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Belgrad hofft auf Unterstützung aus Berlin

Die Regierung in Belgrad erhofft sich politische Unterstützung aus Berlin für Serbiens Beitritt in die Europäische Union. Premier Ivica Dacic und sein Vizepremier Aleksandar Vucic wollen ihr Land möglichst bald an den Verhandlungstisch bringen.

Von Karla Engelhard | 20.02.2013
    Auf dem alten Markt im Zentrum von Belgrad herrscht reges Treiben. Das Angebot ist reichhaltig, die Preise hoch. Von einer Mitgliedschaft Serbiens in der Europäischen Union will kaum einer etwas wissen - die Zustimmung dafür ist – laut Umfragen- in den vergangenen Monaten unter 50 Prozent gerutscht. Eine Marktfrau - Mitte 60 - legt ihre Sicht der Dinge da, die Umstehenden nicken zustimmend:

    "Ich bin für die Partnerschaft mit Russland, weil ich glaube, dass wir nicht so bald in die EU aufgenommen werden. Es würde uns dort nicht viel besser gehen als den verschuldeten Griechen. Es ist besser mit den Deutschen enger zusammenzuarbeiten, die sollen hier mehr investieren. Schließlich geben die Deutschen doch auch den Ton in der Europäischen Union an."

    Zumindest ist Deutschland schon jetzt Haupthandelspartner Serbiens, noch vor Russland und mit Abstand der größte Geldgeber. Rund 1,8 Milliarden Euro Entwicklungshilfe flossen in den vergangenen zwölf Jahren ins einstige Machtzentrum Jugoslawiens. Nun erhofft sich die Regierung in Belgrad politische Unterstützung aus Berlin für Serbiens Beitritt in die Europäische Union oder zumindest für den Beginn der Beitrittsgespräche. Vizepremier Aleksander Vucic will dafür in Berlin werben:

    "Wenn wir kein Datum für den Beginn der Beitrittsgespräche bekommen, wie können wir irgendjemandem in Serbien erklären, dass wir die EU brauchen und wie können wir die Menschen begeistern, für die Aufnahme in die EU zu kämpfen? Und dass sie dafür weiter Opfer bringen müssen. Die deutsche Unterstützung ist uns in diesem Augenblick am wichtigsten."

    Der Zweimetermann Vucic ist auch politisch in Serbien unübersehbar. Der 42-Jährige ist nicht nur Vizepremier, sondern auch Verteidigungsminister, Geheimdienstkoordinator, Chef der größten Partei in der Regierungskoalition - der konservativen SNS und oberster Korruptionsbekämpfer. Zum ersten Mal wird in Serbien nicht nur über den Kampf gegen Korruption geredet, sondern auch gekämpft.

    Die Bilanz der nur siebenmonatigen Amtszeit von Vucic kann sich sehen lassen: Dutzende Verhaftungen rund um Privatisierungen oder Veruntreuungen im großen Stil. Dabei macht Vucic nicht vor Politiker und Oligarchen halt. Derzeit sitzen ein früherer Landwirtschaftsminister und der mit Abstand reichste Serbe gemeinsam mit seinem Sohn in Untersuchungshaft.

    Außerdem wird gegen Regierungschef Dacic von den Sozialisten ermittelt. Ihm wird vorgeworfen Kontakte zu einem flüchtigen Kokain-Boss gehabt zu haben. Die Regierungskoalition drohte wegen dieser Mafia-Kontakte zu zerbrechen. Die führende serbische Fortschrittspartei unter Vucic will jedoch die Koalition nicht derzeit noch nicht auflösen. Erst sollen alle Fakten geprüft werden - von rund 130 CDs mit Mitschnitten von Telefongesprächen und Observationen ist die Rede. Auch Dacic selbst soll angehört werden. Er bestreitet Kontakte mit der Mafia:

    "Ich hatte keine kriminellen Kontakte, weder früher noch jetzt. Ich habe eine Lehren daraus gezogen: Ich muss aufpassen, mit wem ich mich treffe."

    In den serbischen Medien wird über die Mafia-Kontakte der Regierung weiter wüst spekuliert. Währenddessen ziehen Premier Dacic und sein Vizepremier Vucic an einem Strang,um Serbien möglichst bald in Europäische Union zu bringen.