
Marieke Vervoort hat in ihrer Sport-Karriere mit ihrem Handbike große Erfolge gefeiert: Gold und Silber bei den Paralympics in London 2012, drei Siege bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften für Behinderte über 100, 200 und 400 Meter, vier Weltrekorde. In Rio de Janeiro will sie noch einmal angreifen. "Es gibt die Chance, eine Medaille zu holen, aber die Konkurrenz ist sehr stark", sagte sie dem belgischen Sender RTL Info.
"Denke sehr intensiv über aktive Sterbehilfe nach"
Fest steht: Es werden die letzten Paralympischen Spiele für die belgische Athletin. "Rio ist mein letzter Wunsch, und dafür trainiere ich sehr hart, auch wenn ich Tag und Nacht mit meiner Krankheit zu kämpfen habe", so zitiert die Zeitung L'Avenir die 37-Jährige. Und weiter: "Wir werden sehen, was das Leben danach für mich bereithält und ich werde versuchen, die schönen Momente so gut es geht zu genießen. Allerdings denke ich inzwischen sehr intensiv über aktive Sterbehilfe nach."

Vervoort leidet seit ihrer Jugend an einer unheilbaren Krankheit, die ihre Beine lähmt und ihr starke Schmerzen bereitet. Bereits 2015 hatte sie angekündigt, die in Belgien erlaubte aktive Sterbehilfe in Anspruch nehmen zu wollen. Ihre Krankheit werde stetig schlimmer, ihr Körper mache es ihr immer schwerer, zu trainieren, so Vervoort - und es sei hart, zu akzeptieren, dass immer weniger Aktivitäten möglich seien. Mit ihrer Karriere gebe sie auch ihren einzigen Grund auf, am Leben zu bleiben.
Vorstellung von der eigenen Beerdigung
Die nötigen Papiere hat Vervoort laut der französischen Zeitung Le Parisien schon unterschrieben, und auch von ihrer Beerdigung hat die Sportlerin eine genaue Vorstellung. Sie will keine Kirche, keinen Kuchen. "Jeder soll ein Glas Champagner in der Hand haben und an mich denken."
In Belgien ist die aktive Sterbehilfe - also eine Tötung auf Verlangen - seit 2002 erlaubt. Voraussetzung ist, dass drei Bedingungen erfüllt sind: Der Patient muss selbst um die Sterbehilfe bitten und zu diesem Zeitpunkt zurechnungsfähig und bei Bewusstsein sein. Er muss die Bitte wiederholt freiwillig und ohne Druck von außen äußern und sich in einer medizinisch ausweglosen Situation befinden, die ihm anhaltendes, unerträgliches körperliches oder psychisches Leid bereitet. 2014 wurde das Recht auf Sterbehilfe auf Minderjährige ausgeweitet. Ärzte müssen sich an ein streng geregeltes Verfahren halten. Jede Tötung auf Verlangen muss von einer 16-köpfigen "Föderalen Kontroll- und Evaluations-Kommission" bewertet werden, die sich aus acht Medizinern, vier Juristen und vier Personen zusammensetzt, die "unmittelbar mit der Problematik unheilbar Kranker" befasst sind.
(jasi/ach)