Reichlich Sonnenschein beim ersten Spatenstich für den Großflughafen Berlin-Brandenburg-International in Schönefeld….."
So schön wie an diesem 5. September 2006 wurde es nie wieder am BER. Lächelnde Männer in Anzügen schwangen die Schippe und warfen Sand durch die Gegend. Niemand von ihnen ist heute noch im Amt. Klaus Wowereit und Mathias Platzeck waren damals Länderchefs, Wolfgang Tiefensee Bundesverkehrsminister.
"Berlin-Brandenburg wird sich entwickeln als Drehkreuz. Mit unserem Spatenstich leiten wir eine neue wichtige Etappe ein."
Sechs Jahre später sollte der BER eröffnen, alles war für den 3. Juni 2012 vorbereitet. Passagiere hielten Flugtickets in ihren Händen, auf denen BER stand. Die Fluggesellschaften hatten – auf die Minute genau - ihren Umzug von Tegel zum BER geplant, die Bahn längst den unterirdischen Flughafenbahnhof fertiggestellt. Wenige Wochen zuvor plötzlich die Absage. Die Öffentlichkeit erlebte zwei verärgerte, aber auch völlig ahnungslose Länderchefs Platzeck und Wowereit.
"Wir erwarten, dass so schnell wie möglich der Flughafen eröffnet wird. Realistischerweise kann das nicht sein vor Ende der Sommerferien. Im August erwarten wir das aber."
"Dass wir spätestens in der zweiten Augusthälfte diesen Flughafen eröffnen können. Es ist gerade gesagt worden, dass die Sommerferien vorbei sein sollten. Keine Frage, aber danach sollte nicht mehr viel Zeit verstreichen."
Eröffnung im Herbst 2020?
Wohlgemerkt: Platzeck und Wowereit reden da von August 2012. Mittlerweile sind sieben Jahre und mehrere Flughafenchefs ins Land gegangen, im Herbst 2020 soll der BER nun eröffnen. Doch wie kann das sein? Für die Fertigstellung wird mehr Zeit gebraucht als ursprünglich für den Bau vorgesehen war? Die Einschätzung von Thorsten Metzner, Tagesspiegel-Redakteur und BER-Experte:
"Ich begleite dieses Projekt ja auch schon seit einigen Jahren und bin selbst aus meinen Einblicken zu der Erkenntnis gekommen, dass die Fehler, die nach 2012 gemacht wurden, gravierender sind als die, die vor 2012 gemacht wurden."
In Wien habe es ähnliche Probleme mit dem Flughafen gegeben, berichtet Metzner, doch dort habe man sich eine Pause verordnet, einen einjährigen Baustopp. Eine Bestandsaufnahme war so möglich, neue Planungen. Dies hätte dem BER auch geholfen.
"Hier in Berlin hat man die Planer rausgeschmissen, hatte kein Knowhow mehr. Einen Baustopp konnten und wollten sich die angeschlagenen Regierungschefs Klaus Wowereit und Mathias Platzeck nicht leisten. Es hätte wahrscheinlich das Ende von zwei Landesregierungen bedeutet. Und so wurde – ähnlich wie vorher – parallel geplant, gebaut, und das bei der Sanierung eines Neubaus."
Wer heute das Terminal betritt, erlebt etwas sehr Seltenes: einen stillen Flughafen. Irgendwo müssen Bauarbeiter die Kabelschächte sanieren, doch es ist niemand zu sehen. Auf den Bahnsteigen des unterirdischen Flughafenbahnhofs fährt ab und zu eine leere S-Bahn vorbei – um die Schächte zu belüften.
Plötzlich Alarm.
Der Flughafensprecher beruhigt – das sei nur ein Test, und deshalb ein gutes Zeichen – bislang hätte es nämlich Probleme mit Lautstärke und Verständlichkeit der Warnhinweise gegeben.
"Achtung, Achtung, es folgt eine wichtige Durchsage, bitte räumen Sie sofort das Gebäude, folgen Sie den gekennzeichneten Flucht- und Rettungswegen….."
Neues Terminal am Flughafen Schönefeld im Bau
Die Rechner an den Check-in-Schaltern aus Nussbaum sind wieder ausgebaut worden – sie sind inzwischen veraltet. Genau wie die Prognose der Passagierzahlen. Auf 26 Millionen Fluggäste jährlich war der BER ausgerichtet, inzwischen werden an den beiden Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld 35 Millionen abgefertigt. Der BER ist also viel zu klein. Die Folge – der Schönefelder Flughafen bleibt offen, ein neues Terminal für sechs Millionen Fluggäste ist bereits im Bau. Ein Teil der exorbitanten Kostensteigerungen – von zwei auf mehr als sechs Milliarden Euro – ist auf diese Erweiterung zurückzuführen, aber eben nur ein kleiner Teil. BER-Experte Thorsten Metzner vom Tagesspiegel:
"Jeden Monat, den der Flughafen BER nicht eröffnet, schlägt mit rund zehn Millionen Euro zu Buche. Monat für Monat für Monat."
Der jetzige Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat Sachverstand und Systematik in die chaotischen Abläufe am BER gebracht, kann Erfolge verzeichnen. Er setzt alles auf eine Fertigstellung im Herbst 2020, verweigert den Blick zurück.
"Wir sind sehr zuversichtlich, was die Eröffnung 2020 betrifft. Wir stehen genau in der Planung, die wir vor eineinhalb Jahren verabredet haben. Natürlich haben wir damals Risiken eingestellt, wir haben Puffer gebildet, und wir haben auch für die Zukunft weiter Puffer eingeplant, insofern sind wir, was die Inbetriebnahme angeht, sehr zuversichtlich."
Der Aufsichtsratsvorsitzende sagt: "Wir schaffen das." Schiebt dann aber ein "glauben wir" hinterher. Andere sind skeptischer. Thorsten Metzner.
"Ich halte die Eröffnung im Herbst 2020 für unwahrscheinlich. Aber nicht für unmöglich."