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Bergbau-Verkauf in der Lausitz
Zweifel an Rücklagen für Renaturierung

Der tschechische Käufer des Tagebaus in der Lausitz bekommt für seine Investition Geld: Der bisherige Besitzer Vattenfall überträgt dem Braunkohleunternehmen EPH 1,7 Milliarden Euro Rücklagen für die Renaturierung der Gruben. Umweltschützer befürchten jedoch, dass dieser Deal die Brandenburger noch teuer zu stehen kommen wird.

Von Vanja Budde | 19.04.2016
    Blick in den Braunkohletagebau Welzow-Süd
    Die Umweltgruppe Cottbus befürchtet Spätfolgen, wie eine Belastung der Gewässer mit Eisenhydroxyd oder Sulfat. (DPA)
    Die große Sorge hat sich auf den ersten Blick nicht bewahrheitet: Dass der schwedische Staatskonzern die Rücklagen für die Beseitigung der Bergbauschäden mitnimmt, und am Ende der Steuerzahler dafür gerade stehen muss. Doch mit der Übertragung von 1,7 Milliarden Euro allein – damit sei es nicht getan, gibt Rene Schuster von der Umweltgruppe Cottbus zu Bedenken:
    "Denn ein privater Unternehmer wird am Ende die Folgekosten des Kohleabbaus versuchen auf die Allgemeinheit abzuwälzen."
    Brandenburgs Wirtschafts- und Energieminister Albrecht Gerber, SPD, hat gestern zugesichert, genau zu überprüfen, ob der neue Eigentümer ausreichend Rücklagen einstellt, um die Schäden der Kohleförderung später zu beseitigen. Auf die Frage, ob 1,7 Milliarden Euro denn hinreichen, meinte Gerber:
    "Das ist im Moment der Teil, der bilanziell für die Rückstellungen vorgesehen ist, und das ist nach dem bisherigen Stand der Tagebauplanungen auch ausreichend, ja."
    "Diese Minister sollten eigentlich zurücktreten"
    Die Tagebauplanung sieht allerdings vor, in Brandenburg mit Welzow Süd 2 eine neue Grube zu graben. Dafür hatte sich Vattenfall im vergangenen Jahr kurz vor dem Verkauf schnell noch die Genehmigung in Potsdam geholt. Ob die Bagger angesichts fallender Kohlepreise und der schrittweisen Stilllegung alter Kraftwerke wirklich rollen, dass will Gerber nun mit dem neuen Eigentümer aus Prag besprechen. Rene Schuster von der Umweltgruppe ärgert sich, dass Gerber das Vorhaben in Zeiten der Energiewende nicht stoppt.
    "Die Landesregierung muss eigentlich, wenn sie Braunkohleplanverfahren durchführt, das Allgemeinwohl abwägen. Indem sie diese Entscheidung einem Unternehmer überlässt, macht sie einfach ihren Job nicht. Diese Minister sollten eigentlich zurücktreten, wenn sie sich nicht in der Lage fühlen, zu entscheiden, ob man einen Tagebau verantworten kann oder nicht."
    Auch die klimapolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen, Annalena Baerbock aus Brandenburg, fordert vom Energieminister, die Genehmigung für Welzow Süd 2 nicht an die EPH zu übertragen. Neue Tagebaue stünden nicht nur den Klimazielen von Paris und einem Ausstieg aus der Braunkohle entgegen, sondern sie erhöhten auch die Kosten für eine spätere Renaturierung, kritisiert Baerbock.
    "Ich habe große Bauchschmerzen mit diesem Deal, weil die beste Lösung für die Lausitz, für die Region wäre gewesen, wenn Vattenfall verantwortungsvoll sein Kohlegeschäft abgewickelt hätte. Das hätte Sicherheit für die nächsten Jahre für die Beschäftigten gegeben, das hätte aber auch Sicherheit für die Region gegeben, insbesondere mit den Braunkohlefolgeschäden."
    Umweltschützer bemängeln fehlende Transparenz
    Baerbock rechnet mit einem zweistelligen Milliardenbetrag, der aufgewandt werden muss, um die ausgekohlten Gruben zu fluten und die der Landschaft geschlagenen Wunden zu heilen. Und Rene Schuster von der Umweltgruppe Cottbus fürchtet Spätfolgen, wie eine Belastung der Gewässer mit Eisenhydroxyd oder Sulfat. Wer in 20 oder 30 Jahren dafür aufkommt, das sei nicht wirklich geklärt.
    "Rückstellung gibt es zwar immer und es gibt immer Zahlen, aber bisher gab es nie Transparenz wie diese Zahlen für die Rekultivierungsaufwendungen zustande kommen. Und es wird nach dem Kohleabbau mit Sicherheit wieder diese Grauzonen geben, bei denen nicht ganz klar ist, wer muss denn das eigentlich bezahlen. Ist der Bergbautreibende dazu noch verpflichtet, oder ist er das nicht? Und da gehe ich davon aus, dass bei einem Privatunternehmer das dann versucht wird möglichst eng auszulegen und für möglichst wenig noch Verantwortung zu übernehmen, hinterher."
    Gerade bei einem Energieversorger wie EPH, der sich mit dem Finanz- und Investmentunternehmen PPF zusammen getan hat und derzeit überall in Europa billig Kohlekraftwerke aufkauft, sei die Gefahr besonders groß, sagt Schuster, dass am Ende der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird.