Am Ende war der politische Druck dann doch zu groß. Nicht nur die Opposition übte heftige Kritik am bisherigen Krisenmanagement der belgischen Behörden, auch der Landwirtschaftsminister musste sich bohrende Fragen gefallen lassen. Warum dauerte es rund sieben Wochen, bis die zuständige Lebensmittelsicherheitsbehörde FASNK den Fipronil-Fund in Eiern an das europäische Schnellwarnsystem weiterreichte? Warum haben die Kommunikationsstränge nicht funktioniert und wer trägt dafür die Verantwortung?
Fragen über Fragen, die Agrarminister Denis Ducarme heute zusammen mit Gesundheitsministerin Maggie de Block vor den beiden zuständigen parlamentarischen Ausschüssen für Gesundheit und Landwirtschaft beantworten soll. Wobei sich Ducarme inzwischen selbst an die Spitze der Aufklärer gestellt hat: "Ich werde alles tun, um für Transparenz zu sorgen, weil es eine sehr wichtige Angelegenheit ist: Eier gehören zum täglichen Leben, wir essen sie praktisch jeden Tag, auch in verarbeiteter Form."
Staatsanwaltschaft Antwerpen ermittelt wegen Betrug
Auch in Belgien hat der Skandal weite Kreise gezogen. Zum einen gilt ein Betrieb in Nordbelgien als mögliche Quelle für die Vermischung eines harmlosen Antimilbenmittels mit dem Fibronil, obwohl die Anwendung des Insektizids für Tiere aus dem Lebensmittelbereich verboten ist. Die Staatsanwaltschaft Antwerpen ermittelt bereits wegen des Vorwurfs des Betrugs.
Gleichzeitig sind die wirtschaftlichen Auswirkungen beträchtlich. 51 Geflügelhöfe sind derzeit noch gesperrt, auch wenn es in Belgien keine Warnungen vor dem Eierverzehr gegeben hat, weil die gemessenen Fipronilwerte unterhalb der erlaubten EU-Schwellen lagen. Doch am schwersten wiegt der Vorwurf der Informationsverschleppung – den jedoch der Geschäftsführer der Lebensmittelsicherheitsbehörde, Herman Diricks, gestern noch einmal zurückgewiesen hat.
"Unsere Untersuchungen führten zur Entdeckung des Problems"
"Sie unterstellen, dass wir etwas verschweigen wollten! Das ist überhaupt nicht wahr! Wenn wir relevante Informationen hatten, haben wir sie mitgeteilt. Ich möchte Sie aber darauf hinweisen, dass man erst eine korrekte Information haben muss, um kommunizieren zu können. Es waren unsere Untersuchungen, die zur Entdeckung des Problems führten."
Doch dieser Argumentation der Behörde wollen viele nicht mehr folgen. Auch nicht der Vorsitzende der Grünen im belgischen Parlament, Jean-Marc Nollet. Es gebe jetzt doch viele drängende Fragen, etwa bei der Überwachung des Lebensmittelsektors, betonte Nollet zu Beginn der Woche.
Die Ergebnisse der belgischen Untersuchungen dürften übrigens auch von der EU-Kommission mit großem Interesse verfolgt werden. Sollte sich nämlich herausstellen, dass Belgien seine Informationspflichten gegenüber der EU vernachlässigt hat, könnte dies in letzter Konsequenz sogar zu einem Vertragsverletzungsverfahren führen.