Die AfD will mit allen Mitteln gegen eine mögliche Beobachtung durch den Verfassungsschutz vorgehen - auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Gleichwohl räumte Parteichef Jörg Meuthen ein: Bei einigen Mitgliedern hätte man vor der Aufnahme genauer hinschauen sollen.
Meuthen: Beobachtung politisch motiviert
Die Opferrolle war zu erwarten. Sie gehört zum politischen Standard-Repertoire der AfD. Und Parteichef Jörg Meuthen nutzte die heutige Pressekonferenz und die Frage, wie die AfD der möglichen Beobachtung durch den Verfassungsschutz entgehen will sogleich zum politischen Gegenangriff. Denn wirklich verfassungstreu sei nur eine Partei in Deutschland:
"Wir stehen ohne jede Einschränkung und Relativierung zum Gewaltmonopol des Staates und lehnen Gewalt gegen Menschen wie gegen Sachen als Mittel der politischen Auseinandersetzung vollständig ab. Schon diese klaren einleitenden Festlegungen werfen die nur zu begründete Frage auf, warum man eigentlich eine solche Partei unter Verfassungschutzbeobachtung zu stellen, erwägt?
Es nährt den Verdacht, dass diese Beobachtung, so sie denn zustande kommt, sich eben nicht irgendwie zwingend aus rechtlichen Erwägungen speist , sondern dass es sich um ein rein politisch motivierte Vorgehensweise seitens derer handelt, die uns mit gutem Grund erheblich fürchten, nämlich als politische Konkurrenten."
Rechtsextreme sollen aus der Partei gedrängt werden
Aber noch ist das Selbstbild ein Wunschbild, denn auch Meuthen musste sogleich eingestehen, dass sehr wohl einzelne Mitglieder der Partei vom Verfassungsschutz beobachtet worden. So hat erst heute der bayerische Abgeordnete Ulrich Henkel erklärt, nicht mehr für das Präsidium des bayerischen Landtags zu kandidieren. Er ist einer von drei Abgeordneten, die vom Verfassungsschutz des Landes beobachtet werden.
Meuthen erklärte, die Partei habe den Eintritt rechtsextremer Mitglieder nicht ganz verhindern können, werde in Zukunft aber versuchen, eine nicht genannte Zahl von Mitgliedern zum freiwilligen Austritt aus der Partei zu bewegen. Wo dies nicht möglich sei, müsse man ein Parteiausschlussverfahren anstrengen.
Mit allen Mitteln gegen die Beobachtung
Eine Welle von Ausschlussverfahren werde es aber nicht geben. Um die stärkere Abgrenzung deutlich zu machen, hat die AfD jetzt auch die Bürgerbewegung Pro Chemnitz auf ihre "Unvereinbarkeitsliste" gesetzt. Auch bei der Jugend-Organisation Junge Alternative wurde gestern der Landesverband Niedersachsen aufgelöst, nachdem dessen Vorsitzender den Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg intern als Verräter bezeichnet hatte.
All das darf auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Partei auf der anderen Seite mit allen Mitteln, auch juristisch, gegen eine mögliche Beobachtung vorgehen will:
"Das beginnt bereits mit der Frage, ob die bloße Verdachtsbeobachtung einer Partei aufgrund der dadurch zweifellose eintreten Benachteiligung im Parteienwettbewerb überhaupt öffentlich bekannt gemacht werden darf . Wir sind der Auffassung, dass eine solche Bekanntmachung, die nach deutschem Recht wohl zulässig ist, gegen europäisches Recht verstößt und werden diese Frage dem Europäisch Gerichtshof für Menschenrechte unterbreiten", sagt Roland Hartwig, der der Arbeitsgruppe Verfassungsschutz in der AfD vorsteht.
Höcke: "Politische Bettnässerei"
Wie schwer sich die Partei aber intern mit dieser Debatte tut, zeigt der Vorstoß des am Wochenende wiedergewählten thüringischen Landesvorsitzenden Björn Höcke, der die Angst vor einer möglichen Beobachtung als "politische Bettnässerei" abgetan hatte, von der sich die Partei nicht einschüchtern lassen sollte.
Daneben steht der sogenannte "Stuttgarter Aufruf", der von mehr als 1000 Parteimitgliedern unterzeichnet wurde und der sich gegen alle Denk- und Sprechverbote ausspricht. Da war es dann an Alexander Gauland zu betonen, dass er mit Höcke noch einmal reden werde, weil das falsch sei, was der thüringische Landeschef da gesagt habe. Parteischädigend sei es aber nicht.