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Belegte Turnhallen in Berlin
Sportunterricht im Bowlingcenter

In Berlin werden immer mehr Turnhallen für die Unterbringung von Flüchtlingen benötigt, der Sportunterricht fällt aus. Die Berliner Schulverwaltung reagiert jetzt mit Alternativangeboten. Damit Schüler wieder Sport machen, sollen sie auf Freizeit- und Sportcenter ausweichen. Viele Schulen finden das zu umständlich.

Von Anja Nehls |
    Flüchtlinge sitzen am 04.08.2015 auf Feldbetten in einer Turnhalle auf dem Gelände der Bundespolizei in Rosenheim.
    In Berlin sind viele Turnhallen mit Flüchtlingen belegt. (picture alliance / dpa / Andreas Gebert)
    430 Kinder der Mark-Twain Grundschule in Berlin Reinickendorf toben auf dem Schulhof. Zum Glück ist das Wetter heute gut, denn sowohl der Sportunterricht, als auch die Sport AGs, die in dieser gebundenen Ganztagsschule dazugehören, kommen zurzeit zu kurz:
    "Wir hatten eine Turn AG, die hat echt Spaß gemacht, aber in diesem Halbjahr kann die Waveboard AG nicht stattfinden, weil die Flüchtlinge in unserer Turnhalle sind und wir haben ja eigentlich noch eine kleine Turnhalle, aber da kann unserer Waveboard AG auch nicht stattfinden."
    Weil diese Halle nun dringend gebraucht wird, um wenigstens die drei Stunden schulischen Sportunterricht pro Klasse halbwegs zu ermöglichen, bedauert Schulleiterin Verena Thamm. In der neuen großen Halle leben seit Dezember über 200 Flüchtlinge, für die Schule ein Problem:
    "Wir konnten also nicht so viel in die alte Halle an Freizeitbeschäftigungen reintun, weil diese Halle jetzt von früh um 8 bis 16 Uhr mit Sportunterricht voll ist."
    Die Fünft- und Sechstklässler nutzen darüber hinaus die Turnhalle der Nachbarschule. 20 Minuten Fußweg hin und 20 zurück, das geht nur in Doppelstunden und auch von denen bleibt für den eigentlichen Sport nicht viel Zeit übrig.
    62 von 1000 Berliner Sporthallen sind derzeit mit Flüchtlingen belegt, in 40 Fällen sind Schulen betroffen, die sich jetzt irgendwie anders behelfen müssen, ein unhaltbarer Zustand, besonders jetzt im Winter, meint Elternvertreterin Gitte Schlingelhoff aus Berlin Zehlendorf:
    "Dass man in den Klassenräumen die Sachen an die Seite räumt und dann so eine Art Tanz macht und das als Sportunterreicht deklariert, man kommt damit eine Zeit lang zurecht, das ist aber nicht so, dass das jetzt vernünftiger und normaler Sportunterricht ist."
    Sportunterricht in Kletter- und Tennishallen
    Deshalb hat jetzt die Berliner Schulverwaltung reagiert. Dort wo nicht noch dichter zusammengerückt werden kann, sollen die Schulen den Sportunterreicht jetzt woanders stattfinden lassen können: in Kletterhallen, Schwimmbädern, Bowlingcentern oder Tennishallen. Im sogenannten. "Bündnis für den Schulsport" kann jede betroffene Klasse dafür 500 Euro beantragen, sagt Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheres:
    "Das ganze Konzept ist ja da, damit die Schulen gucken können, also so viel wie möglich Angebote in Anspruch zu nehmen, damit der Sportunterricht stattfindet, deswegen habe ich mich darum gekümmert, diese zusätzlichen 1,5 Mio. Euro zu bekommen."
    Für Sportunterricht – mal ganz anders. Die Kinder der Mark Twain GS sind von der Idee begeistert:
    "Wenn der Sportunterricht ausfällt, dann gehen wir in den Kletterwald oder Schlittschuhlaufen. Wir haben schon aufgeschrieben, was wir gerne machen wollen."
    Ob das wirklich klappen wird, steht allerdings in den Sternen. Schulleiterin Verena Thamm guckt zweifelnd auf die extra eingerichtete Internetseite, auf der Schulen Sportangebote wählen können, in der Nähe ist nichts:
    "Ja, da gehen wir mal auf Reinickendorf. Bowlingcenter. Also bis da werden wir bestimmt nicht hinfahren. Indoor Beach Center, das ist eine große Halle, also wir sollten dann im Prinzip von hier unten da hochfahren, das können Sie knicken."
    Für den ganz normalen Schulunterricht sei das keine Alternative, meint die Schulleiterin:
    "Das ist ein Ausflugstag, der damit verbracht wird. Das hat mit dem regulären Sportunterricht nichts zu tun. Wir könnten zum Schwimmen gehen, das werden wir auch tun. Wir müssen wenn dann zwei Leute mitschicken, wir müssen zu allem hinfahren mit Bus und Bahn."
    Wann wieder Sport stattfinden kann, weiß niemand
    Der Leichtathletikverband bietet im Rahmen des Bündnisses für den Schulsports an, mit den Kindern z.B. Laufen zu gehen. Das sei nett gemeint, aber leider im Umfeld der Mark-Twain Grundschule viel zu gefährlich:
    "Wir sind von großen Verkehrsströmen umzingelt. Und ein großes Parkgebiet, wo auch der Untergrund entsprechend ist, dass man gut joggen kann, den haben wir einfach nicht. Wir müssen wieder fahren."
    Und hoffen, dass die große Turnhalle möglichst schnell wieder frei wird. Mitte Mai soll es soweit. sein. Wann hier aber wieder Sport stattfinden wird, weiß niemand, befürchtet die Leiterin der Waveboard AG:
    "Dann wird ja erstmal renoviert und dann ist die Frage, wann wird begonnen und wann ist die Renovierung beendet. Die Kinder haben mich gerade angesprochen und gefragt, wann wir denn endlich wieder Waveboard fahren."