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Bergbau-, Natur- und Klimaschäden
BUND und Böll-Stiftung präsentieren Kohleatlas

Von Dieter Nürnberger |
    Jule Reimer: Die Klimaabgabe auf die Stromerzeugung mit Braunkohle kostet Arbeitsplätze und Wohlstand, warnen die einen. Die anderen - nämlich Bürgerinitiativen und Bürgermeister aus den Braunkohlegebieten - weisen jetzt mit einem offenen Brief an Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel darauf hin, dass der Braunkohleeinsatz auch hohe Kosten produziert. Genau die werden heute systematisiert in einem Kohleatlas von der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND - thematisiert. Dieter Nürnberger in Berlin, was steht denn genau in der neuen Publikation?
    Dieter Nürnberger: Sie haben einige Aspekte der derzeitigen politischen Diskussion über die Kohleverstromung angesprochen. Interessant ist natürlich auch der heutige Veröffentlichungstermin des Kohleatlas. Die beiden Herausgeber, die grüne Heinrich-Böll-Stiftung und der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland, haben dies zeitnah zum G7-Gipfel am Wochenende platziert. Denn ein Schwerpunkt des Treffens ist ja der Klimaschutz und damit verbunden selbstverständlich auch die künftige Kohlepolitik.
    Man hat auf 50 Seiten sämtliche Aspekte dieser Form der Energiegewinnung zusammengetragen. "Daten und Fakten über einen globalen Brennstoff" ist der Untertitel. Es werden die weltweiten Vorkommen aufgezeigt, natürlich auch die klimaschädlichen Treibhausgasemissionen, es geht um Folgenkosten und auch sozio-ökonomische Rahmendaten. Verwendet wurden offizielle Daten und Berechnungen - etwa deutscher Behörden oder auch von UN-Organisationen.
    Beispielsweise geht es um die Folgenkosten - etwa im Umweltbereich. Auch um direkte Subventionen, die da gezahlt werden. Und laut Ralf Fücks, vom Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, zeigen die Zahlen, dass die Kohle eben keine billige Form der Energiegewinnung sei.
    "Weltweit schätzt man - und zwar der Internationale Währungsfonds, und nicht irgendwelche Ökos - die direkten Subventionen auf rund 490 Milliarden Dollar pro Jahr. Rechnet man die Folgekosten für Klimawandel, Luftverschmutzung und das Gesundheitssystem dazu, kommt man auf ein Vielfaches dieser Summe. Allein für Deutschland werden da etwa 28 Milliarden jährlich an Folgekosten veranschlagt. Also: Deutlich mehr als wir für die Förderung der erneuerbaren Energien ausgeben."
    Im Grunde sei die Kohle ein schwarzer Brennstoff mit roten Zahlen, sagt deshalb auch Barbara Unmüßig, ebenfalls vom Vorstand der Böll-Stiftung. Vieles sei bisher auch gar nicht so bekannt. Etwa, dass rund ein Viertel der weltweiten, registrierten Verstöße gegen Arbeitsschutzbedingungen oder auch gegen die Menschenrechte mit dem Abbau von fossilen Energieträgern zusammenhänge. Barbara Unmüßig beruft auf Zahlen des UN-Sonderbeauftragten für Menschenrechte und Umwelt.
    "Wir haben es mit massiven Verletzungen der Sicherheitsbestimmungen und Arbeitsbedingungen zu tun. Es gibt Kinderarbeit - allein in Indien sind rund 400.000 Kinder in 15.000 Anlagen im größten Steinkohlerevier beschäftigt."
    Es geht somit um eine Reduzierung dieser - aus Sicht der Herausgeber - fragwürdigen Art der Energiegewinnung. Wenn die Weltgemeinschaft den Klimawandel noch verhindern wolle und auch den politisch gewollten Zwei-Grad-Korridor bei der Erderwärmung einhalten wolle, dann müsse auf dem künftigen Klimagipfel in Paris ein ehrgeiziger Fahrplan beschlossen werden. Barbara Unmüßig wird da konkret:
    "80 Prozent der globalen Kohlereserve, ein Drittel des Erdöls und 50 Prozent der bekannten Erdgasreserven müssen im Boden bleiben. Das ist die Kernbotschaft. Wir brauchen dringend diesen Fahrplan, wir brauchen vor allem den Ausstieg aus der Kohle. Weil Kohle die wichtigste Einzelquelle für CO2-Emissionen ist - mit über 43 Prozent."
    In der Kritik steht auch die deutsche Kohlepolitik. Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger sieht inzwischen die Ziele der Energiewende in Deutschland in Gefahr. Denn trotz dieser Wende habe sich bei der klimaschädlichen Kohleverstromung hierzulande wenig zurückentwickelt, ganz im Gegenteil. Der Anteil der Braunkohleverstromung in Deutschland sei noch genauso wie vor 20 Jahren.
    Für die Herausgeber des Kohleatlas sind dies alles alarmierende Zahlen. Sämtliche Fakten, so die Autoren, würden deshalb gegen ein schlichtes Weiter-so sprechen.