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Berg-Karabach - Wunde des Süd-Kaukasus

Im frühen 20. Jahrhundert wurden Teile der Sowjetrepublik Aserbaidschan nach mörderischen Kämpfen autonomes armenisches Gebiet innerhalb Aserbaidschans. Mit der Auflösung der Sowjetunion sagte sich die armenische Berg-Karabach-Region ganz los, ein Bürgerkrieg begann. Der Konflikt gärt bis heute.

Von Irena Samveli und Wolfgang Labuhn |
    "Armenien raus aus Karabach! Armenien raus aus Karabach ..."

    … skandierten ehemalige aserbaidschanische Bewohner von Berg-Karabach, als sich der armenische Präsident Serge Sargsyan im Juni zu einem offiziellen Besuch in Berlin aufhielt:

    "Die Terroristen haben meine Familie getötet, und es ist mein Recht zu sagen, dass sie von meinem Land weggehen sollen. Ich will zurück zu meiner Heimat!"

    Berg-Karabach ist auch für Aserbaidschaner ein emotionales Thema, und wenn am Sonntag in Aserbaidschan ein neues Parlament gewählt wird, gilt dies nicht für jene rund 15 Prozent des Territoriums von Aserbaidschan, die während des Krieges mit Armenien verloren gingen und bis heute unter armenischer Kontrolle sind – und mehr als das:

    Sogar den Berliner Multikünstler Blixa Bargeld zog Nagorny- oder: Berg-Karabach,der "Schwarze Garten in den Bergen" in seinen Bann. Seit fast 20 Jahren betrachtet sich Berg-Karabach nun als selbstständige Republik, die keine Enklave in Aserbaidschan mehr ist, seit durch die Eroberung der umgebenden aserbaidschanischen Gebiete eine neue Entität entstand. Sie gab sich staatliche Strukturen und den historischen armenischen Namen Arzach, aber niemand erkennt ihre Souveränität an. Doch Arzach existiert.

    Berg-Karabach ist noch immer eine Bergregion von wilder Schönheit. In ihren Wäldern leben bis heute Bären und Wölfe, in fruchtbaren Tälern werden Wein, Obst und Gemüse angebaut. Für die Armenier symbolisiert das Gebiet nationale Kontinuität seit der Antike, denn schon im zweiten vorchristlichen Jahrhundert trug hier eine Provinz des damaligen Armeniens diesen Namen. Im Mittelalter gab es für kurze Zeit sogar ein Königreich Arzach, später existierten in den entlegenen Tälern noch Jahrhundertelang fünf kleine armenische Fürstentümer. Ihr Oberherrscher war jedoch der muslimische Khan von Karabach, und er war es auch, der das Khanat Karabach 1805 dem Schutz Russlands unterstellte. Doch klare ethnische Trennungen gab es hier nicht, und mehrheitlich armenisch besiedelt war das Gebiet zu jener Zeit auch nicht. Seit der arabischen Eroberung des Gebiets im achten Jahrhundert hatten sich dort auch Araber, Kurden, Perser und Turk-Stämme angesiedelt – die Begründung für den heutigen Herrschaftsanspruch Aserbaidschans, das auf eigene kulturelle Traditionen in Karabach verweist. Die Musikerin Samira Patzer-Ismailova vom Berliner Koordinationszentrum für Aserbaidschaner in Deutschland:

    "Karabach ist ein untrennbarer Teil von Aserbaidschan, weil viele identitätsprägende Eigenschaften der Aserbaidschaner; viele Kommen aus diesem Gebiet – Kunst und Kultur, Dichtung, Musik. Karabach heißt zum Beispiel ein Konservatorium von Aserbaidschan. Das ist die Seele des aserbaidschanischen Volkes."

    Nach dem Sieg Russlands über Persien 1828 jedoch ließen sich Zehntausende von persischen Armeniern in Berg-Karabach nieder und sorgten dort wieder für eine armenische Mehrheit. Eine weitere Zuwanderungswelle gab es während des 1. Weltkriegs, als Hunderttausende von Armeniern im Osmanischen Reich dem
    Völkermord durch das jungtürkische Regime nur durch die Flucht in den russisch kontrollierten Südkaukasus entgingen, wo es sofort zu Spannungen mit der muslimischen Bevölkerung kam. Im September 1918 wurden über 25.000 Armenier in Baku abgeschlachtet. Im März 1920 kam es während des Kampfes der kurzlebigen demokratischen Republiken Armenien und Aserbaidschan um Karabach zu einem Massaker an Armeniern in der Stadt Schuscha, dem 22.000 Armenier zum Opfer fielen. Die armenischen Viertel Schuschas wurden zerstört. Ein Jahr später wurden die politischen Grundlagen des heutigen Karabach-Konflikts gelegt. Nachdem die Bolschewiken die Kontrolle über den gesamten Südkaukasus übernommen hatten, veranlasste Stalin im Juli 1921, die von Armeniern bewohnte Region Berg-Karabach als autonomes Gebiet Aserbaidschan zu übergeben. Das damals ebenfalls mehrheitlich armenisch besiedelte Nachitschewan war schon vorher als Folge des Moskauer Vertrages zwischen der Türkei und Russland zum autonomen Gebiet unter dem Protektorat Aserbaidschans erklärt worden.

    In der prächtigen Erlöserkirche von Schuschi, wie Schuscha heute heißt, finden wieder Gottesdienste der armenisch-apostolischen Kirche statt. Die Kirche war – wie fast alle Gebäude der kleinen Stadt - während des Krieges zwischen Armenien und Aserbaidschan Anfang der 90er-Jahre schwer beschädigt worden. Mit Spenden aus der armenischen Diaspora ist sie wieder aufgebaut worden, während die einstmals schöne Stadt noch weithin in Trümmern liegt. Sie symbolisiert wie kaum ein anderer Ort die komplizierten Verhältnisse im Südkaukasus. Bis zum Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan war Schuschi eine mehrheitlich von Aseris bewohnte Stadt. Heute leben hier Armenier – zumeist Flüchtlinge aus Aserbaidschan:

    Die Armenier in Berg-Karabach hatten sich nie damit abgefunden, in einer zu Aserbaidschan gehörenden Enklave leben zu müssen und nur über den schlecht befahrbaren Latschin-Korridor nach Armenien gelangen zu können. Mehrfach unterschrieben schon zur Sowjetzeit Tausende von Karabach-Armeniern Petitionen an die sowjetische Führung, um diesen Zustand zu beenden. Anfang 1988 sprachen sich sowohl das Gebietsparlament von Berg-Karabach als auch die örtliche KP für den Anschluss an Armenien aus, was der Oberste Sowjet von
    Armenien befürwortete und der von Aserbaidschan ablehnte. Seit dem 20. Februar 1988 hatte die Bevölkerung in der Sozialistischen Sowjetrepublik Armenien und im Autonomen Gebiet Berg-Karabach immer wieder mit Massendemonstrationen die Vereinigung beider Gebiete gefordert – was in Aserbeidschan zunehmend zu Schikanen gegen die dort lebenden Armenier führte. Die heute in Schuschi lebende Gohar Avanesyan kann sich noch gut daran erinnern:

    "Wir konnten nicht mehr in den Geschäften einkaufen, die Kinder konnten nicht mehr zur Schule gehen. Man warf ihre Taschen aus den Fenstern. Ich arbeitete damals in einem Krankenhaus, insgesamt waren wir 29 Armenierinnen. Wir wurden alle entlassen – auf eigenen Wunsch, wie es hieß. Auch mein Mann verlor seinen Job, und als wir aus Baku vertrieben wurden, kamen wir nach Schuschi."

    In der aserbaidschanischen Stadt Sumgait kam es Ende Februar 1988 zu einem Pogrom, dem die angebliche Ermordung zweier Aseris durch Armenier in Askeran vorangegangen war, einem von Armeniern bewohnten Ort östlich von Stepanakert, der Hauptstadt von Berg-Karabach. Bei der anschließenden Verfolgung von Armeniern in Sumgait gab es Dutzende von Toten.
    Mitte Januar 1990 wiederholten sich solche Vorfälle in Baku. Innerhalb weniger Tage verließen daraufhin rund 250.000 und damit praktisch alle in Baku lebenden Armenier die aserbaidschanische Hauptstadt und flüchteten nach Russland, Georgien, Berg-Karabach und Armenien. Am 30. August 1991 erklärte Aserbaidschan die Wiederherstellung seiner staatlichen Unabhängigkeit, das heißt de facto den Austritt aus der UdSSR. Daraufhin optierten die Bezirksparlamente Berg-Karabachs und des nördlich gelegenen Bezirks Schahumian gemäß Artikel 72 der sowjetischen Verfassung für den Austritt aus Aserbaidschan, als sie am 02. September 1991 die Republik Berg-Karabach ausriefen. Die Bevölkerung dort bestätigte diesen Schritt in einem Referendum am 10. Dezember 1991. Als die UdSSR kurz darauf zerfiel und Aserbaidschan von der Völkergemeinschaft als souveräner Staat akzeptiert wurde, gehörte Berg-Karabach nach dem Willen seiner Bevölkerung zwar nicht mehr zu Aserbaidschan. Weil aber die UdSSR zerbrochen war, konnte der Oberste Sowjet in Moskau darüber nicht mehr befinden. Da hatte der Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan längst begonnen. Bereits am 25. September 1991 bombardierte die aserbaidschanische Luftwaffe erstmals Stepanakert, das von den Aseris Chankendi genannt wird. Von Schuschi aus beschossen aserbaidschanische Truppen das 600 Meter tiefer gelegene Stepanakert mit Tausenden von Raketen, bis Schuschi im Mai 1992 von armenischen Kräften eingenommen wurde.

    "Es war eine sehr schwere Zeit. Wir waren meistens in den Kellern. Es gab keine Elektrizität, kein Gas und andere Sachen, die sehr wichtig sind","

    … erinnert sich Lucine Hayrumyan heute an die Raketen und an die Bombardierung von Stepanakert aus der Luft, die sie als Kind erlebte. Die armenische Seite besteht darauf, den Krieg nicht begonnen zu haben. Der aus Berg-Karabach stammende armenische Präsident Sargsyan im Juni in Berlin:

    ""Die 150.000 Einwohner von Berg-Karabach konnten unmöglich einem Land wie Aserbaidschan mit mehreren Millionen Einwohnern den Krieg erklären. Das war ein aufgezwungener Krieg, der die Bevölkerung von Berg-Karabach dazu brachte, zu den Waffen zu greifen und mit ihrem Blut und dem Tod ihrer Kinder ihre Unabhängigkeit zu bewahren."

    Den bewaffneten Kräften von Berg-Karabach, unterstützt durch viele Freiwillige aus Armenien, gelang es dann innerhalb von zwei Jahren nicht nur, Berg-Karabach zu verteidigen, sondern auch zu erfolgreichen Gegenangriffen anzutreten. In der rund 15 Kilometer östlich von Stepanakert gelegenen Stadt Chodschali soll es dabei zu einem Massaker unter Zivilisten gekommen sein, als armenische Einheiten im Februar 1992 den strategisch wichtigen Ort am Flughafen von Stepanakert angriffen. Nach aserbaidschanischen Angaben starben dabei insgesamt 613 Männer, Frauen und Kinder, die zum Teil gefoltert und verstümmelt worden seien, was von armenischer Seite bestritten wird. Unabhängige Zeugen für die Vorgänge gibt es nicht. Am 08. Mai 1994 unterzeichneten Vertreter der Konfliktparteien vor allem auf russischen Druck in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek ein Protokoll über einen
    Waffenstillstand, der am 12. Mai 1994 in Kraft trat und bis heute gilt. Zu dem Zeitpunkt hatten armenische Truppen nicht nur das frühere Autonomiegebiet Berg-Karabach, sondern auch sieben umliegende aserbeidschanische Bezirke unter ihre Kontrolle gebracht – insgesamt rund 15 Prozent des aserbaidschanischen Staatsgebietes. Aserische Einheiten eroberten im Gegenzug Teile des armenischbesiedelten Distrikts Schahumian nördlich der früheren Enklave. Rund 30.000 Menschen starben in dem Konflikt, 350.000 Armenier mussten Aserbaidschan und 160.000 Aseris Armenien verlassen. Darüber hinaus flüchteten mehrere Hunderttausend Aseris aus den armenisch besetzten Gebieten.

    18 Jahre später erinnert in Berg-Karabach äußerlich kaum noch etwas an den Krieg. Das schwer beschädigte Stepanakert ist mit Spenden aus der armenischen Diaspora fast vollständig wiederaufgebaut worden. Eine heitere Atmosphäre liegt über dem zentralen "Platz der Wiedergeburt", als im Sommer Trachtengruppen zu einem Tanzfest zusammenkommen. Auch jedem Außenstehenden wird dabei unmittelbar klar, wie sehr sich die Armenier in Berg-Karabach mit den uralten Traditionen ihres Gebietes identifizieren. Es gilt vielen als Symbol der nationalen Kontinuität Armeniens, des ältesten christlichen Staates der Welt. Denn schon im Jahre 301 erhob König Tiridates III. hier das Christentum zur Staatsreligion. Heute leben rund 145.000 Einwohner in der selbst ernannten Republik Berg-Karabach, die aus der früheren Enklave Berg-Karabach und den besetzten aserbaidschanischen Gebieten besteht und insgesamt ca. 11.500 Quadratkilometer umfasst. Im Frühjahr dieses Jahres wurde in Berg-Karabach einmal mehr ein neues Parlament gewählt, wobei die regierende Partei "Freies Mutterland" von Ministerpräsident Harutjunjan siegte. Wirtschaftlich ist das Land fast vollständig von Zuweisungen der armenischen Diaspora und von der Unterstützung durch Armenien abhängig. Der politische Status des Gebietes ist ungeklärt, der Waffenstillstand mit Aserbaidschan brüchig. Armenien, Aserbaidschan und auch Berg-Karabach haben in den vergangenen 15 Jahren kräftig aufgerüstet. Immer wieder kommt es entlang der Waffenstillstandslinie von 1994 zu Schießereien mit Toten und Verwundeten.

    Insbesondere Russland sorgt dafür, dass die Lage nicht weiter eskaliert. Moskau kontrolliert nicht nur über Waffenlieferungen an alle Seiten die militärische Balance im Südkaukasus, sondern unterhält auch eine beträchtliche Militärpräsenz in Armenien. Entlang der Grenze zur Türkei finden sich eine Reihe von armenisch-russischen Stützpunkten als Signal an die Türkei, die seit 1993 geschlossene Grenze zu Armenien zu respektieren. Russland hat ferner auf dem Stützpunkt Gyumri über 3.000 Soldaten mit Panzern, Artillerie und MiG-29-Abfangjägern stationiert - womit Moskau wie schon zu zaristischer Zeit und nach der Oktoberrevolution effektiv seine schützende Hand über die Armenier hält. Die internationale Diplomatie tut sich unterdessen weiterhin schwer mit Berg-Karabach, einer real existierenden armenischen Zwergrepublik, die aber bis zur endgültigen Klärung ihres Status völkerrechtlich weiterhin zu Aserbaidschan gehört. Die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa KSZE hatte schon 1992 beschlossen, ein Forum für Friedensgespräche zwischen Armenien und Aserbaidschan einzurichten, die zu einer förmlichen Friedenskonferenz zur Beilegung des Karabach-Konflikts führen sollte. Die Mission wird nach dem dafür vorgesehenen Konferenzort Minsker Gruppe genannt. Mitglieder sind Armenien,
    Aserbaidschan, Weißrussland, Schweden, Finnland, Italien, die Türkei, Deutschland und die rotierende Troika an der Spitze der OSZE, wie die KSZE seit 1995 heißt. Den Ko-Vorsitz der Minsker Gruppe teilen sich die USA, Russland und Frankreich. Weit ist man bisher nicht gekommen. Am Rande des G-8-Gipfeltreffens von Aquila im Juli 2009 formulierten die Ko-Vorsitzenden in einer Grundsatzerklärung aber noch einmal, welche 6 Fragen auf dem Wege zu einer dauerhaften Lösung des Karabach-Konflikts zu klären sind:

    1. Rückgabe der besetzten Gebiete außerhalb der früheren Enklave Berg-Karabach an Aserbaidschan
    2. Interim-Status für Berg-Karabach inklusive Selbstverwaltung und Sicherheitsgarantien
    3. Verbindungskorridor zwischen Berg-Karabach und Armenien
    4. Zukünftige Klärung des Status von Berg-Karabach durch bindende Willensäußerung
    5. Rückkehrrecht aller Flüchtlinge
    6. Internationale Sicherheitsgarantien inklusive Friedenstruppe

    Dabei ist für den Hamburger Ostrechtsexperten Otto Luchterhandt, einen der besten Kenner der Materie, die bisher ausgeklammerte Einbeziehung Berg-Karabachs in die Verhandlungen besonders wichtig:

    Das wäre keine "revolutionäre" Neuerung und für die beiden Seiten unzumutbar, denn Berg-Karabach war bereits Vertragspartei, nämlich bei der bis zum heutigen Tag wichtigsten Vereinbarung, dem Waffenstillstand von Bischkek.

    Die Präsidenten von Armenien und Aserbaidschan sind zur Verärgerung der Führung von Berg-Karabach bereits mehrfach zu bilateralen Gesprächen zusammengekommen, was Bako Sahakian, der Präsident von Berg-Karabach, nicht nachvollziehen kann:

    "Wir versuchen die Lage zu ändern und betonen in unseren offiziellen Äußerungen, dass wir bereit sind, an den Verhandlungen teilzunehmen, um die Frage endgültig zu regeln. Leider ignoriert das Aserbaidschan und lehnt unsere Beteiligung ab. Das ist für uns inakzeptabel. Ohne uns ist keiner in der Lage, in dieser Frage eine Lösung zu finden."

    Möglicherweise kommt es zu einem Gebietstausch, wobei Armenien besetzte aserbaidschanische Gebiete wie den Latschin-Korridor als dauerhafte Landverbindung zwischen Berg-Karabach und Armenien erhält und dafür auf jene Teile im Norden verzichtet, die von Aserbaidschan erobert und besetzt wurden. Eine Rückkehr von Berg-Karabach in den Staatsverband von Aserbaidschan hingegen ist für die armenische Seite völlig ausgeschlossen. Baku wird im Rahmen einer Friedenslösung wohl auf Berg-Karabach verzichten müssen, ob dieses nun als
    selbstständige Republik oder Teil Armeniens weiterexistiert. Aber, so meint der aserbaidschanische Politikwissenschaftler Gurban Alakbarov:

    "Armenien muss irgendwie versuchen, mit seinen nächsten Nachbarn zusammenzukommen und zusammenzuleben, nicht nur mit der Türkei, auch mit dem Iran, auch mit Aserbaidschan. Man muss immer realistisch sein. Man kann nicht immer mit der Geschichte leben. Geschichte ist wichtig. Man muss die Geschichte nicht vergessen, das glaube ich auch. Man muss eigene Tragödien auch nicht vergessen. Aber dass man ihre Ergebnisse in die Zukunft projiziert und damit dann noch weiterlebt – da vergiftet man sich selbst und auch das Leben der nächsten Generation."

    Die Armenier in Berg-Karabach wollen unterdessen nach einem Jahrhundert ethnischer Spannungen, Verfolgungen und politischer Bevormundung vor allem eines, Selbstbestimmung - und Frieden. Lucine Hayrumyan, die den Krieg als Kind in Stepanakert erlebte und die nun selbst eine Familie hat:

    "Immer habe ich Angst, dass sich das wiederholen kann. Und will, dass meine Kinder niemals das erleben, was ich damals erlebt habe!"