Belarus in der Nations League
Das Regime schlägt zurück

Der Präsident von Belarus, Alexander Lukaschenko, unterstützt Wladimir Putin im Krieg gegen die Ukraine und geht brutal gegen Oppositionelle vor. Trotzdem darf das Nationalteam von Belarus am internationalen Spielbetrieb im Fußball teilnehmen, auch in der Nations League.

Von Ronny Blaschke |
Die Fußballer aus Belarus nach einem Treffer im Spiel der Nations League gegen Luxemburg
Machtinstrument des Lukaschenko-Regimes: Nationalteam von Belarus bei einem Spiel der Nations League (IMAGO / Gerry Schmit)
Anfang November empfing Legia Warschau in der Conference League Dinamo Minsk. In der polnischen Hauptstadt leben Tausende geflüchtete Menschen aus Belarus. Etliche von ihnen waren nun im Stadion und schwenkten die weiß-rote Flagge der belarussischen Opposition. Sie zeigten Protestbanner und stimmten Schmählieder an, gegen den belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko.
Knapp 600 Kilometer weiter östlich, in der belarussischen Hauptstadt Minsk, ist an solche Proteste nicht mehr zu denken. Menschenrechtler wie der frühere Handballmanager Alexander Apeikin gehen davon aus, dass in Belarus mehr als 1.200 politische Gefangene inhaftiert sind: "Die Repression in Belarus war sehr stark. Es gibt im Land keine demokratische Zivilgesellschaft mehr. Alle Aktivisten sind entweder im Ausland oder im Gefängnis. Auch einige Vertreter aus dem Sport haben lange Haftstrafen erhalten. Die Protestenergie ist verschwunden."

Fußballer mussten nach Demonstrationen Karriere beenden

Im Sommer 2020, nach den mutmaßlich manipulierten Präsidentschaftswahlen in Belarus, demonstrierten Hunderttausende gegen Lukaschenko. Unter ihnen waren auch Sportler, Funktionäre und Trainer. Alexander Apeikin gründete damals mit Kollegen die Belarussische Stiftung für Solidarität im Sport. Sie verurteilten in einem offenen Brief die Gewalt des Staates gegen die Demonstrierenden. Mehr als 2000 Menschen aus dem Sport unterzeichneten.
Alexander Apeikin sagt: "Es gab auch ein Video, in dem sich Fußballer gegen die staatliche Gewalt ausgesprochen haben. Daraufhin hat das Sportministerium ihre Namen auf eine Schwarze Liste gesetzt. Sie durften lange nicht mehr in der Liga spielen oder mussten ihre Karriere beenden. Inzwischen haben einige Spieler öffentlich Reue gezeigt und die Proteste als Fehler bezeichnet."

Ehemaliger Torhüter in Gewahrsam

Das belarussische Regime unterstreicht seine Macht auch im Fußball. Der Verein Krumkachy, dessen Spieler sich gegen Polizeigewalt ausgesprochen hatten, wurde aus der zweiten in die dritte Liga herabgestuft. Sportmedien wie Tribuna, die über protestierende Sportler berichtet hatten, wurden gesperrt.
Und selbst prominente frühere Fußballer sind nicht mehr sicher, sagt der belarussische Journalist Yagor Khawanski, der im Exil lebt. Und er nennt ein Beispiel: „Vasil Khamutowski spielte als Torwart auch in Deutschland, unter anderem für Carl Zeiss Jena und Augsburg. Nach seiner Karriere arbeitete Khamutowski als Trainer in der Ukraine. Er äußerte sich kritisch gegen Lukaschenko. 2022 wollte er für einen medizinischen Eingriff nach Minsk reisen. Er wurde bei der Ankunft festgenommen und für 15 Tage inhaftiert.“

Der Sport als Machtinstrument des Lukaschenko-Regimes

Im Fußballverband von Belarus sitzen Vertraute von Lukaschenko aus Militär und Staatsbetrieben. Auch sie stützen den russischen Präsidenten Putin im Krieg gegen die Ukraine. Trotz dieser Verbindungen dürfen die Nationalmannschaft und die Spitzenklubs aus Belarus am internationalen Spielbetrieb teilnehmen. Ihre Heimspiele müssen sie aber außerhalb des Landes bestreiten. In Ungarn, Aserbaidschan oder in Serbien, in Staaten, die Putin und Lukaschenko politisch nahestehen.
Seit Kriegsbeginn 2022 hat Belarus in Minsk nur ein Freundschaftsspiel bestritten: im vergangenen Juni gegen Russland. Der Reporter Yagor Khawanski: "Dieses Spiel wurde von Staatsmedien und Fußballverband als das Spiel des Jahres bezeichnet. Aber das ist Propaganda. Tatsächlich funktioniert der Sport nicht mehr als nationales Symbol. Als belarussische Athleten bei den Olympischen Spielen in Paris Medaillen gewannen, haben sich die Leute darüber kaum gefreut. Die Bevölkerung begreift den Sport als Instrument von Lukaschenko."

Ultra-Szenen im Fußball wurden zerschlagen

In Belarus selbst besuchen nur noch wenige Tausend Menschen die erste Fußballliga. Die Eingangskontrollen in den Stadien sind streng. Und es scheint, als wolle die Bevölkerung möglichst wenig Kontakt mit der Polizei haben.
Die Mobilisierungskraft der Ultras wurde ohnehin schon vor Jahren zurückgedrängt, sagt der Journalist Ingo Petz vom Onlinemedium Dekóder: "Problematisch war es eigentlich schon seit 2014, 2015. Als der Staat angefangen hatte, konsequent gegen Ultra-Szenen vorzugehen, die Leute zu verhaften, auch für länger ins Gefängnis zu stecken. Die sind dann während der Proteste nochmal in Erscheinung getreten, auch vereinzelt. Aber eigentlich haben sie da auch schon im größeren Maße keine Rolle mehr gespielt."

Litauens Fußballerinnen traten nicht gegen Belarus an - von der UEFA bestraft

Ende Januar finden nun die nächsten Präsidentschaftswahlen in Belarus statt. Vorerst werden wohl nur im Ausland Proteste gegen Lukaschenko möglich sein. Ein Beispiel: Die Fußballerinnen aus Litauen wollten in der Qualifikation für die EM 2025 keine Kompromisse eingehen. Sie lehnten ihre beiden Spiele gegen Belarus ab. Die Uefa sprach ihnen eine Geldstrafe aus und wertete beide Partien mit 3:0 für Belarus.