Georg Ehring: Ein eigenes Konto eröffnen, das ist auch wichtig für Asylsuchende, die sich in Deutschland integrieren möchten. Wenn die ersten Hürden überwunden sind, wird das Einleben in einer bis dahin oft völlig fremden Umgebung unter Umständen zu einem wahren Hürdenlauf. Bei Banken sind die neuen Kunden, wie gerade gehört, oft nicht willkommen. Bei Anbietern überteuerter Handy-Verträge oder Versicherungen dagegen vielleicht viel zu sehr.
Auf welche Probleme Flüchtlinge als Verbraucher stoßen, damit hat sich die Verbraucherzentrale Hamburg befasst, und mit ihrem Vorstand Günter Hörmann bin ich jetzt telefonisch verbunden. Guten Tag, Herr Hörmann.
Günter Hörmann: Guten Tag! Hallo!
Ehring: Herr Hörmann, bleiben wir erst mal beim eigenen Konto. Wenn das gerade vorgestellte neue Gesetz durchs Parlament ist, ist das Problem für Flüchtlinge wenigstens in dieser Hinsicht dann gelöst?
Hörmann: Nein, noch nicht, weil die praktischen Probleme liegen darin, dass Banken und Sparkassen häufig immer noch einen Pass verlangen. Dabei gibt es mittlerweile eine Weisung des Bundesaufsichtsamtes für das Finanzwesen, die sagt, dass Banken und Sparkassen das nicht mehr verlangen dürfen, sondern sich zufrieden geben müssen mit einem Identitätsnachweis, der zum Beispiel in einer Bestätigung der Ausländerbehörde über die wesentlichen Daten bestehen kann. Wir haben erfahren, dass häufig gegenüber Flüchtlingen die Eröffnung eines Guthabenkontos von Banken oder Sparkassen verweigert wird, und das finden wir erschreckend, denn die Leute brauchen das, um überhaupt am wirtschaftlichen Leben teilnehmen zu können, zum Beispiel, um das Taschengeld überhaupt ausgezahlt zu bekommen. Das ist ja auch eine Belastung für den Staat und für die Sozialhaushalte, wenn das alles bar geschehen muss.
Ehring: Ist das das drängendste Problem, oder wenn Sie ein Problem herausgreifen, vor dem Flüchtlinge stehen, welches ist das Dringendste für Sie?
Hörmann: Das Dringendste ist eigentlich das Thema Handy, denn die Leute brauchen die Handys für die Kommunikation mit der Heimat. Deswegen ist es so, dass sie natürlich auch Objekt von Anbietern geworden sind, die schon bei den Erstaufnahmeeinrichtungen auf sie lauern. Uns sind Fälle zugetragen worden von Drückerkolonnen, die da auch schon den Leuten Handy-Verträge verkaufen, oder Prepaid-Tarife, die gar nicht so günstig sind, zum Beispiel Tarife, wo das Guthaben relativ schnell verfällt. Deswegen haben wir schon Kontakt mit solchen Einrichtungen aufgenommen und versuchen, die Betreuer und Helfer fit zu machen, indem sie solche unseriösen Anbieter verweisen.
Spezielle Angebote für Flüchtlinge
Ehring: Sie haben ja ein Informationsangebot im Internet. Aber Flüchtlinge, die zum Beispiel aus Syrien kommen, wissen vermutlich nicht, was eine Verbraucherzentrale ist. An wen richtet sich Ihr Angebot?
Hörmann: Bei uns sind natürlich auch Flüchtlinge als Ratsuchende willkommen. Wir haben dazu eine eigene E-Mail-Adresse Refugees@vzhh.de. Aber wir gehen davon aus und die ersten Erfahrungen bestätigen das auch schon, dass nicht die Flüchtlinge zunächst einmal die eigentliche Zielgruppe sind, sondern diejenigen, die die Flüchtlinge betreuen und ihnen helfen. Denn diese Multiplikatoren sind sozusagen vorne an der Front des Geschehens und können dann auch dafür sorgen, dass zum Beispiel Handy-Anbieter gar nicht den Zugang haben oder wieder vertrieben werden. Allerdings wenn dann das Kind in den Brunnen gefallen ist und irgendwelche ungünstigen Verträge abgeschlossen sind, müssen die Leute da natürlich wieder rausgeholt werden, und dann kann man sich auch an uns wenden.
"Recht auf Girokonto ist ein wichtiger Schritt"
Ehring: Was kann denn die Politik tun, um Asylsuchenden das Verbraucherleben zu erleichtern?
Hörmann: Ein Schritt ist ja schon getan mit dem von Ihnen gerade geschilderten Recht auf ein Girokonto. Man muss jetzt schauen, wie sich das in der Praxis bewährt. Ein zweiter Schritt wäre, die Verbraucherorganisationen mit Finanzmitteln auszustatten, um die Informationen und Beratung auch zur Verfügung stellen zu können. Es ist zum Beispiel davon auszugehen, dass man am besten die Zielgruppe selbst, also die Flüchtlinge erreicht mit einfacher Sprache und in der jeweiligen Landessprache und mit den entsprechenden Medien. Soll heißen: Es darf kein kompliziertes Fachchinesisch sein, es müsste in Arabisch, Farsi und anderen Sprachen vorhanden sein und es müsste statt in Flyern, die dann irgendwo im Papierkorb landen, online geschehen, also durch Apps, durch Filme auf YouTube und so weiter, wo die wesentlichen Informationen über Verträge und Probleme, die auf solche Flüchtlinge, die ja auch Verbraucher sind, zukommen können.
Ehring: Günter Hörmann war das von der Verbraucherzentrale Hamburg zum Thema Flüchtlinge als Verbraucher. Herzlichen Dank.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.