Die belgischen Sicherheitsbehörden gehen kein Risiko ein. Am Abend erklärte Premierminister Charles Michel, die höchste Terrorwarnstufe vier soll vorerst weiter gelten. Weiterhin gibt es also eine akute Bedrohungslage und die Gefahr eines Anschlages im Großraum Brüssel:
"Wir haben Hinweise, die uns darauf schließen lassen, dass mögliche Ziele stark frequentierte Orte sind. Wir denken etwa an Einkaufszentren, Geschäftsstraßen und zum Beispiel an die öffentlichen Verkehrsmittel".
Die Menschen sollen deshalb Orte mit größeren Ansammlungen unbedingt meiden. Zu den aktuellen Fahndungsmaßnahmen und Ermittlungen äußerte sich Michel erwartungsgemäß nicht. Derzeit fahnden die Ermittlungsbehörden nach mindestens zwei Verdächtigen, die mit den Anschlägen von Paris unmittelbar in Verbindung stehen. Das hatte am Mittag der Bezirksbürgermeister des Brüsseler Stadtteils Schaerbeek, Bernard Clerfayt in einem Hörfunkinterview preisgegeben:
Es bleibt eine schwerwiegende Bedrohung, wie man aus dem Munde des Premierministers gehört hat. Es befinden sich zwei Terroristen auf dem Brüsseler Gebiet, die sich veranlasst sehen könnten, sehr gefährliche Taten zu begehen. Wir müssen nun vorausschauend handeln, vorbeugen und überwachen, und das hat ziemlich dramatische Konsequenzen für die Leute, die sich ein amüsantes Wochenende vorgestellt hatten. Aber bei einer derartigen Bedrohung müssen wir sehr wachsam sein"
Ganz oben auf der Fahndungsliste steht demnach der 26 jährige Belgier Salah Abdeslam, der inzwischen als der Logistikchef des Pariser Anschlags gilt. Sein Bruder hatte sich bei dem Anschlag in die Luft gesprengt. Auch Salah Abdeslam soll Spekulationen zufolge über Sprengstoff verfügen – er hatte sich am vergangenen Sonntag von zwei Freunden nach Brüssel zurückbringen lassen. Mohamed Abdeslam appellierte unterdessen im belgischen Fernsehen an seinen Bruder, sich den Behörden zu stellen:
"Wir, die Familie, aber auch die Familien der Opfer und alle Menschen, die auf uns schauen, ziehen es vor, Salah im Gefängnis zu sehen und nicht auf dem Friedhof".
Die Verlängerung der höchsten Terrorwarnstufe hat massive Auswirkungen auf die belgische Hauptstadt. Schulen, Hochschulen sowie die Metro bleiben weiter geschlossen. Das gilt auch für Museen sowie das Atomium. Die Großbank Belfius hat ihren 2200 Mitarbeitern im Großraum Brüssel empfohlen, morgen nicht zur Arbeit zu kommen.
In ganz Brüssel patrouillieren schwerbewaffnete Soldaten und Polizisten; an wichtigen Positionen in der Stadt sind Panzerwagen aufgefahren, auch auf dem Grand Place. Vor allem am Samstag war das öffentliche Leben praktisch völlig lahmgelegt. Heute hatte sich die Lage wieder etwas normalisiert. Allerdings erklärte der Einzelhandel, der Umsatz in der Innenstadt habe gerade einmal 10 Prozent des normalen Geschäftsumfangs erreicht. Es ist für die Stadt eine äußerst schwierige Lage, das weiß auch der belgische Premierminister:
"Alles ist getan, alles ins Werk gesetzt, um so schnell wie möglich zum normalen Leben zurückzukehren, das ist jetzt auch eine wichtige Botschaft".
Doch wann die belgische Hauptstadt wieder zu einem halbwegs normalen Leben zurückkehren kann, ist völlig offen. Zumal die Terrorangst, unabhängig von der Gefahrenstufe, weiter bleiben wird. Morgen Nachmittag will der Nationale Sicherheitsrat über die weitere Vorgehensweise erneut beraten.