewerkschaft ÖTV, mit einer Untersuchung der Vorfälle. Doch mit Ergebnissen ist nicht vor dem Sommer zu rechnen.
    Der "Fall" Gebhard Henke
    Unterdessen wurde bekannt, dass ein "hochrangiger Mitarbeiter" des WDR freigestellt worden sei. Gebhard Henke, Leiter des WDR-Programmbereichs Fernsehfilm, Kino und Serie, ging in die Offensive und outete sich selbst als Betroffener. Er wirft seinem Sender vor, ihn über die konkreten Details der Vorwürfe im Unklaren zu lassen. Ebenso bestreitet er, in irgendeiner Form übergriffig geworden zu sein
    In der jüngsten Ausgabe des "Spiegel" kamen mehrere Frauen zu Wort, unter anderem Charlotte Roche, weil sie von Henke belästigt worden seien. Hingegen warnen 16 bekannte Schauspielerinnen, Regisseurinnen und Agentinnen in einem offenen Brief vor "blindem Aktionismus und Übereifer": "Gebhard Henke ist uns und unserer Arbeit in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten stets respektvoll begegnet. Wir schätzen ihn, seine Arbeit und seine Integrität."