Alexander Burakow ist ein Mensch, den man wohl ohne Übertreibung als mutig bezeichnen kann. Seit Jahren berichtet er als Journalist aus Belarus, das deutsche Politik und Medien lange Weißrussland genannt haben – Politik und Medien, die sich inzwischen aber daran orientieren, wie sich das Land selbst nennt. Seit nunmehr 26 Jahren wird Belarus von Alexander Lukaschenko regiert, den Kritiker als "letzten Diktator Europas" bezeichnen.
Alexander Burakow arbeitet als freier Korrespondent unter anderem für die russische Redaktion der Deutschen Welle (DW). Einige seiner Artikel wurden in der Vergangenheit auch fürs deutsche Programm übersetzt: Reportagen über Belarussen, die wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage in ihrer Heimat ihr berufliches Glück im Ausland suchen, oder über Skinheads, die ein Mahnmal für Holocaust-Opfer geschändet haben.
Bereits einmal, 2014, wurde Burakow wegen seiner Arbeit verurteilt. Das belarussische Gericht sprach damals von einem "illegalen Herstellen eines Produkts für die Massenmedien" – und verurteilte den Journalisten zu einer Geldstrafe. Dieses Mal, kurz vor der Präsidentenwahl vom 9. August, lautete das Urteil: zehn Tage Haft.
Er sei wegen angeblichen "Rowdytums" verurteilt worden, teilte die DW mit. Doch das könne nur als "fadenscheiniger Vorwand" interpretiert werden, um eine kritische Berichterstattung im Vorfeld der Wahl zu verhindern, schrieb DW-Intendant Peter Limbourg in einem Protestbrief an den Botschafter von Belarus in Berlin. Die DW habe keinen Kontakt zu dem Journalisten.
Pressefreiheits-Ranking: Rang 153 von 180
Und Burakow ist nur einer von vielen: Während des Wahlkampfs wurden laut Reporter ohne Grenzen (ROG) mehr als 40 Medienschaffende festgenommen, die über Demonstrationen und Kundgebungen von Oppositionskandidaten berichtet hatten, darunter auch ausländische Journalistinnen und Journalisten.
Im Ranking der Pressefreiheit der Organisation belegt Belarus Rang 153 von 180. Eine restriktive Lizenzvergabe im Land verhindert Privatsender. Unabhängige Zeitungen dürfen weder in staatlichen Druckereien hergestellt noch über staatliche Distributionskanäle verteilt werden. Kritische Berichterstattung über den Präsidenten und die Regierung kann mit harten Strafen geahndet werden. Journalisten und Bloggerinnen werden immer wieder verfolgt. Strenge Internetgesetze erschweren den Zugang zu ausländischen Webseiten und verstärken die Überwachung der Nutzer im Land. Der staatliche Rundfunk in Belarus ist in erster Linie ein Propagandawerkzeug der Regierung.
Kritische Kommentare – im Ausland
Bilder der aktuellen Proteste, die die Regierung niederzuschlagen versucht, finden sich dementsprechend vor allem im Internet. Ein vom US-finanzierten Sender Radio Free Europe/Radio Liberty live übertragenes Video zeigte hunderte Bereitschaftspolizisten, die Demonstranten gegenüberstanden und Schockgranaten abfeuerten. Auch hier wurden wieder Journalisten verhaftet,
berichtet Korrespondent Florian Kellermann im Deutschlandfunk
. Wie viele genau, könne man nicht sagen. Aber alleine ein polnischer TV-Sender habe fünf festgenommene Mitarbeiter gemeldet.
In Kommentaren einiger Medien aus benachbarten Ländern werden die Proteste als eine Zäsur gesehen: "Egal, was die Propaganda von Lukaschenkos Apparat nach der Wahl verkündet: Die Demokratie in Belarus kann heute schon von einem großen Sieg sprechen", heißt es etwa in der linksliberalen polnischen Zeitung "Gazeta Wyborcza". Belarus werde "nicht das Land bleiben, wie es Staatschef Alexander Lukaschenko bislang kannte", sagt die russische Tageszeitung "Nesawissimaja Gaseta" voraus.
"Die Unterdrückung von Menschen und Grundrechten, darunter die Pressefreiheit, geht weiter", stellt Hendrik Zörner vom Deutschen Journalistenverband fest. Er fordert, Europa müsse die Regierung Lukaschenko "ächten". Das sei der Kontinent "seinen Grundwerten, den Oppositionellen und den Journalisten in Belarus schuldig".