Der 48-jährige Spielerberater Dejan Veljkovic handelte mit der Staatsanwaltschaft einen Deal aus. Eine umfassende Aussage gegen Haftverschonung. Veljkovics Anwalt, Kris Luyckx, sagte dem DLF: "Er hat persönliche Gründe. Er wollte eine lange Gefängnisstrafe verhindern, um jeden Preis."
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Veljkovic und Mogi Bayat, die beiden mächtigsten Spielerberater Belgiens, wegen Korruption, Geldwäsche und Steuerhinterziehung – im Fall Veljkovic zudem wegen Spielmanipulation.
Betrug im Abstiegskampf?
Es geht um den 3. März 2018, den vorletzten Spieltag der abgelaufenen Saison in der ersten belgischen Liga. Eupen spielt gegen Antwerpen und kämpft im Fernduell gegen Mechelen um den Klassenerhalt. In der 29. Minute pfeift Schiri Bart Vertenten Elfmeter gegen Eupen, obwohl das Foul deutlich vor dem Strafraum passiert. Antwerpen macht den Elfer und gewinnt das Spiel 2:0. Eupen landet auf dem Abstiegsplatz.
"Fragen wurden gestellt", erinnert sich Peter Vandenbempt, Kommentator beim belgischen Rundfunk VRT. "Aber nicht, ob betrogen wurde. Sondern wie das möglich war, dass weder Schieds- noch Linienrichter das gesehen haben."
"Der Kaiser des belgischen Fußballmarktes"
Am 10. Oktober wird Schiedsrichter Vertenten neben 16 anderen Personen festgenommen. Darunter: der Meistertrainer vom FC Brügge Ivan Leko, Funktionäre des KV Mechelen und die Spielervermittler Veljkovic und Bayat. Der eine, Bayat, war bis dahin Belgiens schillerndster Agent. Der 44-jährige gebürtige Iraner wurde auch mal als "Der Kaiser des belgischen Fußballmarktes" tituliert.
Kommentator Vandenbempt: "Er hatte die Reputation eines Reparateurs, eines Problem-Lösers. Wenn Du einen Spieler hast, den Du nicht brauchst, dann rufst Du Bayat an und er wird den Spieler los."
Oft ohne Wertverlust. Ludo Vandewalle, Fußballchef der Zeitung "Het Nieuwsblad", sagt: "Von Anderlecht zum Beispiel hat er in den letzten drei, vier Jahren zehn Spieler nach Udine in Italien und fünf nach Nantes in Frankreich verkauft. Spieler, die eine furchtbare Saison gespielt hatten. Jeder denkt, das war Geldwäsche."
Luxusuhren Teil des Spiels
Der zweite Hauptverdächtige, Kronzeuge Dejan Veljkovic, galt als Strippenzieher, der lieber im Hintergrund blieb. Kommentator Vandenbempt: "Veljkovic war das Gegenteil von Mogi Bayat. Dennoch war er ein sehr wichtiger Agent in den letzten 15 Jahren. Die beiden mochten sich aber ganz und gar nicht. Da war eine große Konkurrenz."
Bei deren Verhaftung beschlagnahmen die Polizisten Bargeld, Schmuck und Luxusuhren im Wert von elf Millionen Euro. "Bayat und Veljkovic hatten immer sehr teure Uhren in der Tasche. Das war Teil des Spiels. Wer mit ihnen verhandelte und von wem sie einen Gefallen brauchten, da waren immer Uhren involviert, Rolexes und so."
Verbotene Geschäfte
Auf die Spur brachten die Ermittler dubiose Transaktionen in Steuerparadiese. Ludo Vandewalle vom "Nieuwsblad" erklärt eines der Betrugssysteme: "Wir haben den Transfer eines Spielers, der drei Millionen Euro kosten soll. Das denkt der kaufende Verein. Dessen technischer Direktor und ein Agent zahlen für den Spieler aber nur zwei Millionen. Die verbleibende Million teilen sie sich. Damit das Geld sauber ist, stellt der Agent dem Direktor eine Rechnung für Scouting oder Beratung und wäscht das Geld mit Offshore-Firmen."
In Steuerparadiesen also. Neben Steuerbetrug wirft die Staatsanwaltschaft Veljkovic die Manipulation von Fußballspielen vor. Etwa das Anfangs erwähnte Spiel Antwerpen gegen Eupen am vorletzten Spieltag. Schiedsrichter Vertenten soll zu Veljkovic Helfern gehört haben. Zudem sind drei Journalisten involviert, von denen Veljkovic positive Bewertungen gefordert haben soll – einer davon von der Zeitung "Het Nieuwsblad" von Ludo Vandewalle. (*)
"Ich habe meinen Journalisten drei, viermal gefragt: Hast Du irgendwelche Geschenke angenommen? Hast Du Gelder bekommen? Warst Du mit in einem Restaurant? Die Antwort war Nein."
Viele offene Fragen
Anwalt Luyckz sagt, sein Mandant Veljkovic wolle helfen, sie zu beantworten. "Es sieht so aus, als ob fast jeder, der in dieses Geschäft involviert war, zusätzliche illegale Bezahlungen haben wollte. Mein Mandant wird erzählen, was passiert ist in all diesen Transfers der letzten zehn, fünfzehn Jahre und welche Menschen daran noch beteiligt waren."
Das Kronzeugengesetz gibt es in Belgien erst seit Juli. Vorbild ist Italien, das damit zeitweise effektiv gegen die Mafia vorging. Ludo Vandewalle ist optimistisch, dass die Aussage belgische Geschichte schreiben könnte. Warum Aufklärung so notwendig scheint, zeige der letzte Spieltag der vergangenen Saison. Eupen steht auf dem letzten, dem Abstiegsplatz – Mechelen auf dem rettenden Vorletzten.
"Ich denke, das ist meine Theorie, Herr Veljkovic ging zu Mechelen und sagte: 'Bayat wird das Spiel von Eupen gegen Mouscron manipulieren. Er hat Spieler auf beiden Seiten. Deshalb sollten wir auch unser Spiel manipulieren'", so Vandewalle.
Mechelen siegte an diesem entscheidenden Spieltag 2:0. Eupen aber, punktgleich, mit einem Tor Rückstand, gewann bei Mouscron 4:0. "Jeder in Belgien dachte: 'Dieses Spiel ist manipuliert'. Vier Tore in den letzten 20 Minuten in so einem wichtigen Spiel. Und die Treffer: der Kleinste auf dem Platz machte zwei Kopfballtore."
Eupen hielt die Klasse, dank des Torunterschieds. Deshalb interessiert sich auch die erste belgische Liga sehr für die Aussagen von Veljkovic. Nämlich, ob sie nur ein Spielball zweier manipulativer Spieleragenten war.
Den vollständigen Beitrag können Sie mindestens sechs Monate in unserer Mediathek nachhören.
Aus Zeitgründen haben wir in unserem Programm eine gekürzte Variante dieses Beitrags gesendet. Hier stellen wir ihnen die ausführliche Version zum Lesen und Hören zur Verfügung.
(*) Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Beitrags war von zwei Journalisten der Zeitung "Het Nieuwsblad" die Rede. Tatsächlich arbeitet von den drei verdächtigen Journalisten nur einer für die genannte Zeitung, die beiden anderen für "Het Laatste Nieuws".